Burschenschaften: Unterschied zwischen den Versionen

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Nach dem Sieg über Napoleon (1813/14) schlossen sich in Jena aus dem Krieg zurückkehrende Studenten zu einer verbindungsübergreifenden Wehrschaft zusammen. Ähnliche Vereinigungen gab es auch in Gießen und Halle.
Nach dem Sieg über Napoleon (1813/14) schlossen sich in Jena aus dem Krieg zurückkehrende Studenten zu einer verbindungsübergreifenden Wehrschaft zusammen. Ähnliche Vereinigungen gab es auch in Gießen und Halle.


Mit dem Ausgang des Wiener Kongresses (1815) entstand weder die erwartete nationale Einheit Deutschlands noch eine gesamtdeutsche Verfassung, sondern der Deutsche Bund. Der darüber herrschende Unmut der Studenten führte dazu, dass am 12. Juni 1815 in Jena die „Urburschenschaft“ gegründet wurde, indem sich die bisherigen studentischen Vereinigungen in Jena auflösten und eine einzige Burschenschaft gründeten.  
Mit dem Ausgang des Wiener Kongresses (1815) entstand weder die erwartete nationale Einheit Deutschlands noch eine gesamtdeutsche Verfassung, sondern der Deutsche Bund. Der darüber herrschende Unmut der Studenten führte dazu, dass am 12. Juni 1815 in Jena die „Urburschenschaft“ gegründet wurde, indem sich die bisherigen studentischen Vereinigungen in Jena auflösten und zu einer einzigen Burschenschaft zusammenschlossen.  


Am 18. Oktober 1817 lud die „Urburschenschaft“ nahezu alle protestantischen Universitäten und Studentenschaften zum sogenannten „Wartburgfest“ bei Eisenach ein. Bei dem wichtigsten Ereignis in der Gründungsgeschichte erschienen von ca. 8.500 gesamtdeutschen Studenten etwa 500 auf der Wartburg und fassten 35 Grundsätze und 12 Beschlüsse zur Schaffung eines einheitlichen Deutschlands und der Zusammenführung der Studentenschaft in die einheitliche Organisation der „Allgemeinen Deutschen Burschenschaft“ als Gesamtverband. Daneben wurde die Festlegung der deutschen Nationalfarben (schwarz-rot-gold) und das Bekenntnis zu einer einheitlichen Nationalität beschlossen. Christ-Sein und Deutsch-Sein wurde identisch, was schon in der Anfangszeit der Burschenschaften die Neigung zum Antisemitismus offenbarte. Dieser Grundstein hatte weitreichende Folgen für die Geschichte der Burschenschaften und des Nationalismus im Deutschland des 19. und 20. Jahrhunderts.  
Am 18. Oktober 1817 lud die „Urburschenschaft“ nahezu alle protestantischen Universitäten und Studentenschaften zum sogenannten „Wartburgfest“ bei Eisenach ein. Bei dem wichtigsten Ereignis in der Gründungsgeschichte erschienen von ca. 8.500 gesamtdeutschen Studenten etwa 500 auf der Wartburg und fassten 35 Grundsätze und 12 Beschlüsse zur Schaffung eines einheitlichen Deutschlands und der Zusammenführung der Studentenschaft in die einheitliche Organisation der „Allgemeinen Deutschen Burschenschaft“ als Gesamtverband. Daneben wurden die Festlegung der deutschen Nationalfarben (schwarz-rot-gold) und das Bekenntnis zu einer einheitlichen Nationalität beschlossen. Christ-Sein und Deutsch-Sein wurde identisch, was schon in der Anfangszeit der Burschenschaften die Neigung zum Antisemitismus offenbarte. Dieser Grundstein hatte weitreichende Folgen für die Geschichte der Burschenschaften und des Nationalismus im Deutschland des 19. und 20. Jahrhunderts.  


