Andreas

Beigetreten 2. Januar 2015
18 Bytes hinzugefügt ,  22:26, 3. Mär. 2015
keine Bearbeitungszusammenfassung
(Die Seite wurde neu angelegt: „==Definition Near-repeat-Hypothese== Ausgehend von einer Erststraftat bezeichnet die ```near-repeat-Hypothese``` im Bereich der Einbruchskriminalität die Ann…“)
 
Zeile 1: Zeile 1:
==Definition Near-repeat-Hypothese==
=='''Near-repeat-Hypothese'''==
Ausgehend von einer Erststraftat  bezeichnet die ```near-repeat-Hypothese``` im Bereich der Einbruchskriminalität die Annahme einer dadurch zeitlich  vorübergehend erhöhten Wahrscheinlichkeit einer erneuten Straftatenbegehung in unmittelbarer räumlicher Nähe  zum ersten Tatort. Es wird ein enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen einer Erststraftat und  zeitlich folgenden Straftaten (sog. near-repeats,  Johnson/Bowers 2004a: 243) aufgrund der Täteridentität angenommen, womit das Tatereignis selbst zu einem Risikofaktor und damit Prädiktor für eine zukünftige Viktimisierung wird (Johnson/Bowers 2004a).     
==Definition==
Ausgehend von einer Erststraftat  bezeichnet die '''near-repeat-Hypothese''' im Bereich der Einbruchskriminalität die Annahme einer dadurch zeitlich  vorübergehend erhöhten Wahrscheinlichkeit einer erneuten Straftatenbegehung in unmittelbarer räumlicher Nähe  zum ersten Tatort. Es wird ein enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen einer Erststraftat und  zeitlich folgenden Straftaten (sog. near-repeats,  Johnson/Bowers 2004a: 243) aufgrund der Täteridentität angenommen, womit das Tatereignis selbst zu einem Risikofaktor und damit Prädiktor für eine zukünftige Viktimisierung wird (Johnson/Bowers 2004a).     
Die Ereignisabhängigkeit der auslösenden Tat für die Annahme künftiger Taten im selben Bereich nimmt allerdings mit zunehmender Entfernung zum ersten Tatort stark ab (Short et al 2009, Johnson/Bowers 2004a). Near-repeats  sind vorrangig in homogenen und eher wohlhabenden und nicht besonders stark  kriminalitätsbelasteten Wohngegenden (Bebauungsweise, Haustypen, Vegetation und soziale Struktur der Bewohner) festzustellen (Townsley et al 2003: 630, Johnson/Bowers 2004 : 64) und konnten insbesondere bei Wohnungseinbrüchen statistisch nachgewiesen werden (Gluba 2014: 348).  
Die Ereignisabhängigkeit der auslösenden Tat für die Annahme künftiger Taten im selben Bereich nimmt allerdings mit zunehmender Entfernung zum ersten Tatort stark ab (Short et al 2009, Johnson/Bowers 2004a). Near-repeats  sind vorrangig in homogenen und eher wohlhabenden und nicht besonders stark  kriminalitätsbelasteten Wohngegenden (Bebauungsweise, Haustypen, Vegetation und soziale Struktur der Bewohner) festzustellen (Townsley et al 2003: 630, Johnson/Bowers 2004 : 64) und konnten insbesondere bei Wohnungseinbrüchen statistisch nachgewiesen werden (Gluba 2014: 348).  
=== Statistisches Verfahren===
=== Statistisches Verfahren===
Zeile 7: Zeile 8:
Die near-repeat-Hypothese folgt aus den Erklärungsansätzen für das Phänomen, dass einzelne Tatobjekte einer Wohngegend  in periodischen Zeiträumen erneut angegriffen werden, andere Objekte hingegen gar nicht (sog. repeat-victimization, Polvi et al 1991). Near-repeats stellen einen besonderen Fall der repeat-victimization dar (Townsley et al 2003: 617).   
Die near-repeat-Hypothese folgt aus den Erklärungsansätzen für das Phänomen, dass einzelne Tatobjekte einer Wohngegend  in periodischen Zeiträumen erneut angegriffen werden, andere Objekte hingegen gar nicht (sog. repeat-victimization, Polvi et al 1991). Near-repeats stellen einen besonderen Fall der repeat-victimization dar (Townsley et al 2003: 617).   
