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Die Zeit und der Ort, meine sehr verehrten Damen und Herren, verlocken zu einer Zeitreise. | Die Zeit und der Ort, meine sehr verehrten Damen und Herren, verlocken zu einer Zeitreise. Heute vor 100 Jahren und drei Tagen, am 14. April 1912, rammte die als unsinkbare Titanic einen Eisberg und verschwand unter Mitnahme von rund 1500 Menschenleben in der Tiefe des Meeres. Seither ist dieses Unglück zu einem Filmstoff, zu einem Mythos und einer Parabel geworden, zu einem Gleichnis für die Blindheit einer Gesellschaft, die sich und ihren Entwicklungsweg für den einzig wahren und zielführenden hielt und die an ihrer mangelnden Reflexionsfähigkeit und mangelnden Achtsamkeit in den Militarismus, den Ersten und den Zweiten Weltkrieg und damit ethisch, moralisch und weltgeschichtlich in den Niedergang taumelte. Die europäische Gesellschaft hielt sich für so unverletzlich wie die Titanic-Eigner ihr Schiff für unsinkbar hielten. Und am 6. September 1912, kein halbes Jahr nach der Titanic-Katastrophe, stand unweit von hier in Wien, nämlich im prächtigsten Saal der prunkvollen Hofbibliothek, ein norddeutscher Reformer der Justiz und des Strafvollzugs namens Moritz Liepmann. Liepmann, seinerzeit Professor für Strafrecht, Strafprozess und internationales Recht in Kiel und nebenberuflich auch Dozent an der Marineakademie, nach dem Ersten Weltkrieg dann der erste Professor für Kriminologie an der Universität Hamburg, war zum 31. deutschen Juristentag eingeladen. Er sollte sich zur Frage der Todesstrafe äußern. Sein am 6. September 1912 vorgetragenes Gutachten, ein flammendes Plädoyer für die Abschaffung der Todesstrafe, . nn. Ein knappes halbes Jahr nach dem Untergang der Titanic (14.4.1912), nämlich | ||