Edmund Mezger: Unterschied zwischen den Versionen

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Nur wenige Monate nach Mezgers Wechsel nach München wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt und Mezger wurde Zeuge der „Säuberung“ der deutschen Universitäten unter dem Gesichtspunkt der Rassenzugehörigkeit der Eltern und Großeltern der Wissenschaftler, ihrer Verbindung zu „rassisch minderwertigen Kollegen“ und ihrer Anschauung.  
Nur wenige Monate nach Mezgers Wechsel nach München wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt und Mezger wurde Zeuge der „Säuberung“ der deutschen Universitäten unter dem Gesichtspunkt der Rassenzugehörigkeit der Eltern und Großeltern der Wissenschaftler, ihrer Verbindung zu „rassisch minderwertigen Kollegen“ und ihrer Anschauung.  
Seit 1933 stellte er sich in den Dienst des neuen Regimes. Als Mitglied der Strafrechtsreformkommission beschäftigte er sich u.a. mit der Ausarbeitung neuer Gesetze, wie dem Gewohnheitsverbrechergesetz und der Analogienovelle. Er passt sich den neuen Einstellungen und Umständen an.   
Seit 1933 stellte er sich in den Dienst des neuen Regimes. Als Mitglied der Strafrechtsreformkommission beschäftigte er sich u.a. mit der Ausarbeitung neuer Gesetze, wie dem Gewohnheitsverbrechergesetz und der Analogienovelle. Er passt sich den neuen Einstellungen und Umständen an.   
Er begründete ein Programm, das darauf gerichtet war  
Er begründete ein Programm, das darauf gerichtet war  
“zu beweisen, dass der einzige Ursprung des Strafrechts und die einzige Basis dieser Dogmatik nichts anderes sein könnten als der „Führerwille“. So sagte er z.B. in seinem Aufsatz aus dem Jahre 1936 über ‚Die materielle Rechtswidrigkeit im kommenden Strafrecht’ (in ZStW 55, 1936, S. 1 ff.), dass die deutsche nationalsozialistische Partei  
''“zu beweisen, dass der einzige Ursprung des Strafrechts und die einzige Basis dieser Dogmatik nichts anderes sein könnten als der „Führerwille“. So sagte er z.B. in seinem Aufsatz aus dem Jahre 1936 über ‚Die materielle Rechtswidrigkeit im kommenden Strafrecht’ (in ZStW 55, 1936, S. 1 ff.), dass die deutsche nationalsozialistische Partei  
 
‚als Instrument in der Hand des Führers zur Gestaltung und Formung des deutschen politischen Wollens besonders berufen [ist]. Ihr ist die bewusste Bildung der ‘gesunden Volksanschauung‘ als eine besondere Aufgabe übertragen, und insofern ist sie allerdings entscheidend mit daran beteiligt zu bestimmen, was materielle Rechtswidrigkeit ist’.  
‚als Instrument in der Hand des Führers zur Gestaltung und Formung des deutschen politischen Wollens besonders berufen [ist]. Ihr ist die bewusste Bildung der ‘gesunden Volksanschauung‘ als eine besondere Aufgabe übertragen, und insofern ist sie allerdings entscheidend mit daran beteiligt zu bestimmen, was materielle Rechtswidrigkeit ist’.  
Und daraus zog er logischerweise auch die Konsequenz für die Einstellung des Richters:
Und daraus zog er logischerweise auch die Konsequenz für die Einstellung des Richters:
‚Kein Richter der Zukunft kann sich auf den Wortlaut des Gesetzes berufen, um damit im Blick auf die gesunde Volksanschauung unvernünftige Ergebnisse zu rechtfertigen’.  
‚Kein Richter der Zukunft kann sich auf den Wortlaut des Gesetzes berufen, um damit im Blick auf die gesunde Volksanschauung unvernünftige Ergebnisse zu rechtfertigen’.  
Das war nichts anderes als die Konsequenz der Zulassung des Analogieschlusses im Strafrecht, wonach nicht mehr nur das Delikt strafbar war, was das Gesetz als solches definierte, sondern auch alles, was der grundlegenden Idee der Strafgesetzgebung und dem gesunden Volksempfinden zufolge Strafe verdiente.“ (Muñoz Conde, Francisco (2007b) S.9)
 
Das war nichts anderes als die Konsequenz der Zulassung des Analogieschlusses im Strafrecht, wonach nicht mehr nur das Delikt strafbar war, was das Gesetz als solches definierte, sondern auch alles, was der grundlegenden Idee der Strafgesetzgebung und dem gesunden Volksempfinden zufolge Strafe verdiente.“'' (Muñoz Conde, Francisco (2007b) S.9)
 
