Biopiraterie: Unterschied zwischen den Versionen

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In der bislang seit über zwei Jahrzehnten andauernden Diskussion kristallisierten sich ''zwei partial überlappende Begriffe'' heraus;  deren Verwendungen gleichzeitig eine Art `''Positionierung''´ zu dieser Thematik mit liefert. Während `''Biopiraterie''´ gerne durch Kritiker verwendet wird, bedienen sich Befürworter vorzugsweise des Begriffs der  `''[[Bioprospektion]]''´.<ref>Nigel South (2007) The 'corporate colonisation of natur': Bio-prospecting, biopiracy and the development of green criminology. In: Piers Beirne & Nigel South (Hrsg.) Issues in Green Criminology. Confronting harms against environments, humanity and other animals. Willan Pub., Cullompton, UK, [[ISBN978-1843922209]]</ref>  
In der bislang seit über zwei Jahrzehnten andauernden Diskussion kristallisierten sich ''zwei partial überlappende Begriffe'' heraus;  deren Verwendungen gleichzeitig eine Art `''Positionierung''´ zu dieser Thematik mit liefert. Während `''Biopiraterie''´ gerne durch Kritiker verwendet wird, bedienen sich Befürworter vorzugsweise des Begriffs der  `''[[Bioprospektion]]''´.<ref>Nigel South (2007) The 'corporate colonisation of natur': Bio-prospecting, biopiracy and the development of green criminology. In: Piers Beirne & Nigel South (Hrsg.) Issues in Green Criminology. Confronting harms against environments, humanity and other animals. Willan Pub., Cullompton, UK, [[ISBN978-1843922209]]</ref>  
Die beiden Begriff `''Biopiraterie''´ und `''Bioprospektion''´ werden von manchen Autoren u.a. Christine Godt (2004) und Johan Ragnar (2004) vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sachverhalte ''parallel verwendet''.
Die beiden Begriff `''Biopiraterie''´ und `''Bioprospektion''´ werden von manchen Autoren u.a. Christine Godt (2004) und Johan Ragnar (2004) vor dem Hintergrund unterschiedlicher Sachverhalte ''parallel verwendet''.
== rechtlichen Aspekte==
Die Diskussion über Biopiraterie und einer illegitimen Aneignung von biologischen Ressourcen und traditionellem Wissen auf Basis des geistigen Eigentumsrechtes  wird  vor dem Hintergrund von  Handels –, Völker-  und Menschenrechten geführt.
Der Schutz des geistigen Eigentums erfolgt auf transnationaler Ebene für Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) durch die TRIPS- Abkommen aus dem Jahr 1995. Diese handelsbezogenen Aspekte am  geistigen Eigentum  sehen vor, dass Nicht-Mitgliedsstaaten, die Zutritt zu den Märkten der Mitgliedsstaaten der WTO erlangen möchten, den Abkommen beitreten und diese in ihr nationales Recht überführen.  Zum Schutz des geistigen Eigentums werden  Patente lediglich natürlich einzelnen oder juristischen Personen zugesprochen.
Der Schutz der biologischen Vielfalt, der Zugangs- und Nutzungsrechte von biologischen Ressourcen und eines angemessenen Vorteilsausgleiches für Gemeinschaften mit traditionellem Wissen, soll durch das Übereinkommen über die biologische Vielfalt  (CBD) aus dem Jahr 1993 erfolgen.
Die Allgemeinen Erklärungen der Vereinten Nationen zu  Menschenrechten und den Rechten indigener Gemeinschaften betonen in Ihren Grundsätzen individuale und kollektive Rechte gegenüber dem Staat, wodurch indigenen und lokalen Gemeinschaften u.a. der  Schutz traditionellen Wissens, als eine Form des kollektiven Eigentums zugesprochen wird. 
Die Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und die menschenrechtlichen Erklärungen sind völkerrechtlich verbindliche Abkommen, die sich gegenseitig Stützen und miteinander in Einklang stehen.  Allerdings kommt es zu einer Kollision zwischen Handels- und Völkerrechten, indem die CBD, die Rechte indigener Völker und die TRIPS-Abkommen als völkerrechtlich verbindliche Abkommen in einem unklaren Verhältnis zueinander stehen<ref>http://www.biopiraterie.de/fileadmin/pdf/hintergrund/cbd-trips-konflikt.pdf </ref>.
