Der Generalbundesanwalt (GBA) - oft auch als "Bundesanwaltschaft" bezeichnet; richtige Amtsbezeichnung "Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof" - ist die höchste deutsche Anklagebehörde in Sachen Terrorismus und Staatsschutz. Die Behörde wurde 1950 gegründet. Vorgängerbehörde: Oberreichsanwaltschaft. Hauptsitz des GBA ist Karlsruhe (beim Bundesgerichtshof). In Leipzig befindet sich eine weitere Dienststelle (beim 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs).

Dem Generalbundesanwalt sind mehrere Bundesanwälte und (Ober-) Staatsanwälte beim BGH zugeordnet, so dass der GBA, der selbst nicht etwa einer Behörde vorsteht, sondern juristisch gesehen Behörde ist, über ca. 600 Mitarbeiter (davon 70% Juristen) verfügt. Als wissenschaftliche Mitarbeiter fungieren (aus den Bundesländern in der Regel für drei Jahre abgeordnete) Staatsanwälte oder Richter. Trotz dieses hohen Juristenaufkommens folgt die Aktenführung des GBA in Fällen von einiger Bedeutung nicht unbedingt irgendwelchen Regeln. Akten werden im mehr oder minder willkürlich definierten Interesse der Staatsraison verschoben, verlegt, vernichtet oder verheimlicht. Auf diese Weise wird z.B. erschwert herauszufinden, ob oder wie sich die staatlichen Behörden in den 1970er und 1980er Jahren bei der Terrorismusbekämpfung um Recht und Gesetz kümmerten.


Aktenführung beim GBA

Akten von höchster politischer und zeitgeschichtlicher Relevanz gehen hier (angeblich oder tatsächlich) verloren, werden umetikettiert, der Nachforschung durch Weggabe entzogen oder aber vernichtet. So erklärte der GBA, dass die Akten über Verena Becker verloren gegangen seien. Bei dem des Mordes an GBA Buback und seinen beiden Begleitern (Georg Wurster und Wolfgang Göbel) verdächtigen RAF-Mitglied Verena Becker war die Tatwaffe gefunden worden. Verena Becker ist heute "angeblich spurlos verschwunden" (Stuberger 2008a). Die Akten über Zeit und Art ihrer Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz waren laut GBA verlorengegangen. Als Kopien beim Verfassungsschutz auftauchten, verfügte der Bundesinnenminister einen Sperrvermerk aus Gründen der Staatsraison (Stuberger 2008a). Ähnlich im Falle der - "verloren gegangenen" - umfangreichen Akten von Gerhard Müllers Aussagen gegenüber der Polizei (mutmaßlicher Inhalt u.a.: Geständnis eines Polizistenmordes während seiner RAF-Zeit, bevor er den Behörden den Aufenthalt von Ulrike Meinhof verriet und damit ihre Festnahme ermöglichte). Die Akte wurde zur geheimen Staatsangelegenheit erklärt und mit einem Sperrvermerk versehen; in über 30 Jahren Bemühens von Anwälten, Historikern und Journalisten, an die Akte mit dem Zeichen 3 ARP 74/75 zu gelangen, wurden Teile des Dokuments zögerlich freigegeben. Müller selbst "ist nach einer sehr milden Verurteilung unter Aussparung des Mordvorwurfs und seiner vorzeitigen Freilassung angeblich spurlos verschwunden. Es besteht kein Zweifel daran, dass er eine neue Identität und andere unbekannte Hilfen erhalten hat, um sich zu verbergen" (Stuberger 2008a). Im Oktober 2007 erklärte der GBA gegenüber Ulf G. Stuberger, dass in die Akte keine Einsicht gewährt werden könne, weil sie geheim sei. Dabei wurde verheimlicht, dass der Sperrvermerk des Justizministers bereits am 31.7.2007 aufgehoben worden war. Am 25.3.2008 teilte das GBA mit, man habe die Falschauskunft "aus Unkenntnis" erteilt. Gleichwohl sei eine Einsicht nicht möglich, da man die Akte an das Bundesarchiv in Koblenz gegeben habe. Das Bundesarchiv erklärte, die Originalakte sei "in Übereinstimmung mit dem GBA" vernichtet worden. Das GBA erklärte, dass der Vorgang 3 ARP 74/75 I bereits 1996 "bei der Bundesanwaltschaft vernichtet" worden sei. Im Mai 2007 habe der GBA eine Kopie der von ihm vernichteten Akte vom Bundesjustizmimisterium erhalten. Der GBA gab der Akte sodann ein neues Zeichen: 2 ARP 149/07-9 : "Nun konnte man Journalisten und anderen Interessierten zur Auskunft geben, die Geheimakte 3 ARP 74/75 I sei bei der Bundesanwaltschaft nicht mehr vorhanden. Der Etikettentausch wurde geflissentlich verschwiegen" (Stuberger 2008a). Auch die umetikettierte Akte sei danach ans Bundesarchiv abgegeben worden. Dort erklärt man, dass diese Akte zu Jahresbeginn 2008 im Einvernehmen mit dem GBA "kassiert", d.h. vernichtet worden sei. Die Aktenführung beim GBA ist relevant als Hindernis für die Erforschung der Geschichte des deutschen Terrorismus und seiner Bekämpfung in den 1970er Jahren - und insbesondere als Hindernis bei der Erforschung möglicher Illegalitäten seitens des Staates.

Quellen

  • Stuberger, Ulf G. (2008a) Vertuschen und vernichten. Wie der deutsche Staat mit Gesetzesbrüchen bei der RAF-Fahndung umgeht: Es verschwinden nicht nur Terroristen spurlos, sondern auch deren Akten. FAZ 05.04.08: 35.