====Repeat-Victimization beim Wohnungseinbruchsdiebstahl====
====Repeat-Victimization beim Wohnungseinbruchsdiebstahl====
In Anwendung der rational-choice Theorie (bzw. der „optimal foraging-Theorie“, Johnson/Bowers 2004a: 245) wird davon ausgegangen, dass ein Täter die erste Auswahl eines Tatobjekts anhand äußerlich erkennbarer Informationen (u.a. der Gebäudecharakteristik) und deren Bewertung trifft. Hierbei sind die Entdeckungswahrscheinlichkeit, die prognostizierte Beutehöhe und die einzuschätzenden Möglichkeiten, um in  das Tatobjekt zu gelangen und wieder zu verlassen, maßgebend. Dementsprechend sind äußerliche Hinweise auf den Wohlstand der Bewohner, Einsichtsmöglichkeiten in das Grundstück (Hecken, Bewaldung, Grundstücksgröße, Lichtquellen), erkennbare bauliche Maßnahmen zum Einbruchsschutz (Alarmanlagen) und Hinweise zur Anwesenheit von Bewohnern  von Relevanz.   
In Anwendung der [[rational-choice]] Theorie (bzw. der „optimal foraging-Theorie“, Johnson/Bowers 2004a: 245) wird davon ausgegangen, dass ein Täter die erste Auswahl eines Tatobjekts anhand äußerlich erkennbarer Informationen (u.a. der Gebäudecharakteristik) und deren Bewertung trifft. Hierbei sind die Entdeckungswahrscheinlichkeit, die prognostizierte Beutehöhe und die einzuschätzenden Möglichkeiten, um in  das Tatobjekt zu gelangen und wieder zu verlassen, maßgebend. Dementsprechend sind äußerliche Hinweise auf den Wohlstand der Bewohner, Einsichtsmöglichkeiten in das Grundstück (Hecken, Bewaldung, Grundstücksgröße, Lichtquellen), erkennbare bauliche Maßnahmen zum Einbruchsschutz (Alarmanlagen) und Hinweise zur Anwesenheit von Bewohnern  von Relevanz.   
Der Täter differenziert zunächst nur zwischen wahrscheinlich geeigneten und ungeeigneten Objekten.  Nach dem ersten erfolgreichen Einbruch gibt es für den Täter nunmehr eine dritte Kategorie bereits getesteter Tatgelegenheiten (Farrell et al. 1995: 391). Der Täter verfügt zu diesen Objekten aufgrund der Vortat nun auch über Erfahrungen zum Objektinneren, zu noch vorhandenen Wertsachen bzw. wiederbeschafften Wertgegenständen und  zur Überwindbarkeit der Schutzvorkehrungen.  Weiter hat der Täter, falls er nicht entdeckt wurde, eine positive Lernerfahrung über diese Gegend hinsichtlich der Wachsamkeit/Anwesenheit der Bewohner und der unauffälligen und ggf. leichten Erreichbarkeit der Tatgegend erlangt. Befragungen von Tätern stützen diese Überlegungen (Hearnden/Magill  2004, Pease 1998).     
Der Täter differenziert zunächst nur zwischen wahrscheinlich geeigneten und ungeeigneten Objekten.  Nach dem ersten erfolgreichen Einbruch gibt es für den Täter nunmehr eine dritte Kategorie bereits getesteter Tatgelegenheiten (Farrell et al. 1995: 391). Der Täter verfügt zu diesen Objekten aufgrund der Vortat nun auch über Erfahrungen zum Objektinneren, zu noch vorhandenen Wertsachen bzw. wiederbeschafften Wertgegenständen und  zur Überwindbarkeit der Schutzvorkehrungen.  Weiter hat der Täter, falls er nicht entdeckt wurde, eine positive Lernerfahrung über diese Gegend hinsichtlich der Wachsamkeit/Anwesenheit der Bewohner und der unauffälligen und ggf. leichten Erreichbarkeit der Tatgegend erlangt. Befragungen von Tätern stützen diese Überlegungen (Hearnden/Magill  2004, Pease 1998).     
====Übertragung auf sog. Near- repeats====  
====Übertragung auf sog. Near- repeats====  
Die Erfahrungen aus einer Ersttat lassen sich aus Sicht des Täters hinsichtlich des Objektinneren und der Sicherungsmaßnahmen am Gebäude auch auf gleichartige Haustypen übertragen.  Bewegt sich der Täter dann auch noch im unmittelbaren räumlichen Umfeld der Ersttat, so sind auch die diesbezüglichen Erfahrungen zur Entdeckungswahrscheinlichkeit (Wachsamkeit/Anwesenheit der Nachbarschaft, Auffälligkeit bei Objektaufklärung und Verlassen des Tatortes) übertragbar und damit nutzbar. In der Folge heben sich diese Tatobjekte damit ebenfalls von der Masse an potentiellen Tatgelegenheiten als besonders geeignet ab. Der Täter schätzt die Erfolgswahrscheinlichkeit entsprechend höher ein. Insoweit „infiziert“ die erste Tat als Ereignis aufgrund der dort gesammelten Erfahrungen umliegende gleichartige Tatobjekte  mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des (erstmaligen) Angriffs (Johnson/Bowers 2004 und Townsley et al 2003).  