Die deutschen Burschenschaften fassten sich auf einem Burschentag am 20. Juli 1881 in Eisenach erstmals unter einem Dachverband zusammen. Diesem „Allgemeinen Deputierten Convent“ schlossen sich 41 der 43 existierenden Burschenschaften an und er bestand, ab dem 22. Mai 1902 unter dem Namen „Deutsche Burschenschaft“, bis zur Gleichschaltung mit dem „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund“ im Jahre 1933 fort.
Die deutschen Burschenschaften fassten sich auf einem Burschentag am 20. Juli 1881 in Eisenach erstmals unter einem Dachverband zusammen. Diesem „Allgemeinen Deputierten Convent“ schlossen sich 41 der 43 existierenden Burschenschaften an und er bestand, ab dem 22. Mai 1902 unter dem Namen „Deutsche Burschenschaft“, bis zur Gleichschaltung mit dem „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund“ im Jahre 1933 fort.
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Dieser Eindruck beruht zum einen auf Übereinstimmungen mit der NS-Ideologie, wie dem völkischen Nationalismus und Antisemitismus, zum anderen auf aktuellen Ereignissen. Im Jahr 2011 wurde beispielsweise auf dem Burschentag der Deutschen Burschenschaft ein Antrag auf Ausschluss einer Burschenschaft eingebracht, weil diese einen Deutschen mit Migrationshintergrund als Mitglied aufgenommen hatte.
Dieser Eindruck beruht zum einen auf Übereinstimmungen mit der NS-Ideologie, wie dem völkischen Nationalismus und Antisemitismus, zum anderen auf aktuellen Ereignissen. Im Jahr 2011 wurde beispielsweise auf dem Burschentag der Deutschen Burschenschaft ein Antrag auf Ausschluss einer Burschenschaft eingebracht, weil diese einen Deutschen mit Migrationshintergrund als Mitglied aufgenommen hatte.


Insgesamt reicht das Spektrum politischer Einordnung deutscher Burschenschaften von liberal bis rechts-konservativ. Eine einheitliche politisches Anschauung existiert nicht. Aufgrund interner Unstimmigkeiten spalteten sich 1996 mehrere Bünde von dem rechts-konservativen Dachverband der „Deutschen Burschenschaft“ ab und gründeten die weit liberalere „Neue Deutsche Burschenschaft“. Im Jahr 2016 gründete sich die „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ als dritter Dachverband. Dieser Verband steht für eine konservative Politik unter klarer Abgrenzung zum Rechtsextremismus.
Insgesamt reicht das Spektrum politischer Einordnung deutscher Burschenschaften von liberal bis rechts-konservativ. Eine einheitliche politische Anschauung existiert nicht. Aufgrund interner Unstimmigkeiten spalteten sich 1996 mehrere Bünde von dem rechts-konservativen Dachverband der „Deutschen Burschenschaft“ ab und gründeten die weit liberalere „Neue Deutsche Burschenschaft“. Im Jahr 2016 gründete sich die „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ als dritter Dachverband. Dieser Verband steht für eine konservative Politik unter klarer Abgrenzung zum Rechtsextremismus.


===Zusammenhang mit Linksextremismus===
===Zusammenhang mit Linksextremismus===
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Alexandra Kurth (2003): „Männer-Bünde-Rituale“, Frankfurt am Main/New York
* Anfrage an den Deutschen Bundestag (2014), Drucksache 18/1736  
* Anfrage an den Deutschen Bundestag (2014), Drucksache 18/1736  
* Anfrage an den Hessischen Landtag (2015), Drucksache 19/1759
* Anfrage an den Hessischen Landtag (2015), Drucksache 19/1759
* Anke Beyer, Johann Knigge, Lasse Koch, Robert Kocher, Felix Krebs, Ines Meyer u.a. (2000): „>>… und er muss deutsch sein…<<“ , Hamburg
* Bayrisches Ministerium des Inneren: Verfassungsschutzbericht 2015
* Bayrisches Ministerium des Inneren: Verfassungsschutzbericht 2015
* Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth und Gerhard Schäfer (1997): „Blut und Paukboden. Eine Gesichte der Burschenschaften“, Frankfurt am Main
* Dietrich Heither (2000): „Verbündete Männer. Die Deutsche Burschenschaft - Weltanschauung, Politik und Brauchtum“, Köln
* Hans-Georg Balder (2005): „Die Deutschen Burschenschaften“, Hilden
* Hans-Georg Balder (2005): „Die Deutschen Burschenschaften“, Hilden
* Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth und Gerhard Schäfer (1997): „Blut und Paukboden. Eine Gesichte der Burschenschaften“, Frankfurt am Main
* Hessisches Ministerium des Inneren: Verfassungsschutzbericht 2015
* Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (1992): „Füxe, Burschen, Alte Herren: studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute“, Köln
* Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (1992): „Füxe, Burschen, Alte Herren: studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute“, Köln
* Hessisches Ministerium des Inneren: Verfassungsschutzbericht 2015
* Alexandra Kurth (2003): „Männer-Bünde-Rituale“, Frankfurt am Main/New York
* Anke Beyer, Johann Knigge, Lasse Koch, Robert Kocher, Felix Krebs, Ines Meyer u.a. (2000): „>>… und er muss deutsch sein…<<“ , Hamburg
* Dietrich Heither (2000): „Verbündete Männer. Die Deutsche Burschenschaft - Weltanschauung, Politik und Brauchtum“, Köln


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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