Der Diskurs über die Vereinbarkeit von Handels- und Völkerrechten wird getragen von den grundsätzlich gegenläufigen Schutzrichtungen beider Rechtsbereiche.
Die TRIPS-Abkommen negieren indigenes bzw. traditionelles Wissen als Eigentumsform, die zu schützen wäre.  Zum einen wird in der Folge geistiges Eigentum durch Patente an einzelne Personen transformiert und andere, indigene oder lokale Gemeinschaften werden (indirekt) von diesem Prozess ausgeschlossen. <ref>Elisa Träger (2008) Bioprospektion und indigene Rechte. Der Konflikt um die Nutzung von Bioressourcen. Masterthesis. Philosophische Fakultät- Universität zu Köln, Köln </ref>Eine vorab informierte Zustimmung durch die lokalen Gemeinschaften wird nicht eingeholt.  Dies führt zu einer Kollision der TRIPS-Abkommen mit den Rechten indigener Völker, die traditionelles Wissen indigener und lokaler Gemeinschaften schützen sollen und diesen die alleinige Kontrolle über damit verbundene biologische Ressourcen zusprechen. Die Rechte indigener Völker stoßen an ihre Grenzen, da sie einerseits nicht hinreichend definieren können, welche Gemeinschaften den Indigenen zugehörig sind und anderseits keine verbindlichen Sanktionen für Verstöße gegen diese Rechte erklärt werden.  Die TRIPS-Abkommen übergehen somit nicht nur die Rechte indigener Völker und setzen diese außer Kraft, sondern untergraben auch das Übereinkommen über die biologische Vielfalt, was zu diesem Fall ähnliche Formulierungen enthält.<ref>http://www.eed.de//fix/files/doc/eed_091205_Patentrechte_Menschenrechte_2009_de.pdf </ref>
Zum anderen lässt der Sortenschutz mit dem  Saatgutverkehrsgesetz unberücksichtigt, dass in der Agrarwirtschaft bisher ein Großteil der Pflanzen konventionell gezüchtet, Saatgut gesammelt, aufgehoben und getauscht wurde.  Diese traditionellen Vorgehensweisen werden durch die TRIPS-Abkommen untersagt und kriminalisiert. Diese rechtlichen Normen der TRIPS-Abkommen  untergraben die Übereinkommen über biologische Vielfalt, die den Schutz traditionellen Wissens und traditioneller Vorgehensweisen als notwendig für den Erhalt der biologischen Vielfalt ansieht. <ref>Vandana Shiva (2001) Protect or plunder? Understanding intellectual property rights Zed Books, London [u.a], [[ISBN 0864865147]]</ref>.
In den TRIPS-Abkommen werden  angemessene, rechtlich regulierte Vorteilsausgleiche zwischen Patentinhabern und lokalen Gemeinschaften nicht berücksichtigt. Es wird im Gegenteil sogar verhindert, dass ein staatlicher Schutz gegen die Patentierbarkeit von biologischen Ressourcen zum Schutz des Gemeinwohles installiert wird, da dieses gegen internationale Handelsabkommen verstoßen würde. <ref>Vandana Shiva (2001) Protect or plunder? Understanding intellectual property rights Zed Books, London [u.a], [[ISBN 0864865147]]</ref> Das Übereinkommen über biologische Vielfalt berücksichtigt zwar einen angemessenen Ausgleich von zu erwartenden Vorteilen, jedoch liegen hierzu bislang keine gesetzlichen Vereinbarungen vor, obwohl dies ein Kernpunkt der CBD darstellt soll.  <ref>Elisa Träger (2008) Bioprospektion und indigene Rechte. Der Konflikt um die Nutzung von Bioressourcen. Masterthesis. Philosophische Fakultät- Universität zu Köln, Köln </ref> 
Nach einer weit verbreiteten Auffassung ergibt sich die Unvereinbarkeit beider völkerrechtlicher Abkommen aus Art.15 des Übereinkommens über die biologische Vielfalt.  Hiernach bedarf es bei einer Nutzung von genetischen Ressourcen einer Zustimmung durch die lokale Gemeinschaft und eines angemessen, rechtlich regulierten Vorteilsausgleiches. <ref> http://telc.jura.uni-halle.de/sites/default/files/altbestand/Heft18.pdf  </ref> Durch die TRIPS-Abkommen werden lokale Gemeinschaften übergangen und etwaige Vorteilsausgleiche nicht berücksichtigt.
