Defensible space - theory ("Raumverteidigungstheorie" / Theorie des wehrhaften bzw. verteidigungsfähigen Raumes): Unterschied zwischen den Versionen

keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 75: Zeile 75:
Ergänzend hierzu lassen sich die Untersuchungen von Schwind in Bochum anführen, wonach überproportional viele Tatverdächtige in Gebieten mit schwacher Sozialstruktur wohnen und die Baustruktur hingegen nur eine mittelbare Rolle spielt (vgl. Schwind 2004: 306).
Ergänzend hierzu lassen sich die Untersuchungen von Schwind in Bochum anführen, wonach überproportional viele Tatverdächtige in Gebieten mit schwacher Sozialstruktur wohnen und die Baustruktur hingegen nur eine mittelbare Rolle spielt (vgl. Schwind 2004: 306).


Weiterhin wurde an Newmans Ansatz kritisiert, dass durch die Abkapselung einer Gebietseinheit eine Feindbildhaltung gegenüber Fremden und der Umgebung aufgebaut werden kann, die im weiteren Verlauf zu erhöhter Viktimisierungsangst führen kann (vgl. Kube 1982: 59), ungeachtet der Tatsache, dass ein nicht unerheblicher Teil der Kriminalität innerhalb der Gebietseinheit entsteht (vgl. Schwind 2004: 304. Darüber hinaus wird die Überbewertung der Effektivität der rein baulichen Maßnahmen zulasten der notwendigen sozialen Begleitmaßnahmen kritisiert, die allerdings sukzessive von Newman relativiert und um den Einfluss soziodemographischer Faktoren der Bewohnerschaft ergänzt wurden (vgl. Kube 1982: 27, 59 f.).  
Weiterhin wurde an Newmans Ansatz kritisiert, dass durch die Abkapselung einer Gebietseinheit eine Feindbildhaltung gegenüber Fremden und der Umgebung aufgebaut werden kann, die im weiteren Verlauf zu erhöhter Viktimisierungsangst führen kann (vgl. Kube 1982: 59), ungeachtet der Tatsache, dass ein nicht unerheblicher Teil der Kriminalität innerhalb der Gebietseinheit entsteht (vgl. Schwind 2004: 304). Darüber hinaus wird die Überbewertung der Effektivität der rein baulichen Maßnahmen zulasten der notwendigen sozialen Begleitmaßnahmen kritisiert, die Newman allerdings sukzessive relativierte und um den Einfluss soziodemographischer Faktoren der Bewohnerschaft ergänzte (vgl. Kube 1982: 27, 59 f.).  


Um die Übertragbarkeit der Aussagen des Defensible-Space-Modells von Newman auf deutsche Wohnverhältnisse zu überprüfen, führte Rolinski im Auftrag des Bundeskriminalamtes 1980 eine empirische Studie zu der Frage durch, ob die Wohnhausarchitektur Einfluss auf das Kriminalitätsvorkommen hat (vgl. Rolinski 1980: 49 ff.). In unterschiedlichen Großwohnanlagen in München und Regensburg wurde die empirische Studie durchgeführt. Die Untersuchungsgebiete München und Regensburg wiesen teilweise die baulich geforderten Merkmale im Sinne der Defensible-Space-Theorie auf, dennoch konnte entgegen bis dahin aufgestellter Behauptungen zwischen Baustruktur und Kriminalität kein signifikanter Zusammenhang in der Weise festgestellt werden, dass eine spezifische Bauform, etwa in Form des Hochhauses, die Höhe der Kriminalität im und um das Wohngebäude unmittelbar und allein beeinflusst (vgl. ebd.: 217). Allerdings stellte Rolinski fest, dass verschiedene Baumerkmale des Defensible-Space-Ansatzes tatsächlich signifikant positive Auswirkungen auf die Dichte der Interaktionsstruktur der Bewohner haben. Weiterhin war eine verstärkte Abwehrbereitschaft (z. B. durch Installation von Sicherungstechnik) bei Bewohnern von Hochhäusern zu verzeichnen, die nicht über bauliche Merkmale der Defensible-Space-Erklärung  verfügten (vgl. Kube 1982: 56).  
Um die Übertragbarkeit der Aussagen des Defensible-Space-Modells von Newman auf deutsche Wohnverhältnisse zu überprüfen, führte Rolinski im Auftrag des Bundeskriminalamtes 1980 eine empirische Studie zu der Frage durch, ob die Wohnhausarchitektur Einfluss auf das Kriminalitätsvorkommen hat (vgl. Rolinski 1980: 49 ff.). In unterschiedlichen Großwohnanlagen in München und Regensburg wurde die empirische Studie durchgeführt. Die Untersuchungsgebiete München und Regensburg wiesen teilweise die baulich geforderten Merkmale im Sinne der Defensible-Space-Theorie auf, dennoch konnte entgegen bis dahin aufgestellter Behauptungen zwischen Baustruktur und Kriminalität kein signifikanter Zusammenhang in der Weise festgestellt werden, dass eine spezifische Bauform, etwa in Form des Hochhauses, die Höhe der Kriminalität im und um das Wohngebäude unmittelbar und allein beeinflusst (vgl. ebd.: 217). Allerdings stellte Rolinski fest, dass verschiedene Baumerkmale des Defensible-Space-Ansatzes tatsächlich signifikant positive Auswirkungen auf die Dichte der Interaktionsstruktur der Bewohner haben. Weiterhin war eine verstärkte Abwehrbereitschaft, z. B. durch Installation von Sicherungstechnik, bei Bewohnern von Hochhäusern zu verzeichnen, die nicht über bauliche Merkmale der Defensible-Space-Erklärung  verfügten (vgl. Kube 1982: 56).  