Die Erfahrungen aus einer Ersttat lassen sich aus Sicht des Täters hinsichtlich des Objektinneren und der Sicherungsmaßnahmen am Gebäude auch auf gleichartige Haustypen übertragen.  Bewegt sich der Täter dann auch noch im unmittelbaren räumlichen Umfeld der Ersttat, so sind auch die diesbezüglichen Erfahrungen zur Entdeckungswahrscheinlichkeit (Wachsamkeit/Anwesenheit der Nachbarschaft, Auffälligkeit bei Objektaufklärung und Verlassen des Tatortes) übertragbar und damit nutzbar. In der Folge heben sich diese Tatobjekte damit ebenfalls von der Masse an potentiellen Tatgelegenheiten als besonders geeignet ab. Der Täter schätzt die Erfolgswahrscheinlichkeit entsprechend höher ein. Insoweit „infiziert“ die erste Tat als Ereignis aufgrund der dort gesammelten Erfahrungen umliegende gleichartige Tatobjekte  mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit des (erstmaligen) Angriffs (Johnson/Bowers 2004 und Townsley et al 2003).  
Für die räumliche Verteilung wird darüber hinaus auch die routine-activity-Theorie herangezogen, wonach der Täter sein Tatobjekt während seiner regulären Tätigkeit (Fahrt zur Arbeit, nach Hause zur Freizeitaktivität) als Gelegenheiten zur Straftatenbegehung erkennt und nutzt. Insoweit richten sich die Tatorte auch an den Verhaltensroutinen des Täters hinsichtlich der vereinfachten Aufklärungs- bzw. Erkennungsmöglichkeit (Townsley 2003: 618, 631).  Zugleich sind auch die Routinen der Bewohner hierfür kausal, die im Falle ihrer Abwesenheit erst Tatgelegenheiten schaffen (Townsley et al 2003: 631).   
Für die räumliche Verteilung wird darüber hinaus auch die [[routine-activity]]-Theorie herangezogen, wonach der Täter sein Tatobjekt während seiner regulären Tätigkeit (Fahrt zur Arbeit, nach Hause zur Freizeitaktivität) als Gelegenheiten zur Straftatenbegehung erkennt und nutzt. Insoweit richten sich die Tatorte auch an den Verhaltensroutinen des Täters hinsichtlich der vereinfachten Aufklärungs- bzw. Erkennungsmöglichkeit (Townsley 2003: 618, 631).  Zugleich sind auch die Routinen der Bewohner hierfür kausal, die im Falle ihrer Abwesenheit erst Tatgelegenheiten schaffen (Townsley et al 2003: 631).   
Die Wahrscheinlichkeit von sog. near-repeats nimmt mit der Zeit ab. Am höchsten liegt diese in den ersten 48 Stunden nach der Ersttat (Johnson 2008) und bleibt für circa einen Monat mit abnehmender Wahrscheinlichkeit bestehen. Der zeitliche Ablauf wird damit erklärt, dass der Täter ab einem bestimmten Zeitpunkt damit rechnet, dass die Strafverfolgungsbehörden sein serielles Handeln erkennen und örtlich eingrenzen. Der Täter  unterstellt mit zunehmender Tatbegehung demnach eine Veränderung der Entdeckungswahrscheinlichkeit, womit die erlangten Erfahrungen an Bedeutsamkeit verlieren.  Der Täter zieht weiter.  
Die Wahrscheinlichkeit von sog. near-repeats nimmt mit der Zeit ab. Am höchsten liegt diese in den ersten 48 Stunden nach der Ersttat (Johnson 2008) und bleibt für circa einen Monat mit abnehmender Wahrscheinlichkeit bestehen. Der zeitliche Ablauf wird damit erklärt, dass der Täter ab einem bestimmten Zeitpunkt damit rechnet, dass die Strafverfolgungsbehörden sein serielles Handeln erkennen und örtlich eingrenzen. Der Täter  unterstellt mit zunehmender Tatbegehung demnach eine Veränderung der Entdeckungswahrscheinlichkeit, womit die erlangten Erfahrungen an Bedeutsamkeit verlieren.  Der Täter zieht weiter.  
==Kritik==
==Kritik==
4

Bearbeitungen