Beccaria-Schema: Unterschied zwischen den Versionen

 
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:Die Begründung für die Abschaffung der Todesstrafe in weiten Bereichen des Strafrechts ist bei Beccaria von politisch fahrlässiger Oberflächlichkeit. Das Argument, man dürfe die Todesstrafe nicht vollstrecken, weil der Verurteilte im Gesellschaftsvertrag in seine Tötung durch den Staat nicht eingewilligt habe (S. 11; 48 f.), ist eine im schlechten Sinne akademische Überlegung; sie rettet keinem zum Tode Verurteilten das Leben.  
:Die Begründung für die Abschaffung der Todesstrafe in weiten Bereichen des Strafrechts ist bei Beccaria von politisch fahrlässiger Oberflächlichkeit. Das Argument, man dürfe die Todesstrafe nicht vollstrecken, weil der Verurteilte im Gesellschaftsvertrag in seine Tötung durch den Staat nicht eingewilligt habe (S. 11; 48 f.), ist eine im schlechten Sinne akademische Überlegung; sie rettet keinem zum Tode Verurteilten das Leben.  


:Das Hauptgewicht in Beccarias Argumentation gegen die Todesstrafe liegt auf einer anderen Erwägung. Die Todesstrafe sei für den Staat nicht nützlich. Die Tötung nehme dem Herrscher einen vielleicht noch verwendbaren Untertanen. Die Vollstreckung habe auf andere mögliche Täter keine präventive Wirkung. (...) Beccarias Vorschlag ist: lebenslange Knechtschaft bei härtesten Arbeitsbedingungen, 'Fesseln und Ketten unter Schlagstock und Joch oder in eisernem Käfig' (S. 51 f.), öffentlich vollstreckt; diese Organisation wirke auf den Betrachter. DAs ist die säkularisierte Hölle" (Naucke 2005: XXVI).  
:Das Hauptgewicht in Beccarias Argumentation gegen die Todesstrafe liegt auf einer anderen Erwägung. Die Todesstrafe sei für den Staat nicht nützlich. Die Tötung nehme dem Herrscher einen vielleicht noch verwendbaren Untertanen. Die Vollstreckung habe auf andere mögliche Täter keine präventive Wirkung. (...) Beccarias Vorschlag ist: lebenslange Knechtschaft bei härtesten Arbeitsbedingungen, 'Fesseln und Ketten unter Schlagstock und Joch oder in eisernem Käfig' (S. 51 f.), öffentlich vollstreckt; diese Organisation wirke auf den Betrachter. Das ist die säkularisierte Hölle" (Naucke 2005: XXVI).
 


==== Folter ====
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=== Fazit ===
=== Fazit ===


:Beccarias Strafrecht ist gesetzlich, relativ, rational, präventiv und säkular. Human ist es nicht. Kritisch ist es gegen ein nicht-säkulares, d.h. nicht-präventives Strafrechts. Diese Kritik hat keinen Gegenstand mehr. - Das rationale, relative, säkulare, präventive Strafrecht bei Beccaria und im Beccaria-Schema hat gegen sich selbst keine Möglichkeit der Kritik. 'Von den Verbrechen und von den Strafen' enthält die prinzipielle Strafrechtsbeurteilung nicht, die man in dieser Schrift sieht. Die elementaren Probleme des Strafrechts sind ungeklärt. Vielleicht hatm na sich zu sehr auf Beccaria verlassen. Das ist kein Einwand gegen Beccaria, aber gegen seine in Bewunderung verharrenden Interpreten" (Naucke 2005: XLIII).
:Beccarias Strafrecht ist gesetzlich, relativ, rational, präventiv und säkular. Human ist es nicht. Kritisch ist es gegen ein nicht-säkulares, d.h. nicht-präventives Strafrechts. Diese Kritik hat keinen Gegenstand mehr. - Das rationale, relative, säkulare, präventive Strafrecht bei Beccaria und im Beccaria-Schema hat gegen sich selbst keine Möglichkeit der Kritik. 'Von den Verbrechen und von den Strafen' enthält die prinzipielle Strafrechtsbeurteilung nicht, die man in dieser Schrift sieht. Die elementaren Probleme des Strafrechts sind ungeklärt. Vielleicht hat man sich zu sehr auf Beccaria verlassen. Das ist kein Einwand gegen Beccaria, aber gegen seine in Bewunderung verharrenden Interpreten" (Naucke 2005: XLIII).


Eine humane Begrenzung des Strafens ist mit Beccarias Argumentation allein nicht zu garantieren. "Das geht nur mit Kants 'Metaphysik der Sitten' von 1797: der Mensch dürfe nicht als Mittel zu den Zwecken von Staat und Gesellschaft benutzt werden, wogegen ihn seine angeborene Würde schütze" (Naucke 2005: XXVII).
Eine humane Begrenzung des Strafens ist mit Beccarias Argumentation allein nicht zu garantieren. "Das geht nur mit Kants 'Metaphysik der Sitten' von 1797: der Mensch dürfe nicht als Mittel zu den Zwecken von Staat und Gesellschaft benutzt werden, wogegen ihn seine angeborene Würde schütze" (Naucke 2005: XXVII).
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