Alkoholverbot in den USA: Unterschied zwischen den Versionen

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Das aus einem längeren sozio-kulturellen Konflikt entstandene '''Alkoholverbot in den USA''' (1920-1933) - also die auch als "Das Noble Experiment" bezeichnete Alkoholprohibition - prägte sich dem kollektiven Gedächtnis vor allem durch die ungewollten Nebenfolgen dieses großangelegten Trockenlegungsversuchs ein (Mafia, Korruption, Bandenkriege in Chicago).
Das aus einem längeren sozio-kulturellen Konflikt entstandene '''Alkoholverbot in den USA''' (1920-1933) - also die auch als "Das Noble Experiment" bezeichnete Alkoholprohibition - prägte sich dem kollektiven Gedächtnis vor allem durch die ungewollten Nebenfolgen dieses großangelegten Trockenlegungsversuchs ein (Mafia, Korruption, Bandenkriege in Chicago).


Rechtsgrundlage des Alkoholverbots war der durch den sog. Volstead Act zustandegekommene 18. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung (18th Amendment). Der Volstead Act war vom US-Senat am 18.12.1917 vorgeschlagen, von 36 Staaten bestätigt und am 16.01.1919 ratifiziert worden. Ein Veto des US-Präsidenten wurde vom US-Kongress am 28.10.1919 überstimmt, so dass der Verfassungszusatz im Januar 1920 in Kraft trat.
Rechtsgrundlage des Alkoholverbots war der durch den sog. Volstead Act zustandegekommene 18. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung (18th Amendment). Der Volstead Act war vom US-Senat am 18.12.1917 vorgeschlagen, von 36 Staaten bestätigt und am 16.01.1919 ratifiziert worden. Ein Veto des US-Präsidenten Wilson wurde im Oktober 1919 mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern des Kongresses überstimmt, so dass der Verfassungszusatz am 16.01. 1920 in Kraft trat.


Die Implementierung des Verbots war nicht effektiv. Illegale Produktion und Verbreitung von Alkohol breiteten sich rasch aus. Vor allem in den Großstädten entstanden sogenannte Flüsterkneipen ("Speakeasy"). In New York City stieg deren Zahl von 1922 bis 1927 von rund 5.000 auf 30.000, wenn nicht 100.000 an [[http://www.archives.gov/education/lessons/volstead-act/]].
Die Implementierung des Verbots war nicht effektiv. Illegale Produktion und Verbreitung von Alkohol breiteten sich rasch aus. Vor allem in den Großstädten entstanden sogenannte Flüsterkneipen ("Speakeasy"). In New York City stieg deren Zahl von 1922 bis 1927 von rund 5.000 auf 30.000, wenn nicht 100.000 an [[http://www.archives.gov/education/lessons/volstead-act/]].
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*1851: Erste Prohibition in einem ganzen Bundesstaat (Maine)
*1851: Erste Prohibition in einem ganzen Bundesstaat (Maine)
*1916: Prohibition in 23 Bundesstaaten der USA, davon in 17 durch Volksabstimmung.  
*1916: Prohibition in 23 Bundesstaaten der USA, davon in 17 durch Volksabstimmung.  
Der erhöhte Lebensmittelbedarf während des Krieges hat dann der Anti-Alkohol-Bewegung zusätzliche Begründung verliehen und die Politiker unter Druck gesetzt. Das „Volstead-Gesetz“ definierte als alkoholische Getränke alles mit über 0,5 % Alkoholgehalt. Präsident Wilson legte gegen diese Bestimmung zunächst sein Veto ein, aber der Druck der öffentlichen Meinung war so stark, dass sich sowohl im Repräsentantenhaus wie im Senat eine Zweidrittelmehrheit fand, die das Veto des Präsidenten unwirksam machte. Am 16. Januar 1919 wurde es unter Präsident Woodrow Wilson ratifiziert und als 18. Zusatzartikel in die Verfassung der Vereinigten Staaten aufgenommen; dies war nötig, da laut Verfassung solche Handelsbestimmungen bis dahin den einzelnen Bundesstaaten vorbehalten waren und der Kongress somit auf dem Wege der normalen Gesetzgebung kein bundesweites Handelsverbot erlassen konnte. Das Gesetz trat am 16. Januar 1920 in Kraft.