Auch nach den Ergebnissen der Studie von Rolinski müssen die teilweise detaillierten Aussagen Newmans zum Zusammenhang von einzelnen architektonischen Merkmalen und deren direkten Auswirkungen auf die Kriminalität kritisch hinterfragt werden.  
Auch nach den Ergebnissen der Studie von Rolinski müssen die teilweise detaillierten Aussagen Newmans zum Zusammenhang von einzelnen architektonischen Merkmalen und deren direkten Auswirkungen auf die Kriminalität kritisch hinterfragt werden.  
Zeile 115: Zeile 115:
== Weblinks ==
== Weblinks ==


Newman, Oscar (1996): Creating Defensible Space. Washington DC: U.S. Department of Housing and Urban Development. Office of Policy Development and Research.
Newman, Oscar (1996): "Creating Defensible Space." https://www.huduser.gov/publications/pdf/def.pdf
https://www.huduser.gov/publications/pdf/def.pdf
[15.02.2017]
[15.02.2017]


Rolinski, Klaus (1980): Wohnhausarchitektur und Kriminalität. BKA-Forschungsreihe Bd. 13. Wiesbaden: Bundeskriminalamt.
Rolinski, Klaus (1980): "Wohnhausarchitektur und Kriminalität. BKA-Forschungsreihe Bd. 13." https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/BkaForschungsreihe/2_13_WohnhausarchitekturUndKriminalitaet.html
https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/BkaForschungsreihe/2_13_WohnhausarchitekturUndKriminalitaet.html
[15.02.2017]
[15.02.2017]


Schubert, Herbert; Spiekermann, Holger; Veil, Katja (2007): „Sicherheit durch präventive Stadtgestaltung - Deutschland und Großbritannien.“ In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Aus Politik und Zeitgeschichte 12/2007. Innere Sicherheit im Wandel. S. 32.
Schubert, Herbert; Spiekermann, Holger; Veil, Katja (2007): "Sicherheit durch präventive Stadtgestaltung - Deutschland und Großbritannien." http://www.bpb.de/apuz/30586/sicherheit-durch-praeventive-stadtgestaltung-deutschland-und-grossbritannien?p=all
http://www.bpb.de/apuz/30586/sicherheit-durch-praeventive-stadtgestaltung-deutschland-und-grossbritannien?p=all
[15.02.2017]
[15.02.2017]


Schwind, Hans-Dieter (1978): Empirische Kriminalgeographie. Bestandsaufnahme und Weiterführung am Beispiel von Bochum („Kriminalitätsatlas Bochum“). BKA-Forschungsreihe Bd. 8. Wiesbaden: Bundeskriminalamt.
Schwind, Hans-Dieter (1978): "Empirische Kriminalgeographie. Bestandsaufnahme und Weiterführung am Beispiel von Bochum („Kriminalitätsatlas Bochum“). BKA-Forschungsreihe Bd. 8."
https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/BkaForschungsreihe/2_08_EmpirischeKriminalgeographie.html
https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/BkaForschungsreihe/2_08_EmpirischeKriminalgeographie.html
[15.02.2017]
[15.02.2017]


Schwind, Hans-Dieter; Ahlborn, Wilfried; Weiß, Rüdiger (1989): Dunkelfeldforschung in Bochum 1986/87. Eine Replikationsstudie. BKA-Forschungsreihe Bd. 21. Wiesbaden: Bundeskriminalamt.
Schwind, Hans-Dieter; Ahlborn, Wilfried; Weiß, Rüdiger (1989): "Dunkelfeldforschung in Bochum 1986/87. Eine Replikationsstudie. BKA-Forschungsreihe Bd. 21." https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/BkaForschungsreihe/2_21_DunkelfeldforschungInBochum1986_87.html
https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/BkaForschungsreihe/2_21_DunkelfeldforschungInBochum1986_87.html
[15.02.2017]
[15.02.2017]


Stummvoll, Günter (2002): CPTED - Kriminalprävention durch Gestaltung des öffentlichen Raumes. Wien: Institut für höhere Studien.
Stummvoll, Günter (2002): "CPTED - Kriminalprävention durch Gestaltung des öffentlichen Raumes." http://www.veilig-ontwerp-beheer.nl/publicaties/cpted-kriminalpravention-durch-gestaltung-des-offenlichen-raumes
http://www.veilig-ontwerp-beheer.nl/publicaties/cpted-kriminalpravention-durch-gestaltung-des-offenlichen-raumes
[15.02.2017]
[15.02.2017]


Zentrale Geschäftsstelle Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (o. J.): Städtebau und Kriminalprävention. Eine Broschüre für die planerische Praxis. Stuttgart: Eigenverlag.
Zentrale Geschäftsstelle Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (o. J.): "Städtebau und Kriminalprävention. Eine Broschüre für die planerische Praxis." http://www.polizei-beratung.de/fileadmin/upload/Polizei-Beratung/Germany/Medienportal/Medien/Handreichungen/HR_Staedtebau-und-Kriminalpraevention_2003-12.pdf
http://www.polizei-beratung.de/fileadmin/upload/Polizei-Beratung/Germany/Medienportal/Medien/Handreichungen/HR_Staedtebau-und-Kriminalpraevention_2003-12.pdf
[15.02.2017]
[15.02.2017]
30

Bearbeitungen