Raschid ad-Din Sinan, genannt "Der Alte vom Berge" (auch: Sinan ibn Salman, arabisch: رشيد الدين سنان) war ein Anführer der ismailitischen Assassinen in Syrien. Er wurde vermutlich in der Nähe von Basra um 1132/1135 geboren und starb zwischen 1192 und 1194 auf der Burg Al-Kahf. Er gilt als der größte und unabhängigste aller Assassinenführer, Gegenspieler und Verbündeter Saladins sowie als entscheidende Figur im Dritten Kreuzzug. Aufgrund seiner gefürchteten Macht, seine Männer jederzeit in den Tod schicken zu können, tritt er in einer ganzen Reihe fiktionaler Literatur auf.

Raschid ad-Din Sinan führt vor, wie sich seine Männer auf Befehl umbringen

Begriffserläuterungen

Leben

Raschid ad-Din Sinans Geburtsort ist vermutlich das in der Nähe von Basra gelegene Dorf Aqral-Sudan im Südirak. Laut seiner Biographie war er der Sohn eines angesehen Bürgers Basra, was ihm zu einem höheren Bildungsstand verhalf. Nach einem nicht näher erläuterten Geschehniss zwischen ihm und seinen Brüdern verließ Sinan seine Heimat und wanderte nach Alamut, einer Bergfestung in den Dailamiten, die damals vom ismailitischen Assassinenführer Kija Muhammad beherrscht wurde. Dessen Sohn und Nachfolger Hasan II., der gemeinsam mit Sinan in Alamut unterrichtet worden war, schickte letzteren 1162 nach Syrien, um die von Hasan proklamierte Auferstehung unter den dortigen Ismailiten zu verkünden und zu verbreiten. Sinan stellte sich jedoch gegen die neue Doktrin des Verbots der Befolgung islamischer Gesetze und ließ Fastenbrecher, Trinker und andere "Ekstatiker" vernichten. Anschließend eroberte und befestigte er Burgen, um sich als Anführer der syrischen Ismailiten zu etablieren und seinen Machtbereich zu erweitern. Raschid ad-Din Sinan erwehrte sich mehrerer Attentatsversuche aus Alamut, wo man sich vor dessen Machtusurpiation aller Assassinen fürchtete, und wurde zum einzig bekannten, politisch von Alamut unabhängigen Assassinenführer. In seiner ca. 30 Jahre andauernden Herrschaft über große Teile Nordsyriens war er Auftraggeber mehrerer Assassinate auf sunnitische Muslime sowie auf Christen während des Dritten Kreuzzuges. So erfolgten Attentatsversuche auf Saladin, den Herrscher Ägyptens, mit Hilfe des Aleppo regierenden Zengiden Gümüschtigin, worauf Saladin mit strengen Sicherheitsvorkehrungen und einigen eher zaghaften Gegenangriffen reagierte. Der später offensichtlich entstandene Waffenstillstand zwischen Saladin und dem Alten vom Berge ist von Legenden umrankt, in denen zumeist von Saladins Furcht vor den Assassinen und daraus resultierenden Vermittlungen ausgegangen wird. Nach dem Assassinat an Konrad von Montferrat wurde es schließlich ruhiger bei den syrischen Ismailiten. Damit in Verbindung steht sicherlich der Tod Raschid ad-Din Sinans innerhalb der Jahre 1192 und 1194, denn sein persischer Nachfolger Nasr unterstellte sich wieder der Autorität Alamuts und verlor dadurch an Macht im Norden Syriens, die sich der Alte vom Berge Jahre lang aufgebaut hatte.

Assassinate und -versuche

  • Der Alte vom Berge versuchte mindestens zweimal, das damalige sunnitische Machtoberhaupt Saladin zu töten. So schickte er um die Jahreswende 1174/1175 mehrere seiner Männer ins Lager des Sultans, welche jedoch von einem Emir erkannt und zur Rede gestellt wurden. Es folgte ein für die Assassinen tödliches Durcheinander, indem Saladin jedoch unverletzt blieb. Im Mai 1176 erfolgte ein weiterer Angriff auf den ägyptischen Herrscher: Während einer Belagerung attackierten als dessen Soldaten verkleidete Assassinen den Sultan. Wieder konnten seine Emire den Angriff zurückschlagen; Saladin erlitt aufgrund seines Harnischs nur ungefährliche Stichwunden. Das genaue Motiv Sinans, Saladin zu töten, ist schwer zu ermitteln. So ist nicht ersichtlich, welchen genauen Hintergrund die Konspiration mit den Saladin feindlich gesinnten Zengiden hatte, nämlich ob Gümüschtigin Sinan mit den Attentaten beauftragt hatte oder die Assassinen ein eigenes Interesse an der Ermordung Saladins verfolgten. Ist letzteres der Fall, könnte natürlich der große Machtfaktor des ägyptischen Herrschers im muslimischen Syrien der Grund gewesen sein. Allerdings stellen auch einige nicht exakt datierte Überfalle Saladins auf ismailitische Orte und Festungen ein mögliches Motiv dar. Fest steht jedoch, dass es nach einem abgebrochenen Belagerungsversuch der Festung Masjaf durch Saladin 1176 zu keinen weiteren Anfeindungen zwischen Sinan und seinem Widersacher kam.
  • Im August 1177 kam es zum Assassinat Schihab al-Din ibn al-Adschamis, einem Wesir des Zenginenherrschers al-Malik al-Salih in Aleppo. Das Motiv war hier möglicherweise die Schwächung und Zerschlagung der zenginischen Einheit. So gibt es Gerüchte bezüglich der Beteiligung Gümüschtigin, der demnach die Macht über Aleppo anstrebte, und Sinan mit einer gefälschten Unterschrift al-Malik al-Salihs um Tötung des Wesirs gebeten haben soll.
  • Das aus Sicht der Assassinen größte geglückte Attentat erfolgte im April 1192 am König von Jerusalem, dem Markgrafen Konrad von Montferrat. Sinans Männer hatten sich als christliche Mönche verkleidet und sich das Vertrauen Konrads und des Bischofs in Jerusalem erschlichen. Mehrere Quellen gehen davon aus, dass Richard Löwenherz selbst die Assassinen zu dieser Tötung angestiftet haben soll. Allerdings werden auch Thesen vertreten, nach denen entweder Saladin den Auftrag gegeben haben oder Sinan aus eigenem Antrieb gehandelt haben soll.

Darstellung in Literatur und Medien

Literatur und Weblinks