Mezger betonte, dass die legislativen Normen zuungunsten des Angeklagten ausgelegt werden müssten, wenn politische Gründe oder der Führerwille es so erforderten.  
Mezger betonte, dass die legislativen Normen zuungunsten des Angeklagten ausgelegt werden müssten, wenn politische Gründe oder der Führerwille es so erforderten.  
Er zeigte seine nationalsozialistische Ideologie u.a. durch seine Auffassung, dass die Funktion der Strafe auch in der „der Ausmerzung volks- und rassenschädlicher Teile der Bevölkerung“ bestehe, oder wenn er „rassenhygienische Maßnahmen zur Ausrottung krimineller Stämme“ vorschlug.  
Er zeigte seine nationalsozialistische Ideologie u.a. durch seine Auffassung, dass die Funktion der Strafe auch in der „der Ausmerzung volks- und rassenschädlicher Teile der Bevölkerung“ bestehe, oder wenn er „rassenhygienische Maßnahmen zur Ausrottung krimineller Stämme“ vorschlug.  
„Gleichermaßen modifizierte er seine Theorie des Irrtums, bekannt als ‚Vorsatztheorie’, und benutzte den von ihm in der Nazizeit entwickelten Begriff der ‚Lebensführungsschuld’, um die schwerere Strafe der vorsätzlichen Straftat auf Fälle von ‚Rechtsfahrlässigkeit’ auszuweiten. Danach waren auch solche Personen mit der Vorsatzstrafe zu sanktionieren, die wegen ihrer unzureichenden Kenntnis juristischer Gemeinschaftswerte bei Ausführung der Straftat keine genaue und greifbare Vorstellung vom verbotenen Charakter ihres Tuns hatten.“ (Muñoz Conde, Francisco (2007b) S.10). Als Beispiele nannte er in seinem Beitrag ‚Rechtsirrtum und Rechtsblindheit’ in der Festschrift für Kohlrausch, 1944, S. 180 f.: Homosexualität, Abtreibung und „Rassenschande“, die er als „crima odiosa“ bezeichnete und die, wenn sie „unter Ausnutzung der Kriegsverhältnisse“ begangen wurden, mit der Todesstrafe (Vorsatzstrafe) bestraft werden sollten.  
„Gleichermaßen modifizierte er seine Theorie des Irrtums, bekannt als ‚Vorsatztheorie’, und benutzte den von ihm in der Nazizeit entwickelten Begriff der ‚Lebensführungsschuld’, um die schwerere Strafe der vorsätzlichen Straftat auf Fälle von ‚Rechtsfahrlässigkeit’ auszuweiten. Danach waren auch solche Personen mit der Vorsatzstrafe zu sanktionieren, die wegen ihrer unzureichenden Kenntnis juristischer Gemeinschaftswerte bei Ausführung der Straftat keine genaue und greifbare Vorstellung vom verbotenen Charakter ihres Tuns hatten.“ (Muñoz Conde, Francisco (2007b) S.10). Als Beispiele nannte er in seinem Beitrag ‚Rechtsirrtum und Rechtsblindheit’ in der Festschrift für Kohlrausch, 1944, S. 180 f.: Homosexualität, Abtreibung und „Rassenschande“, die er als „crima odiosa“ bezeichnete und die, wenn sie „unter Ausnutzung der Kriegsverhältnisse“ begangen wurden, mit der Todesstrafe (Vorsatzstrafe) bestraft werden sollten.  
Gemeinsam mit Franz Exner, wirkte Mezger an dem Entwurf eines „Gesetzes über die Behandlung der Gemeinschaftsfremden“ mit, als dessen intellektueller Urheber er angesehen werden kann.  
Gemeinsam mit Franz Exner, wirkte Mezger an dem Entwurf eines „Gesetzes über die Behandlung der Gemeinschaftsfremden“ mit, als dessen intellektueller Urheber er angesehen werden kann.  
Es handelte sich dabei um ein Gesetz, das sicherstellen sollte, dass „Gemeinschaftsfremde, die durch ihr Verhalten die Volksgemeinschaft schädigen, ihr als nützliche Glieder eingeordnet oder an einer weiteren Schädigung der Volksgemeinschaft gehindert  werden.“  
Es handelte sich dabei um ein Gesetz, das sicherstellen sollte, dass „Gemeinschaftsfremde, die durch ihr Verhalten die Volksgemeinschaft schädigen, ihr als nützliche Glieder eingeordnet oder an einer weiteren Schädigung der Volksgemeinschaft gehindert  werden.“  
Als Gemeinschaftsfremde galten:
Als Gemeinschaftsfremde galten:
1. die Versager: Menschen, die nach ihrer Persönlichkeit und Lebensführung, insbesondere infolge von außergewöhnlichen Defekten des Intellekts oder des Charakters, erkennen lassen, dass sie nicht imstande sind, aus eigener Kraft den Mindestanforderungen der Volksgemeinschaft zu genügen,
