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==Erscheinungsformen== | ==Erscheinungsformen== | ||
Zu unterscheiden sind nicht nur ''de jure'' von ''de facto'' Entkriminalisierungen, sondern auch ''legalisierende'' von ''transformierenden''. Legalisierende Entkriminalisierungen machen aus dem verbotenen ein erlaubtes Verhalten, während transformierende lediglich den Rechtscharakter des Verbots verändern - aus einer Straftat wird z.B. eine Ordnungswidrigkeit. | |||
Wolfgang Naucke (1984: 169) akzeptiert nur die Legalisierung eines bis dato strafbaren Verhaltens als "wirkliche Entkriminalisierung | Wolfgang Naucke (1984: 169) akzeptiert nur die Legalisierung eines bis dato strafbaren Verhaltens als "wirkliche Entkriminalisierung". Transformationen in das Ordnungswidrigkeitenrecht gelten ihm als bloß "scheinbare Entkriminalisierungen", weil "die Abweichung bleibt". In Nauckes Worten: "Das Mittel der Unterdrückung wird umetikettiert" - zum Beispiel in Maßregeln der Besserung und Sicherung, Unterbringung oder Bußen nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht. | ||
Kohl & Scheerer (1989: 89) unterscheiden anders: | Kohl & Scheerer (1989: 89) unterscheiden anders: | ||
#Wird ein strafbares Verhalten durch die Entkriminalisierung zum erlaubten Verhalten, | #Wird ein strafbares Verhalten durch die Entkriminalisierung zum erlaubten Verhalten, sprechen sie von ersatzloser Entkriminalisierung. | ||
# | #Eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit ist keine "ersatzlose" wohl aber eine "transformierende" Entkriminalisierung. Das ist aber trotzdem eine "echte" und "wirkliche" Entkriminalisierung: was Kriminalunrecht war, wird zu Verwaltungsunrecht, Zuständigkeiten und Verfahrensweisen ändern sich; es entfällt auch das Odium des Kriminellen, d.h. die besondere Intensität sozialer Ächtung für Tat und Täter. Der Vorwurf der bloßen Umetikettierung trifft deshalb nicht. - Beispiel ist die Umwandlung der strafbaren Straßenverkehrsübertretungen in Ordnungswidrigkeiten durch das Einführungsgesetz zum Ordnungswidrigkeitengesetz vom 24.5.1968. Tatbestände wurden formal aus dem Strafrecht ausgegliedert, um anschließend in einer anderen Rechtsmaterie, in einem Katalog für Ordnungswidrigkeiten, wieder aufzutauchen. Das ist eine tatsächliche Entkriminalisierung, die nicht dadurch weniger wirklich wird, dass sie die Rechtsmaterie "nur" verlagert. Denn immerhin fallen der spezifische Zwangscharakter und die spezifische Ächtung weg. Das Verhalten gilt nicht mehr - mit allen Konsequenzen der Stigmatisierung etc. - als "kriminell". | ||
#Wenn das Verhalten weiterhin einen Straftatbestand darstellt, die Sanktion aber nicht Strafe, sondern Maßregel heißt, liegt gar keine Entkriminalisierung vor. Denkbar wäre allenfalls, auch nicht unproblematisch, von einer Entpönalisierung zu sprechen, da die poena, die peinliche Kriminalstrafe, ja entfällt, wenn auch die Sanktionsdrohung erhalten bleibt. | #Wenn das Verhalten weiterhin einen Straftatbestand darstellt, die Sanktion aber nicht Strafe, sondern Maßregel heißt, liegt gar keine Entkriminalisierung vor. Denkbar wäre allenfalls, auch nicht unproblematisch, von einer Entpönalisierung zu sprechen, da die poena, die peinliche Kriminalstrafe, ja entfällt, wenn auch die Sanktionsdrohung erhalten bleibt. | ||
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