Funktion der Strafe: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Thema [[Behandlung im Strafkontext: Funktion der Strafe]] ist ein Thema der aus Zielkonflikten resultierenden Belastungen und Beschädigungen. Für die Behandlung kann es angezeigt sein, dass die Strafgefangenen ihre Haft- und Wohngruppenräume liebevoll ausgestalten, dass sie Zier- und Nutzpflanzen und Haustiere halten, damit sie Pflege, Achtsamkeit, Fürsorglichkeit und Empathie trainieren. Es kann angezeigt sein, dass sie möglichst viele Freiheiten üben und Ausführungen und Ausgänge haben, dass sie eigene Radiosendungen machen dürfen und eine eigene Zeitung. Und es kann auch sein, dass der Strafkontext - meist in eheähnlicher Gemeinschaft mit den Sicherheitsbeauftragten - die Haustierhaltung untersagt, die Reduktion der Zimmerpflanzen auf drei Stück, die Beweglichkeit des Mobiliars auf das Bett (Schränke und Regale werden angeschraubt) und die Möglichkeit der Aufstellung von Bücherregalen in den Wohngruppen oder auf den Fluren auf Null reduziert. Wem fiele da nicht der Stoßseufzer jener Bitte um Gelassenheit ein, der auch als Gelassenheitsgebet bekannt ist und der da lautet: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, - gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, - und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden." Im Strafvollzug wird von den Behandlern genau diese Weisheit so gut wie täglich gefordert. Man weiß, man müßte eigentlich zahllose Details des Vollzugsalltags und sogar Strukturen der Anstalten ändern, und man weiß oder wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass das so einfach nicht geht, dass es Sicherheitsinteressen gibt, dass es einen Strafzusammenhang gibt, dass man mit seinen Behandlungsinteressen in einem Kontext operiert, der sich nicht nur am Wohl des Gefangenen orientiert. Es ist ein endloser Lernprozess zu erfahren, was in diesem Kontext eigentlich geändert werden müßte und auch könnte und was zwar geändert werden müßte, aber nicht zu ändern ist. Was nicht zu ändern ist, sollte man nicht zu ändern trachten: das wäre reine Zeit- und Energieverschwendung.
Das Thema [[Behandlung im Strafkontext: Funktion der Strafe]] ist ein Thema der aus Zielkonflikten resultierenden Belastungen und Beschädigungen. Für die Behandlung kann es angezeigt sein, dass die Strafgefangenen ihre Haft- und Wohngruppenräume liebevoll ausgestalten, dass sie Zier- und Nutzpflanzen und Haustiere halten, damit sie Pflege, Achtsamkeit, Fürsorglichkeit und Empathie trainieren. Es kann angezeigt sein, dass sie möglichst viele Freiheiten üben und Ausführungen und Ausgänge haben, dass sie eigene Radiosendungen machen dürfen und eine eigene Zeitung. Und es kann auch sein, dass der Strafkontext - meist in eheähnlicher Gemeinschaft mit den Sicherheitsbeauftragten - die Haustierhaltung untersagt, die Reduktion der Zimmerpflanzen auf drei Stück, die Beweglichkeit des Mobiliars auf das Bett (Schränke und Regale werden angeschraubt) und die Möglichkeit der Aufstellung von Bücherregalen in den Wohngruppen oder auf den Fluren auf Null reduziert. Wem fiele da nicht der Stoßseufzer jener Bitte um Gelassenheit ein, der auch als Gelassenheitsgebet bekannt ist und der da lautet: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, - gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, - und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden." Im Strafvollzug wird von den Behandlern genau diese Weisheit so gut wie täglich gefordert. Man weiß, man müßte eigentlich zahllose Details des Vollzugsalltags und sogar Strukturen der Anstalten ändern, und man weiß oder wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass das so einfach nicht geht, dass es Sicherheitsinteressen gibt, dass es einen Strafzusammenhang gibt, dass man mit seinen Behandlungsinteressen in einem Kontext operiert, der sich nicht nur am Wohl des Gefangenen orientiert. Es ist ein endloser Lernprozess zu erfahren, was in diesem Kontext eigentlich geändert werden müßte und auch könnte und was zwar geändert werden müßte, aber nicht zu ändern ist. Was nicht zu ändern ist, sollte man nicht zu ändern trachten: das wäre reine Zeit- und Energieverschwendung.


Es ist vielleicht Zeit, an den Einfluss der sozialen und materiellen Lebensbedingungen auf die Entwicklung der Behandlungsmethoden und -ergebnisse, aber auch auf die Entwicklung der Gesundheit der Behandelten und der Behandler im Strafkontext zu denken. In Anlehnung an Siegfried Bernfelds (1969: 198) Begriff des "sozialen Ortes" „Der soziale Ort und seine Bedeutung für Neurose, Verwahrlosung und Pädagogik“ (1929) und diskutiert den Einfluss der sozialen und materiellen Lebensbedingungen auf die Entwicklung von Kindern [Siegfried Bernfeld, 1969b:198].


== Was tun? ==
== Was tun? ==
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