Funktion der Strafe: Unterschied zwischen den Versionen

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In Bezug auf die Kriminalstrafe lautet die alles entscheidende Frage natürlich, ob Strafe sein muss - das heißt: ob sie eine unverzichtbare staatliche und/oder gesellschaftliche Funktion erfüllt, ob Staat und/oder Gesellschaft ohne sie nicht existieren könnten, ob es sich bei der Strafe also um ein "notwendiges Übel" handelt - und wenn ja, warum. Demgegenüber sind andere Fragen von deutlich nachrangigem Interesse, weil sie sich lediglich auf kleinere Subsysteme beziehen: so etwa die Frage nach der Funktion der Strafe für die Behandlung von Delinquenten (oder für die Behandler, die Bestrafer und/oder die Bestraften).
In Bezug auf die Kriminalstrafe lautet die alles entscheidende Frage natürlich, ob Strafe sein muss - das heißt: ob sie eine unverzichtbare staatliche und/oder gesellschaftliche Funktion erfüllt, ob Staat und/oder Gesellschaft ohne sie nicht existieren könnten, ob es sich bei der Strafe also um ein "notwendiges Übel" handelt - und wenn ja, warum. Demgegenüber sind andere Fragen von deutlich nachrangigem Interesse, weil sie sich lediglich auf kleinere Subsysteme beziehen: so etwa die Frage nach der Funktion der Strafe für die Behandlung von Delinquenten (oder für die Behandler, die Bestrafer und/oder die Bestraften).
== Zwei Grundfunktionen der Strafe ==
Die zwei Grundfunktionen der Strafe lassen sich als horizontale und vertikale Normvalidierung bezeichnen.
=== Horizontale Normvalidierung ===
Bei der horizontalen Normvalidierung handelt es sich um die Bekräftigung des Geltungsanspruchs der Norm im Angesicht ihrer Verletzung. Wenn eine Norm durch den Akt ihrer Verletzung desavouiert wurde, besteht die Gefahr der Normerosion: in dem Maße, in dem sich der allgemeine Eindruck verfestigt, dass die Norm sanktionsfrei gebrochen werden kann, wird der Grad ihrer Geltung abnehmen. Die Strafe hingegen ist eine fühlbare Übelszufügung als Reaktion auf den Normbruch und damit eine Botschaft an die Allgemeinheit, dass ein Normbruch nur im Austausch für fühlbare Konsequenzen zu haben ist - dass die Gesellschft an dem Verbot, dieses oder jenes zu tun, eben festhält. Und dass der Bruch der Norm an dem Fortdauern ihres Geltungsanspruchs nichts geändert hat. Insofern dienen Strafen der kontrafaktischen Stabilisierung von Verhaltenserwartungen, bzw. Erwartungs-Erwartungen.
Dieser Sachverhalt ist in der Rechtsphilosophie wieder und wieder beschrieben worden, wobei sich die Begriffe änderten, der sachliche Kern der Aussagen aber immer gleich blieb. Am bekanntesten ist wohl die Formulierung Georg Wilhelm Friedrich Hegels von der Strafe als der Negation der Negation des Rechts. Inhaltlich identische Erläuterungen finden sich von Kant bis zur Systemtheorie Luhmanns und den aktuellen Strafrechtstheoretikern (wie Hassemer, Hoerster und Jakobs).
=== Vertikale Normvalidierung ===




und das Pflanzenwachstum auf der Erde ist nicht mit ihrer Aufgabe oder ihrem Zweck zu Über den Begriff und die Rechtfertigung der Strafe wird seit langer Zeit gestritten - und zwar in der Theologie und Philosophie ebenso wie in der Pädagogik und der Strafrechtswissenschaft. Dabei werden die Fragen nach der Aufgabe der Strafe, nach ihrem Sinn, ihrem Wesen und ihrem Zweck meist nicht von der Frage nach ihrer Funktion (oder ihren Funktionen) unterschieden. Und doch ist die Frage nach der '''Funktion der Strafe''' anders gestrickt als diejenigen nach ihrer Aufgabe oder ihrem Zweck: geht es bei der Aufgabe um das, was die Strafe nach dem Willen derjenigen, die über sie als ein Mittel verfügen, tun soll, so geht es bei ihrer Funktion darum, was sie Strafe objektiv und womöglich von niemandem gewollt tatsächlich im Hinblick auf einen anderen Prozess bewirkt. Funktionen bedürfen keiner Intentionalität: sie sind entweder vorhanden oder sie sind es nicht; sie werden erfüllt oder auch nicht - egal, wer was gewollt haben mag. Die kollektive und die individuelle Intentionalität, die hinter der Praxis des Strafens in einer Gesellschaft steht, mag noch so sehr auf das Ziel Z gerichtet sein (zum Beispiel: auf die Verhinderung des Rückfalls) - welchen Beitrag die Strafe objektiv für das Funktionieren der Gesellschaft insgesamt leistet, ist eine Frage ihrer Funktion F (zum Beispiel: Aufrechterhaltung essentieller Normen). Und die Frage, ob die Funktion F erfüllt wird oder nicht, ist von der Frage nach den Absichten, die gesellschaftliche Akteure mit ihr verbinden, getrennt zu eruieren. Eine Funktion kann auch dann erfüllt werden, wenn dem, was diese Funktion erfüllt, gar keine Aufgabe zugewiesen ist: so scheint die Sonne unabhängig von jeder "Aufgabe", die man ihr zuweisen könnte - aber dadurch, dass ihr Licht von Pflanzen genutzt wird, um aus einfachen Stoffen einen energiereichen Zucker (die Glukose) zusammenzusetzen, erfüllt sie über die  ..


Im Hinblick auf das Wachstum von Pflanzen erfüllt die Sonne - völlig absichtslos und ohne von irgend jemandem zu dieser Aufgabe bestimmt worden zu sein - die Funktion der Ermöglichung der Fotosynthese. So wie das Sonnenlicht im Hinblick auf das Wachstum der Pflanzen die Funktion erfüllt, die Fotosynthese zu ermöglichen und damit das Pflanzenwachstum darum, was . Die Frage nach der Funktion der Strafe , in der Theologie und in der Erziehungswissenschaft, Seit unvordenklichen Zeiten wird über die Strafe gestritten: über den Begriff, vor allem aber über ihre Rechtfertigung. DieDie Frage nach der Funktion der Strafe unterscheidet sich von derjenigen nach der Aufgabe, dem Sinn, dem Wesen und dem Zweck der Strafe. 


==Strafe als Heilung der Autorität==
==Strafe als Heilung der Autorität==
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