Arbeitshaus: Unterschied zwischen den Versionen

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== Geschichte ==
== Geschichte ==


Nach Wolfgang Ayass (1993) flossen in den Zucht- und Arbeitshäusern, die im 16. Jahrhundert entstanden und sich im Verlaufe des 17. Jahrhunderts über Europa verbreiteten, vier Tendenzen zusammen: 1. die Tradition der Hospitäler als Institutionen stationärer Armenpflege; 2. der erstarkende Arbeitserziehungsgedanke; 3. die Ablösung der Todes- und Körperstrafen durch die Freiheitsstrafe; 4. das Interesse an der Nutzung von Arbeitskräften (Merkantilismus). Stationäre Zwangsunterbringungen waren allerdings schon vorher nicht unüblich. Das Neue daran war im 16. und 17. Jahrhundert der umfassende Erziehungsgedanke, der diese Einrichtungen als idée directrice regierte.
Nach Wolfgang Ayass (1993) kamen vier Tendenzen zusammen, die im Verlaufe des 17. Jahrhunderts zur Verbreitung des Arbeitshauses im Zusammenhang mit einem umfassenden Erziehungsgedanken beitrugen:


Bridewell in London (1555). Die Stadt London machte das ehemalige Schloss Heinrichs VIII. zum ersten Arbeitshaus. In England bürgerte sich für Einrichtungen dieser Art seither die Bezeichnung "bridewells" ein.
*1. die Tradition der Hospitäler als Institutionen stationärer Armenpflege
*2. der erstarkende Arbeitserziehungsgedanke
*3. die Ablösung der Todes- und Körperstrafen durch die Freiheitsstrafe
*4. das Interesse an der Nutzung von Arbeitskräften (Merkantilismus).


Tuchthuis in Amsterdam (1595). Die Stadt Amsterdam transformierte ein ehemaliges Kloster in das erste Zucht- und Arbeitshaus des europäischen Kontinents: "Robert von Hippel (1866-1951), die große kriminalhistorische Autorität auf dem Gebiet der Arbeitshausunterbringung und des Strafvollzugs, sah in der Amsterdamer Anstalt erstmals die moderne Freiheitsstrafe verwirklicht" (Ayass).  
Ein Vorläufer des Arbeitshauses war das Bridewell in London (1555). Das ehemalige Schloss Heinrichs VIII. wurde zu einem Arbeitshaus für junge Leute gemacht. Seither ist "a bridewell" auch eine Bezeichnung für Arbeits- und Besserungsanstalten für straffällig gewordene Jugendliche.  


Zucht- und Arbeitshaus in Bremen (1609). Nachdem der Bremer Senat 1604 eine Abschrift der Amsterdamer Anstaltsordnung erbeten hatte, kam es dortselbst schon wenige Jahre später zur Gründung des ersten Zucht- und Arbeitshauses in Deutschland. Über Lübeck (1613), Hamburg (1620) und Danzig (1629) verbreitete sich diese Institution in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dann schnell weiter. Diese Häuser rentierten sich allerdings nicht, und es kam zu einem Niedergang der Institution. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Institution des Arbeitshauses in Preußen wiederbelebt. Die erste Anstalt dieser neuen Welle war Straußberg in Brandenburg (1791), gefolgt von Tapiau (1793) und Prenzlau (1797) und Ueckermünde (1798).
Eine klarere Traditionslinie führt zurück auf die Zucht- und Arbeitshäuser in Amsterdam (1595). Ein ehemaliges Kloster wurde dort zum ersten Zucht- und Arbeitshaus des europäischen Kontinents: "Robert von Hippel (1866-1951), die große kriminalhistorische Autorität auf dem Gebiet der Arbeitshausunterbringung und des Strafvollzugs, sah in der Amsterdamer Anstalt erstmals die moderne Freiheitsstrafe verwirklicht" (Ayass).
 
Zucht- und Arbeitshaus in Bremen (1609). Nachdem der Bremer Senat 1604 eine Abschrift der Amsterdamer Anstaltsordnung erbeten hatte, kam es dortselbst schon wenige Jahre später zur Gründung des ersten Zucht- und Arbeitshauses in Deutschland. Über Lübeck (1613), Hamburg (1620) und Danzig (1629) verbreitete sich die Institution in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts schnell weiter. Nach einem Niedergang dieser ersten Generation von Zucht- und Arbeitshäusern kam es zu einem Traditionsbruch und einer Neuentdeckung des Arbeitshauses gegen Ende des 18. Jahrhunderts.  
 
Die erste Anstalt dieser neuen Arbeitshaus-Konjunktur in Preußen war die Anstalt Straußberg in Brandenburg (1791), gefolgt von Tapiau (1793) und Prenzlau (1797), Ueckermünde (1798) und vielen anderen innerhalb und außerhalb von Preußen.


"Das preußische „Gesetz über die Bestrafung der Landstreicher, Bettler und Arbeitsscheuen“
"Das preußische „Gesetz über die Bestrafung der Landstreicher, Bettler und Arbeitsscheuen“
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Wochen oder Strafarbeit bis zu sechs Monaten verwirkt. Nach ausgestandener Strafe ist
Wochen oder Strafarbeit bis zu sechs Monaten verwirkt. Nach ausgestandener Strafe ist
der Ausländer aus dem Lande zu weisen, und der Inländer in eine Korrektionsanstalt zu
der Ausländer aus dem Lande zu weisen, und der Inländer in eine Korrektionsanstalt zu
bringen.“ (Gesetz über die Bestrafung der Landstreicher, Bettler und Arbeitsscheuen. Vom 6. Januar 1843,in: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten 1843, 19, zit.n.Ayass 1993: 189)
bringen.“ (Gesetz über die Bestrafung der Landstreicher, Bettler und Arbeitsscheuen. Vom 6. Januar 1843,in: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten 1843, 19, zit.n.Ayass 1993).
 


"Der Strafrahmen der Übertretungsdelikte des § 361 RStGB reichte, betrachtet man Haft
und „korrektionelle Nachhaft“ zusammen, von einer einzigen Nacht im Polizeigefängnis
bis zu sechs Wochen Haft plus zwei Jahre Arbeitshaus, also zusammen 772 Tagen
Freiheitsentzug" (Ayass 1993: ).


"Jahre 1888 wurden im Deutschen Reich insgesamt 13 512 Männer und 2680 Frauen in
"Jahre 1888 wurden im Deutschen Reich insgesamt 13 512 Männer und 2680 Frauen in
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