Entkriminalisierung und Entrümpelung: Unterschied zwischen den Versionen

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== Vorüberlegungen ==
== Vorüberlegungen ==
Nach den auf prozessuale Reformen sowie auf '''Entpönalisierung''' gerichteten Forderungen des letztjährigen Strafverteidigertags in Bremen (Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe und Ersetzung der lebenslangen durch eine höchstens 15 Jahre dauernde Freiheitsstrafe) befasst sich die Veranstaltung in Münster/Westfalen im Jahre 2018 mit der Frage, wie eine "sinnvolle und effiziente Modernisierung des Strafrechts" aussehen könnte. Gefragt ist u.a.''Wann sind Forderungen zur Entkriminalisierung von wem und mit welchen Gründen erhoben worden und warum sind sie gescheitert? Welche Ideen sind es nach wie vor wert, umgesetzt zu werden?''


'''Ausgangspunkt''' der hier angestellten Überlegungen ist die Bremer Erklärung des Strafverteidigertags von 2017. Der Strafverteidigertag
- Dazu ist es zweckmäßig, zunächst einmal den Begriff der Entkriminalisierung zu klären. Es folgt die Rekapitulation der wichtigsten Entkriminalisierungsforderungen der letzten Jahre und ihre Schicksals. Abschließend wird hoffentlich geklärt, welche Ideen es nach wie vor wert sind, umgesetzt zu werden.  
als Deutschlands größtes Forum von Strafverteidiger*innen, Vertreter*innen der Justiz und der Strafrechtswissenschaft, forderte darin die Umsetzung längst überfälliger Regelungen und Reformen. Statt mehr Strafe forderte er mehr Vernunft. Dazu zählten insbesondere die Streichung des § 211 StGB mitsamt seiner tätertypisierenden Kodifizierung zugunsten eines einheitlichen Straftatbestands der »Tötung« und die Ersetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe durch eine Gefängnisstrafe von nicht mehr als 15 Jahren. Er forderte die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 StGB) und die Reform des Untersuchungshaftrechts (§§ 112, 112a, 116 StPO), die Reform der Pflichtverteidigerbestellung und des Ermittlungsverfahrens - u.a. auch ein Verbot der Tatprovokation - Dokumentationen von Hauptverhandlungen sowie einen nicht durch Einschränkungen der Beschuldigtenrechte und der Wahrheitsfindung erkauften Opferschutz. Im Anschluss an die Bremer Forderungen mit ihrem Schwerpunkt auf Entpönalisierungen (Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe und der Ersatzfreiheitsstrafe) geht es dem diesjährigen Münsteraner Strafverteidigertag auf dem Weg zu einer "sinnvollen und effizienten Modernisierung des Strafrechts" nun um die Auslotung von Entkriminalisierungs- und Entrümpelungs-Möglichkeiten. Dazu will man sich u.a. der bisherigen Diskussionen versichern: ''Wann sind Forderungen zur Entkriminalisierung von wem und mit welchen Gründen erhoben worden und warum sind sie gescheitert? Welche Ideen sind es nach wie vor wert, umgesetzt zu werden?'' - Dazu ist es zweckmäßig, zunächst einmal den Begriff der Entkriminalisierung zu klären. Es folgt die Rekapitulation der wichtigsten Entkriminalisierungsforderungen der letzten Jahre und ihre Schicksals. Abschließend wird hoffentlich geklärt, welche Ideen es nach wie vor wert sind, umgesetzt zu werden.  


'''Entkriminalisierung''' ist das Gegenteil von Kriminalisierung, nämlich der Prozess der Rücknahme einer (personenbezogenen oder handlungstypbezogenen) Strafbarmachung. Im Folgenden geht es nur um handlungstypbezogene Entkriminalisierungen, also die Einengung oder Aufhebung von Tatbeständen im Strafgesetzbuch und/oder im Nebenstrafrecht. Und es soll nur um legislative ''de jure'', nicht um die sog. ''de facto'' Entkriminalisierungen gehen, die - wie etwa [[Cannabis in Holland]]) - ein ganz eigenes und komplexes Thema wären.  
'''Entkriminalisierung''' ist das Gegenteil von Kriminalisierung, nämlich der Prozess der Rücknahme einer (personenbezogenen oder handlungstypbezogenen) Strafbarmachung. Im Folgenden geht es nur um handlungstypbezogene Entkriminalisierungen, also die Einengung oder Aufhebung von Tatbeständen im Strafgesetzbuch und/oder im Nebenstrafrecht. Und es soll nur um legislative ''de jure'', nicht um die sog. ''de facto'' Entkriminalisierungen gehen, die - wie etwa [[Cannabis in Holland]]) - ein ganz eigenes und komplexes Thema wären.  
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