Der Generalbundesanwalt (GBA) ist die höchste deutsche Anklagebehörde in Sachen Terrorismus und anderen Staatsschutzangelegenheiten.


Aktenführung beim GBA

Der GBA selbst macht Aktenführung und -lagerung immer dann zum Thema, wenn er auf Anfrage erklärt, dass bestimmte Akten "verloren gegangen" seien. So erklärte der GBA, dass die Akten über Verena Becker verloren gegangen seien. Bei dem des Mordes an GBA Buback und seinen beiden Begleitern (Georg Wurster und Wolfgang Göbel) verdächtigen RAF-Mitglied Verena Becker war die Tatwaffe gefunden worden. Verena Becker ist heute "angeblich spurlos verschwunden" (Stuberger 2008a). Die Akten über Zeit und Art ihrer Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz sind es laut GBA, immerhin der höchsten deutschen Anklagebehörde in Sachen Terrorismus, "angeblich verlorengegangen. Als Kopien beim Verfassungsschutz auftauchten, hat der Bundesinnenminister für diese Dokumente schnell einen Sperrvermerk verfügt. Würden sie bekannt, so die Begründung, wäre das Staatswohl gefährdet" (Stuberger 2008a). Ähnlich im Falle der - "verloren gegangenen" - umfangreichen Akten von Gerhard Müllers Aussagen gegenüber der Polizei (mutmaßlicher Inhalt u.a.: Geständnis eines Polizistenmordes während seiner RAF-Zeit, bevor er den Behörden den Aufenthalt von Ulrike Meinhof verriet und damit ihre Festnahme ermöglichte). Die Akte wurde zur geheimen Staatsangelegenheit erklärt und mit einem Sperrvermerk versehen; in über 30 Jahren Bemühens von Anwälten, Historikern und Journalisten, an die Akte mit dem Ziechen 3 ARP 74/75 zu gelangen, wurden Teile des Dokuments zögerlich freigegeben. Müller selbst "ist nach einer sehr milden Verurteilung unter Aussparung des Mordvorwurfs und seiner vorzeitigen Freilassung angeblich spurlos verschwunden. Es besteht kein Zweifel daran, dass er eine neue Identität und andere unbekannte Hilfen erhalten hat, um sich zu verbergen" (Stuberger 2008a). Im Oktober 2007 erklärte der GBA gegenüber Ulf G. Stuberger, dass in die Akte keine Einsicht gewährt werden könne, weil sie geheim sei. Dabei wurde verheimlicht, dass der Sperrvermerk des Justizministers bereits am 31.7.2007 aufgehoben worden war. Am 25.3.2008 teilte das GBA mit, man habe die Falschauskunft "aus Unkenntnis" erteilt. Gleichwohl sei eine Einsicht nicht möglich, da man die Akte an das Bundesarchiv in Koblenz gegeben habe. Das Bundesarchiv erklärte, die Originalakte sei "in Übereinstimmung mit dem GBA" vernichtet worden. Das GBA erklärte, dass der Vorgang 3 ARP 74/75 I bereits 1996 "bei der Bundesanwaltschaft vernichtet" worden sei. Im Mai 2007 habe der GBA eine Kopie der von ihm vernichteten Akte vom Bundesjustizmimisterium erhalten. Der GBA gab der Akte sodann ein neues Zeichen: 2 ARP 149/07-9 : "Nun konnte man Journalisten und anderen Interessierten zur Auskunft geben, die Geheimakte 3 ARP 74/75 I sei bei der Bundesanwaltschaft nicht mehr vorhanden. Der Etikettentausch wurde geflissentlich verschwiegen" (Stuberger 2008a). Auch die umetikettierte Akte sei danach ans Bundesarchiv abgegeben worden. Dort erklärt man, dass diese Akte zu Jahresbeginn 2008 im Einvernehmen mit dem GBA "kassiert", d.h. vernichtet worden sei. Wenn sich nicht mehr herausfinden lassen sollte, "welchen Deal der Staat in den siebziger Jahren mit dem sich selbst als illegalen 'Kronzeugen' bezeichnenden Gerhard Müller gemacht hat", liegt das nicht zuletzt an den Besonderheiten der Aktenführung beim GBA. Das ist die Aktenführung der GBA.

Quellen

  • Stuberger, Ulf G. (2008a) Veruschen und vernichten. Wie der deutsche Staat mit Gesetzesbrüchen bei der RAF-Fahndung umgeht: Es verschwinden nicht nur Terroristen spurlos, sondern auch deren Akten. FAZ 05.04.08: 35.