Es gelingt nicht durch das Übereinkommen über die biologische Vielfalt, traditionelles Wissen und das geistige Eigentumsrecht in ein widerspruchfreies Verhältnis  zueinander zu bringen.  Nach Christine  Godt (2004) entsteht hieraus ein Konflikt, indem zwar, dass „zunehmend ins Vorfeld verlagernde Patentrecht ein Gegengewicht“ erhält, letztendlich aber durch die Konvention über biologische Vielfalt (CBD) „ein »Kollisionsrecht« an der Grenze zweier Rechtsbereiche" entsteht <ref>Christine  Godt (2004) Von der Biopiraterie zum Biodiversitätsregime – Die sog. Bonner Leitlinien als Zwischenschritt zu einem CBD-Regime über Zugang und Vorteilsausgleich. Zeitschrift für Umweltrecht 15(4):202–212.</ref>.
Das Verhältnis der TRIPS-Abkommen und CBD zueinander muss umfassend geklärt werden und im Falle einer Unvereinbarkeit beider hätten die „TRIPS als jüngeres Abkommen zwischen Staaten, die an beiden Abkommen beteiligt sind, den Vorrang nach Art.30 Abs.4  i.V.m.  Abs.3 der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK)“  <ref> http://telc.jura.uni-halle.de/sites/default/files/altbestand/Heft18.pdf  </ref>.
Eine Studie im Auftrag der Friedrich Ebert Stiftung (2003) stellt heraus, dass ein hinreichender Schutz von Menschenrechten in Einklang mit Handelsabkommen nur erfolgen kann, wenn letztere „ausdrückliche Vorschriften enthalten, aus denen sich die jeweiligen Respektierungs-, Schutz- und Erfüllungspflichten gegenüber den einschlägigen Menschenrechten ergeben“  <ref> http://library.fes.de/pdf-files/iez/01950.pdf </ref>.  Die TRIPS- Abkommen sollen dahingehend ergänzt werden „dass im Fall einer Kollision zwischen staatlichen Pflichten aus den Verträgen und aus Menschenrechten letztere den Vorrang haben“ <ref> http://library.fes.de/pdf-files/iez/01950.pdf </ref>.
Aushandlungsprozesse von Normsetzung sowie Normendurchsetzung von Menschen- und Völkerrechte sind Ergebnis internationaler Machtkonstellationen von Staaten <ref>Koenig, Matthias (2005) Menschenrechte. Campus Verlag. Frankfurt.</ref>. Diese Rechte sind im Vergleich zu Handelsabkommen viel zu vage formuliert und häufig führt eine nicht Kodifizierung in nationalstaatliche sui- generies Rechte zu einer verminderten Durchsetzungsfähigkeit und fehlenden Sanktionsmöglichkeit beim Verstoß gegen diese Rechte.  In Folge ist eine Anklage wegen Verstößen gegen die Menschenrechte schwer bis gar nicht gerichtlich durchsetzbar, da es keinen Gerichtshof für Menschenrechte gibt.  Am [http://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Strafgerichtshof  Internationalen Strafgerichtshof] engl. International Criminal Court, ICC) und nationalen Gerichtshöfen werden zwar Menschrechtsverbrechen verhandelt, jedoch nur Verbrechen gegen die Menschlichkeit und nicht alle Menschenrechtsverletzungen. Natürlich einzelne Personen haben keinerlei Möglichkeit Verstöße gegen Menschenrechte geltend zu machen.


==Illegitime und illegale Prozesse der Biopiraterie'''==
==Illegitime und illegale Prozesse der Biopiraterie'''==
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