Bindungstheorie: Unterschied zwischen den Versionen

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===Väter und Mütter===
===Väter und Mütter===
John C. '''Bowlby''' (1907-1990), eigentlich aus der Psychoanalyse kommend, entwickelte aus Erkenntnissen seiner klinischen Arbeit in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts die Theorie der Bindung (engl.: "attachment"). Diese Theorie wurde in der Folge und wird seitdem von einer großen Zahl an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter verfolgt. Die bekanntesten aus der ersten Zeit sind Mary '''Ainsworth''' und Mary '''Main'''; in Deutschland waren Klaus und Karin Gross¬mann Schüler von Bowlby.  
John C. '''Bowlby''' (1907-1990), eigentlich aus der Psychoanalyse kommend, entwickelte aus Erkenntnissen seiner klinischen Arbeit in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts die Theorie der Bindung (engl.: "attachment"). Diese Theorie wurde in der Folge und wird seitdem von einer großen Zahl an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiter verfolgt. Die bekanntesten aus der ersten Zeit sind Mary '''Ainsworth''' und Mary '''Main'''; in Deutschland waren Klaus und Karin Grossmann Schüler von Bowlby.  




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====Verbindungslinien aus der Kriminologie====
====Verbindungslinien aus der Kriminologie====
=====social bonds=====
=====social bonds=====
Hirschi bezeichnet "social bonds" als wesentliche Steuerungselemente devianten Verhaltens: Neben "commitment", "involvement" und "belief" gehört dazu "attachment", das er als "essence of internalization of norms, conscience, or superego" sieht (1969, S.18) und als "emotionales Band", über das sich dem Kind "elterliche Ideale und Erwartungen" mitteilen (S.86). Hirschi bezieht sich damit auf sekundäre Folgen von Bindung, wie sie auch durch die Bindungstheorie gestützt werden können. Ein ausdrücklicher Bezug auf Bowlbys Bindungskonzept, insbesondere auf die verhaltensbiologischen Grundannahmen oder die Diagnosekriterien, fehlt, das Konzept "Bindung" bleibt im Vergleich unterkomplex:  
Hirschi bezeichnet "social bonds" als wesentliche Steuerungselemente devianten Verhaltens: Neben "commitment", "involvement" und "belief" gehört dazu "attachment", das er als "essence of internalization of norms, conscience, or superego" sieht (1969, S.18) und als "emotionales Band", über das sich dem Kind "elterliche Ideale und Erwartungen" mitteilen (S.86). Hirschi bezieht sich damit auf sekundäre Folgen von Bindung, wie sie auch durch die Bindungstheorie gestützt werden können. Ein ausdrücklicher Bezug auf Bowlbys Bindungskonzept, insbesondere auf die verhaltensbiologischen Grundannahmen oder die Diagnosekriterien, fehlt. Das Konzept "Bindung" bleibt im Vergleich unterkomplex:  


In einer ersten Abgrenzung geht Hirschi davon aus, dass fehlendes "attachment" den "psychopathischen" Täter auszeichne (S.17), spricht später von einer geringeren Wahrscheinlichkeit, dass ein Deliquent seinen Eltern verbunden sei ("closely tied"; S.85). Diagnostisch unterscheidet er mit einfacher Differenzierung zwischen "Bindung" und "fehlender Bindung", operationalisiert sie über Qualitäten von Kommunikation und andere, über Selbstauskünfte erhobene Beziehungsmerkmale (Fragebogenverfahren). Einen direkten Bezug zu Bowlby formuliert er lediglich in Bezug auf Untersuchungen, die psychiatrisch relevante Folgen einer längeren Trennung eines Kindes von der Mutter belegen (S.86f). Andere, aus Sicht der Bindungsforschung relevante Lebensumstände, die Bindung beeinflussen können, werden nicht thematisiert (etwa: andere Formen der Vernachlässigung oder Misshandlung).  
In einer ersten Abgrenzung geht Hirschi davon aus, dass fehlendes "attachment" den "psychopathischen" Täter auszeichne (S.17), spricht später von einer geringeren Wahrscheinlichkeit, dass ein Deliquent seinen Eltern verbunden sei ("closely tied"; S.85). Diagnostisch unterscheidet er mit einfacher Differenzierung zwischen "Bindung" und "fehlender Bindung", operationalisiert sie über Qualitäten von Kommunikation und andere, über Selbstauskünfte erhobene Beziehungsmerkmale (Fragebogenverfahren). Einen direkten Bezug zu Bowlby formuliert er lediglich in Bezug auf Untersuchungen, die psychiatrisch relevante Folgen einer längeren Trennung eines Kindes von der Mutter belegen (S.86f). Andere, aus Sicht der Bindungsforschung relevante Lebensumstände, die Bindung beeinflussen können, werden nicht thematisiert (etwa: andere Formen der Vernachlässigung oder Misshandlung).  
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