Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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3. Die stationären Maßnahmen in der Praxis
3. Die stationären Maßnahmen in der Praxis
4. Der Erziehungsgedanke und die Erziehungswissenschaft
4. Der Erziehungsgedanke und die Erziehungswissenschaft
5. Abschied, Beibehaltung oder Reformulierung des Erziehungsgedankens
6. Literatur


1. Der Erziehungsgedanke im materiellen Jugendstrafrecht
1. Der Erziehungsgedanke im materiellen Jugendstrafrecht
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Jenseits einer Begriffsbestimmung, was man denn nun unter Erziehung zu verstehen habe, ergibt sich aus diesen Befunden ein Fazit schon von selbst: Die praktische Umsetzung und Ausgestaltung der stationären Maßnahmen gemäß dem Jugendgerichtsgesetz läßt sich mit einem modernen Verständnis von Erziehung sicherlich nicht vereinbaren.
Jenseits einer Begriffsbestimmung, was man denn nun unter Erziehung zu verstehen habe, ergibt sich aus diesen Befunden ein Fazit schon von selbst: Die praktische Umsetzung und Ausgestaltung der stationären Maßnahmen gemäß dem Jugendgerichtsgesetz läßt sich mit einem modernen Verständnis von Erziehung sicherlich nicht vereinbaren.
4. Der Erziehungsgedanke und die Erziehungswissenschaft
So unumstritten also der Erziehungsgedanke als Leitziel des Jugendgerichtsgesetzes anzusehen ist, so schwierig ist es auch, dieses Prinzip inhaltlich zu konkretisieren und auszugestalten, so daß der Begriff jugendrechtlicher Erziehung als höchst unscharf und konturenlos zu bezeichnen ist. Er birge keine festen und dauerhaften Inhalte in sich, sondern sei vielmehr als eine Art Chiffre anzusehen, welche lediglich aus unbestimmten Aüßerungen bestehe. Insbesondere Schlüchter findet sich damit nicht ab, da es methodisch und rechtsstaatlich bedenklich sei, den Erziehungsgedanken als bloße Leerformel abzutun. Folglich sei die Erziehungswissenschaft als die "Heimat des Begriffes" aufzusuchen. Dort wird man jedoch bei der Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Literatur mit einer Flut unterschiedlicher Ansätze und Definitionen konfrontiert. Das Schrifttum befördert keine allgemeine oder zumindest überwiegend anerkannte Lehrmeinung, wie der Erziehungsbegriff nun auszulegen und zu definieren sei. Vielmehr ist von Auflösungserscheinungen, Begriffswirrwarr, Sprachverwilderung und Konturenlosigkeit die Rede, der Erziehungsbegriff sei eine Fiktion.
Schlüchter wendet sich infolgedessen der Etymologie zu, um auf diesem Wege die Bedeutung des Wortes "Erziehung" zu erfassen. Demzufolge gehe es um einen intensiven innerlichen Vorgang mit dem Ziel der Menschenformung. Führende Erziehungswissenschaftler weisen jedoch darauf hin, daß eine etymologische Analyse sich generell als problematisch und irreführend erweist. Insbesondere werde die begriffsgeschichtliche Verständigung dadurch erschwert, daß bei der Suche nach einer Antwort auf die Frage nach der Verwendung des Wortes "Erziehung" nicht zwischen der empirisch - deskriptiven Feststellung der Verwendungspraxis einerseits und der normativen Projektion eines Verwendungsideales andererseits unterschieden wird. Außerdem ist inhaltlich fraglich, ob Schlüchter nicht im Ergebnis den Zögling als ein Objekt ansieht und somit den Anforderungen moderner Erziehungstheorien, den Zu - Erziehenden als Subjekt zu begreifen, nicht genügt; deshalb setzt sich Schlüchters Konzept von der "Werteverinnerlichung" grundsätzlicher Kritik aus, worüber das Berufen auf historisch überlebte Ansichten in der Pädagogik nur bei oberflächlicher Betrachtung hinwegzutäuschen vermag. Sie unterläßt und umgeht es nämlich, den Weg und die Art und Weise aufzuzeigen, wie die entsprechenden Werte zu verinnerlichen wären. Dafür erforderliche kommunikationstheoretische Erkenntnisse und Theorien bezieht sie jedenfalls in ihre Überlegungen nicht mit ein.
Mithin bleibt festzuhalten, daß ein überzeugendes, (erziehungs-)wissenschaftlichen Ansprüchen genügendes Konzept eines Verständnisses von jugendstrafrechtlicher Erziehung bisher noch nicht entwickelt worden ist.
5. Abschied, Beibehaltung oder Reformulierung des Erziehungsgedankens
Anonymer Benutzer