Funktion der Strafe: Unterschied zwischen den Versionen

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Spätestens hier fällt der Behandlungsperson eine Besonderheit auf, nämlich die triadische Natur ihrer Beziehung. Es gibt nicht nur die  Therapeut-Klient-Dyade, sondern es gibt da immer noch einen weiteren Pol von großer Wichtigkeit: den Sicherheitsbeauftragten, die Anstaltsleitung, die Gerichte, kurzum: den Staat. Der Staat ist als dritte Partei immer dabei.  
Spätestens hier fällt der Behandlungsperson eine Besonderheit auf, nämlich die triadische Natur ihrer Beziehung. Es gibt nicht nur die  Therapeut-Klient-Dyade, sondern es gibt da immer noch einen weiteren Pol von großer Wichtigkeit: den Sicherheitsbeauftragten, die Anstaltsleitung, die Gerichte, kurzum: den Staat. Der Staat ist als dritte Partei immer dabei.  
Was heißt das für die Behandler im Strafkontext? Es heißt, dass sie sich täglich in einem Zwiespalt zwischen zwei Herren befinden, zwischen dem, was sie der Anstalt schulden und dem, was sie ihrem Behandlungsethos und dem schulden, was sie "eigentlich" im Interesse einer optimalen Resozialisierung tun wollen sollten, aber nicht immer können.
Die Frage, die daraus so gut wie täglich resultiert, lautet: wo soll ich, wo kann ich der Hierarchie im Namen der Behandlungsinteressen Folge leisten, wo kann ich es tun, ohne dass ich die Behandlungsinteressen opfere und wo muss ich eigentlich Widerspruch anmelden oder Widerstand leisten? Wo hat Widerstand überhaupt Aussicht auf Erfolg und wo hat es keinen Sinn, sich überhaupt zu wehren?


Wem fiele da nicht der Stoßseufzer jener Bitte um Gelassenheit ein, der auch als Gelassenheitsgebet bekannt ist und der da lautet: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, - gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, - und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden." Im Strafvollzug wird von den Behandlern genau diese Weisheit so gut wie täglich gefordert. Man weiß, man müßte eigentlich zahllose Details des Vollzugsalltags und sogar Strukturen der Anstalten ändern, und man weiß oder wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass das so einfach nicht geht, dass es Sicherheitsinteressen gibt, dass es einen Strafzusammenhang gibt, dass man mit seinen Behandlungsinteressen in einem Kontext operiert, der sich nicht nur am Wohl des Gefangenen orientiert. Es ist ein endloser Lernprozess zu erfahren, was in diesem Kontext eigentlich geändert werden müßte und auch könnte und was zwar geändert werden müßte, aber nicht zu ändern ist. Was nicht zu ändern ist, sollte man nicht zu ändern trachten: das wäre reine Zeit- und Energieverschwendung.
Wem fiele da nicht der Stoßseufzer jener Bitte um Gelassenheit ein, der auch als Gelassenheitsgebet bekannt ist und der da lautet: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, - gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, - und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden." Im Strafvollzug wird von den Behandlern genau diese Weisheit so gut wie täglich gefordert. Man weiß, man müßte eigentlich zahllose Details des Vollzugsalltags und sogar Strukturen der Anstalten ändern, und man weiß oder wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass das so einfach nicht geht, dass es Sicherheitsinteressen gibt, dass es einen Strafzusammenhang gibt, dass man mit seinen Behandlungsinteressen in einem Kontext operiert, der sich nicht nur am Wohl des Gefangenen orientiert. Es ist ein endloser Lernprozess zu erfahren, was in diesem Kontext eigentlich geändert werden müßte und auch könnte und was zwar geändert werden müßte, aber nicht zu ändern ist. Was nicht zu ändern ist, sollte man nicht zu ändern trachten: das wäre reine Zeit- und Energieverschwendung.
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