Der Mord im Zusammenhang des Tötens: Unterschied zwischen den Versionen

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== Mord als Schlüsselbegriff ==
== Mord als Schlüsselbegriff ==
Die Kriminologie gilt als Wissenschaft vom Verbrechen. Im Gegensatz zur normativen Strafrechtswissenschaft, die sich mit der Lehre von der Straftat und von der Schuld in einem normativen Sinne befasst, ist die Kriminologie, bei aller Theorie, die auch in ihr steckt, vor allem empirisch orientiert und fragt dementsprechend - so jedenfalls die herrschende Meinung - nach den Erscheinungsformen, den Ursachen und den Präventionsmöglichkeiten des Verbrechens.  
'''Die Kriminologie gilt allgemein als Wissenschaft vom Verbrechen.''' Im Gegensatz zur normativ-deontologischen Strafrechtswissenschaft versteht sie sich als hermeneutisch-empirische und damit als Disziplin, die Erscheinungen des Verbrechens beschreibt, sie ursächlich erklärt, motivational versteht und ansonsten nach effektiven Präventionsmöglichkeiten Ausschau hält.  


Was aber ist ein Verbrechen? Hören wir einmal auf drei Antworten. Die erste kommt von der Strafrechtswissenschaft. Ein Verbrechen, sagt der Jurist, ist eine rechtswidrige Tat, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist (§ 12 StGB).
'''Was aber ist ein Verbrechen?''' Strafrechtler sagen: das ist doch ganz klar. Ein Verbrechen ist eine rechtswidrige Tat, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist. Das steht doch schon im Strafgesetzbuch: § 12.


Fragt man eine Kriminologin: was ist eigentlich ein Verbrechen? Dann erhält man zur Antwort: Das kommt darauf an. Es kommt darauf an, in welcher Epoche und wo genau sich jemand befindet und was er dort tut und wie das dort bewertet wird. Oder man erhält zur Antwort die Gegenfrage: meinen Sie ein natürliches Verbrechen, ein malum in se - oder ein malum mere prohibitum? Wenn Ersteres, dann ist ein Verbrechen jedes Verhalten, das grundlegende moralische Empfindungen des Mitleids (pietà) oder der Redlichkeit (probità) verletzt und dementsprechend Abscheu erregt: "Il delitto sociale o naturale è una lesione de quella parte del senso morale, che consiste nei sentimenti altruistici fondamentali (pietà e probità)" (Garofalo 1885: 30).
Das ist ja interessant, sagen wir. Gilt das auch für Holland und Saudi-Arabien? Nein, kommt die Antwort, das gilt natürlich nur für Deutschland. Ach, sagen wir, dann ist also in Deutschland dieses ein Verbrechen und in Holland jenes und in Saudi-Arabien wieder etwas anders? Ja, lautet die Antwort. Natürlich.
 
Viele Wissenschaftler hätten natürlich gerne einen Verbrechensbegriff, der es erlaubte, internationale Vergleiche anzustellen. Und vielleicht sogar historische: also eine Kultur- oder Sozialgeschichte oder eine Rechtsgeschichte des Verbrechens zu schreiben. Gibt es denn keinen allgemeinen Maßstab dafür, was ein Verbrechen ist und was nicht?
 
Nun ja, geben gibt es so etwas schon, aber das ist nicht mehr sehr gut angesehen heutzutage. Das ist der Begriff des natürlichen Verbrechen - von Raffaele Garofalo, spätes 19. Jahrhundert.
 
Ihm zufolge ist wäre es ein ''delitto naturale'' (also, wenn man so will, ein ''malum in se'' im Gegensatz zum ''mere prohibituum''), wenn das Verhalten grundlegende moralische Empfindungen des Mitleids (''pietà'') oder der Redlichkeit (''probità'') verletzte und dementsprechend Abscheu erregte: ''"Il delitto sociale o naturale è una lesione de quella parte del senso morale, che consiste nei sentimenti altruistici fondamentali (pietà e probità)"'' (Garofalo 1885: 30).


Fragen Sie nie eine Biologin nach dem Begriff des Lebens, nie einen Volkswirt nach dem Begriff des Geldes, schon gar nicht eine Theologin nach dem Gottesbegriff und am besten nie und nimmer einen Kriminologen nach dem Begriff des Verbrechens.  
Fragen Sie nie eine Biologin nach dem Begriff des Lebens, nie einen Volkswirt nach dem Begriff des Geldes, schon gar nicht eine Theologin nach dem Gottesbegriff und am besten nie und nimmer einen Kriminologen nach dem Begriff des Verbrechens.  
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