Art. 18[5]
Art. 18[5]
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Die Einführung der Prohibition gegen den Alkohol verlief parallel zur Einführung des Frauenwahlrechts. Um 1900 hatten erst elf Staaten den Frauen das Wahlrecht eingeräumt. Am 28. August 1920, also fast zeitgleich mit dem Beginn der landesweiten Prohibition, wurde das Frauenwahlrecht in die Verfassung aufgenommen. Sigmund Freud schrieb in diesem Zusammenhang 1927 in „Die Zukunft einer Illusion“:
Die Einführung der Prohibition gegen den Alkohol verlief parallel zur Einführung des Frauenwahlrechts. Um 1900 hatten erst elf Staaten den Frauen das Wahlrecht eingeräumt. Am 28. August 1920, also fast zeitgleich mit dem Beginn der landesweiten Prohibition, wurde das Frauenwahlrecht in die Verfassung aufgenommen. Sigmund Freud schrieb in diesem Zusammenhang 1927 in „Die Zukunft einer Illusion“:


Schaufenster der amerikanischen Antisuffragisten-Organisation
„Wer durch Dezennien Schlafmittel genommen hat, kann natürlich nicht schlafen, wenn man ihm das Mittel entzieht. Dass die Wirkung der religiösen Tröstungen der eines Narkotikums gleichgesetzt werden darf, wird durch einen Vorgang in Amerika hübsch erläutert. Dort will man jetzt den Menschen – offenbar unter dem Einfluss der Frauenherrschaft – alle Reiz-, Rausch- und Genussmittel entziehen und übersättigt sie zur Entschädigung mit Gottesfurcht. Auch auf den Ausgang dieses Experiments braucht man nicht neugierig zu sein“
„Wer durch Dezennien Schlafmittel genommen hat, kann natürlich nicht schlafen, wenn man ihm das Mittel entzieht. Dass die Wirkung der religiösen Tröstungen der eines Narkotikums gleichgesetzt werden darf, wird durch einen Vorgang in Amerika hübsch erläutert. Dort will man jetzt den Menschen – offenbar unter dem Einfluss der Frauenherrschaft – alle Reiz-, Rausch- und Genussmittel entziehen und übersättigt sie zur Entschädigung mit Gottesfurcht. Auch auf den Ausgang dieses Experiments braucht man nicht neugierig zu sein“


– Sigmund Freud: Fragen der Gesellschaft – Ursprünge der Religion. Die Zukunft einer Illusion[6]
– Sigmund Freud: Fragen der Gesellschaft – Ursprünge der Religion. Die Zukunft einer Illusion[6]


Positive Auswirkungen
==Positive Auswirkungen==
Der Alkoholkonsum sank infolge der Prohibition nachweislich. Alkoholpolitisch unbelastete Mediziner zitieren die Prohibition als Beispiel, wie durch eine Senkung des Konsums die alkoholbedingten Schäden, z. B. die Zahl der Todesfälle durch Leberzirrhose, vermindert werden konnten. Die Zahl der in die Illegalität gezwungenen Alkoholkonsumenten, die an der durch ihre Krankheit verursachten Leberzirrhose verstarben, hat also nicht die Höhe der verstorbenen Konsumenten zu Zeiten legalen Alkoholkonsums erreicht. So war eine deutliche Abnahme der alkoholbedingten Todesfälle in der Fastprohibition 1910–1920 festzustellen, ein Tiefstand 1920–1931 sowie ein langsames, aber stetiges Ansteigen seither.
Der Alkoholkonsum sank infolge der Prohibition nachweislich. Alkoholpolitisch unbelastete Mediziner zitieren die Prohibition als Beispiel, wie durch eine Senkung des Konsums die alkoholbedingten Schäden, z. B. die Zahl der Todesfälle durch Leberzirrhose, vermindert werden konnten. Die Zahl der in die Illegalität gezwungenen Alkoholkonsumenten, die an der durch ihre Krankheit verursachten Leberzirrhose verstarben, hat also nicht die Höhe der verstorbenen Konsumenten zu Zeiten legalen Alkoholkonsums erreicht. So war eine deutliche Abnahme der alkoholbedingten Todesfälle in der Fastprohibition 1910–1920 festzustellen, ein Tiefstand 1920–1931 sowie ein langsames, aber stetiges Ansteigen seither.


Negative Auswirkungen
==Negative Auswirkungen==


Ein Formular für ein ärztliches Rezept (“Medicinal Alcohol form”)
Ein Formular für ein ärztliches Rezept (“Medicinal Alcohol form”)
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