Beccaria-Schema: Unterschied zwischen den Versionen

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"Es ist auffällig, dass Beccarias wohlklingende Ergebnisse überall nachzulesen sind, die Begründungen Beccarias für diese Ergebnisse jedoch vernachlässigt werden (...) Beccaria begründet seine bis heute weitergehenden strafrechtlichen Forderungen mit der natürlichen, nützlichen und wahren Funktionstüchtigkeit des Strafrechts, getragen vom Gefühl für Humanität" Dies freilich seien keine Begründungen, sondern nur "Abbildungen einer kriminalpolitischen Mentalität" (Naucke 2005: XIX).
"Es ist auffällig, dass Beccarias wohlklingende Ergebnisse überall nachzulesen sind, die Begründungen Beccarias für diese Ergebnisse jedoch vernachlässigt werden (...) Beccaria begründet seine bis heute weitergehenden strafrechtlichen Forderungen mit der natürlichen, nützlichen und wahren Funktionstüchtigkeit des Strafrechts, getragen vom Gefühl für Humanität" Dies freilich seien keine Begründungen, sondern nur "Abbildungen einer kriminalpolitischen Mentalität" (Naucke 2005: XIX).
==== Todesstrafe ====
:"Beccaria wird dafür gerühmt, dass er sich gegen die Todesstrafe gewandt hat. Dieser Ruhm ist nicht zu schmälern. Man muss jedoch genau hinsehen (...). Für Staatsfeinde wollte er sie ohne lange Ausführungen beibehalten und präventiv angewandt wissen (S. 49). 'Staatsfeind' ist ein so ungenauer Begriff, dass er die Todesstrafe nicht begrenzen kann. Die häufigen politischen Ausnahmesituationen des 19., 20. und 21. Jahrhunderts produzieren immer neue todeswürdige Staatsfeinde.
:Die Begründung für die Abschaffung der Todesstrafe in weiten Bereichen des Strafrechts ist bei Beccaria von politisch fahrlässiger Oberflächlichkeit. Das Argument, man dürfe die Todesstrafe nicht vollstrecken, weil der Verurteilte im Gesellschaftsvertrag in seine Tötung durch den Staat nicht eingewilligt habe (S. 11; 48 f.), ist eine im schlechten Sinne akademische Überlegung; sie rettet keinem zum Tode Verurteilten das Leben.
:Das Hauptgewicht in Beccarias Argumentation gegen die Todesstrafe liegt auf einer anderen Erwägung. Die Todesstrafe sei für den Staat nicht nützlich. Die Tötung nehme dem Herrscher einen vielleicht noch verwendbaren Untertanen. Die Vollstreckung habe auf andere mögliche Täter keine präventive Wirkung. (...) Beccarias Vorschlag ist: lebenslange Knechtschaft bei härtesten Arbeitsbedingungen, 'Fesseln und Ketten unter Schlagstock und Joch oder in eisernem Käfig' (S. 51 f.), öffentlich vollstreckt; diese Organisation wirke auf den Betrachter. DAs ist die säkularisierte Hölle" (Naucke 2005: XXVI).


==== Folter ====
==== Folter ====
:Beccaria wir dafür gerühmt, dass er die Abschaffung der Folter verlangt und mitbewirkt hat. Auch dieser Ruhm wird ihm bleiben. Aber es darf, wie bei der Todesstrafe, nicht vergessen werden, dass Beccarias Forderung so schlecht begründet war, dass die Folter bis heute als Mittel der Informationserlangung bei Devianz immer mitgedacht wird.
:"Beccaria wir dafür gerühmt, dass er die Abschaffung der Folter verlangt und mitbewirkt hat. Auch dieser Ruhm wird ihm bleiben. Aber es darf, wie bei der Todesstrafe, nicht vergessen werden, dass Beccarias Forderung so schlecht begründet war, dass die Folter bis heute als Mittel der Informationserlangung bei Devianz immer mitgedacht wird.


:Beccarias Hauptargument ist wiederum, die Folter sei im Prozess nicht nützlich. Es sei unsicher, ob Foltern zu wahren Aussagen führe. Der Bürger, der von der Folter höre oder die Anwendung der Folter sehe, werde vor eigenen möglichen Taten nicht abgeschreckt, sondern eher verroht (S. 31 ff.). Die Leichtgewichtigkeit dieses Arguments erschreckt. Mit wenigen einfachen Zügen ist es zu schwächen. Die tatsächlichen Behauptungen, die es tragen, sind unüberprüfbar und durch die gegenteiligen Behauptungen außer Kraft zu setzen. So geschieht es bis heute.
:Beccarias Hauptargument ist wiederum, die Folter sei im Prozess nicht nützlich. Es sei unsicher, ob Foltern zu wahren Aussagen führe. Der Bürger, der von der Folter höre oder die Anwendung der Folter sehe, werde vor eigenen möglichen Taten nicht abgeschreckt, sondern eher verroht (S. 31 ff.). Die Leichtgewichtigkeit dieses Arguments erschreckt. Mit wenigen einfachen Zügen ist es zu schwächen. Die tatsächlichen Behauptungen, die es tragen, sind unüberprüfbar und durch die gegenteiligen Behauptungen außer Kraft zu setzen. So geschieht es bis heute.
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