:# die Versager: <br />
2. die Gruppe der Arbeitsscheuen und Liederlichen:
Menschen, die nach ihrer Persönlichkeit und Lebensführung, insbesondere infolge von außergewöhnlichen Defekten des Intellekts oder des Charakters, erkennen lassen, dass sie nicht imstande sind, aus eigener Kraft den Mindestanforderungen der Volksgemeinschaft zu genügen.
Menschen, die ein nichtsnutzes, unwirtschaftliches oder ungeordnetes Lebens führen und andere oder die Allgemeinheit damit belasten oder einen Hang zum Betteln, zu Arbeitsbummelei, Diebereien, Betrügereien oder anderen kleinen Straftaten an den Tag legen,
:# die Gruppe der Arbeitsscheuen und Liederlichen: <br />
3. die Verbrechergruppe:
Menschen, die ein nichtsnutzes, unwirtschaftliches oder ungeordnetes Lebens führen und andere oder die Allgemeinheit damit belasten oder einen Hang zum Betteln, zu Arbeitsbummelei, Diebereien, Betrügereien oder anderen kleinen Straftaten an den Tag legen.
:# die Verbrechergruppe: <br />
Menschen, die nach ihrer Persönlichkeit und Lebensführung erkennen lassen, dass ihre Sinnesart auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist.  
Menschen, die nach ihrer Persönlichkeit und Lebensführung erkennen lassen, dass ihre Sinnesart auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist.  
Strafrechtliche Maßnahmen sollten Gefängnis oder Zuchthaus von unbestimmter Dauer, für Unverbesserliche die Einweisung in ein KZ, die Todesstrafe, die Entmannung von Sittlichkeitsverbrechern (dazu gehörten auch Homosexuelle), Unfruchtbarmachung, wenn unerwünschter Nachwuchs zu erwarten ist. (Muñoz Conde, Francisco (2007a) S. 47-53)
Strafrechtliche Maßnahmen sollten Gefängnis oder Zuchthaus von unbestimmter Dauer, für Unverbesserliche die Einweisung in ein KZ, die Todesstrafe, die Entmannung von Sittlichkeitsverbrechern (dazu gehörten auch Homosexuelle), Unfruchtbarmachung, wenn unerwünschter Nachwuchs zu erwarten ist. (Muñoz Conde, Francisco (2007a) S. 47-53)
Ab 1. Oktober 1934 wurde er mit der kommissarischen Wahrung der Geschäfte eines Gaufachberaters in der Reichsfachgruppe Hochschullehrer beim OLG München betreut, ab 1. Dezember 1935 wurde er Fachberater der Hochschullehrer im Gau München-Oberbayern. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied der NS-Wohlfahrt und des Reichsluftschutzbundes.  
Ab 1. Oktober 1934 wurde er mit der kommissarischen Wahrung der Geschäfte eines Gaufachberaters in der Reichsfachgruppe Hochschullehrer beim OLG München betreut, ab 1. Dezember 1935 wurde er Fachberater der Hochschullehrer im Gau München-Oberbayern. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied der NS-Wohlfahrt und des Reichsluftschutzbundes.  
Weltweite Beachtung fand der I. Internationale Kongress für Kriminologie in Rom vom 3. - 8. Oktober 1938. Mezger gehörte als Vizepräsident der kriminalbiologischen Gesellschaft und Mitglied der Akademie für deutsches Recht zu der deutschen Delegation und wurde im März 1938 mit den gesamten Vorbereitungen für die deutsche Teilnahme beauftragt.
Mezger war national wie auch international ein angesehener Jurist, der allein im Jahre 1942 Vortragreisen nach Kroatien, Frankreich, Belgien und in die Slowakei unternahm.


Weltweite Beachtung fand der I. Internationale Kongress für Kriminologie in Rom vom 3.-8. Oktober 1938. Mezger gehörte als Vizepräsident der kriminalbiologischen Gesellschaft und Mitglied der Akademie für deutsches Recht zu der deutschen Delegation und wurde im März 1938 mit den gesamten Vorbereitungen für die deutsche Teilnahme beauftragt.
Mezger war national wie auch international ein angesehener Jurist, der allein im Jahre 1942 Vortragreisen nach Kroatien, Frankreich, Belgien und in die Slowakei unternahm.


===Besuch im Konzentrationslager Dachau===
===Besuch im Konzentrationslager Dachau===
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