Alejandro Aponte: Unterschied zwischen den Versionen

1.544 Bytes hinzugefügt ,  13:57, 21. Okt. 2015
Zeile 14: Zeile 14:


Heutzutage gibt es beispielsweise ein Sondergesetz namens "Ley de Justicia y Paz" (Gesetz zur Sicherung des Friedens und der Sicherheit"), das, zumindest zurzeit, auf Mitglieder von ultrarechten paramilitärischen Gruppen angewendet wird. Diese waren in schwerste Verbrechen und Verletzungen der Menschenrechte verwickelt. Aber heutzutage sind sie Teil des Friedensprozesses mit der aktuellen Regierung und erhalten Vorteile aus dem genannten Gesetz. Wie schwer auch ihr Verbrechen gewesen sein mag, ihre Strafe bewegt sich immer zwischen fünf und acht Jahren Haft, die sie tatsächlich verbüßen müssen. Und dieses Gesetz ist auch und vor allem Feindstrafrecht, nur in diesem Fall wird es auf diejenigen angewendet, die eine politische Entscheidung zu relativen Feinden gemacht hat. In diesem Fall könnten die internationale Gemeinschaft oder Menschenrechtsorganisationen meinen, dass es sich um Schwerverbrecher handelt, die eine sehr hohe Strafe verdienen würden. Aber dies ist irrelevant. Das einzig Wichtige ist, dass die politische Entscheidung ihnen ihren heutigen Status verliehen hat. Und darum wiederholen wir hier noch einmal: Es ist pure Naivität und Demagogie zu glauben, dass der Feind derjenige ist, der sich auch so benimmt. Wir wiederholen: Der Feind ist eine Konstruktion.
Heutzutage gibt es beispielsweise ein Sondergesetz namens "Ley de Justicia y Paz" (Gesetz zur Sicherung des Friedens und der Sicherheit"), das, zumindest zurzeit, auf Mitglieder von ultrarechten paramilitärischen Gruppen angewendet wird. Diese waren in schwerste Verbrechen und Verletzungen der Menschenrechte verwickelt. Aber heutzutage sind sie Teil des Friedensprozesses mit der aktuellen Regierung und erhalten Vorteile aus dem genannten Gesetz. Wie schwer auch ihr Verbrechen gewesen sein mag, ihre Strafe bewegt sich immer zwischen fünf und acht Jahren Haft, die sie tatsächlich verbüßen müssen. Und dieses Gesetz ist auch und vor allem Feindstrafrecht, nur in diesem Fall wird es auf diejenigen angewendet, die eine politische Entscheidung zu relativen Feinden gemacht hat. In diesem Fall könnten die internationale Gemeinschaft oder Menschenrechtsorganisationen meinen, dass es sich um Schwerverbrecher handelt, die eine sehr hohe Strafe verdienen würden. Aber dies ist irrelevant. Das einzig Wichtige ist, dass die politische Entscheidung ihnen ihren heutigen Status verliehen hat. Und darum wiederholen wir hier noch einmal: Es ist pure Naivität und Demagogie zu glauben, dass der Feind derjenige ist, der sich auch so benimmt. Wir wiederholen: Der Feind ist eine Konstruktion.
Wenn man sich nun eingehender mit diesem Dilemma beschäftigt, so findet man heraus, dass die erwähnte Wahlmöglichkeit in Wirklichkeit nur formaler Art ist. D. h. das zentrale Problem des Feindstrafrechts ist seine inhärente Gefahr, zu einer reinen de-facto-Antwort in der deinstitutionalisierten Ausübung der strafrechtlichen Reaktion zu verkommen. Wenn, wie Walter Benjamin behauptet, in der juristischen Ordnung eine rechtssetzende (S. 302; Heft 8-9/2006) und eine rechtserhaltende Gewalt existiert, so dass es in jedem juristischen System eine Gewalt gibt, die notwendig ist, um dieses Recht zu erhalten, so kann diese Gewalt gleichzeitig zu einer Bedrohung der juristischen Ordnung werden.[6] Die Macht, die nötig ist, um das Recht zu erhalten, wird zu ihrer eigenen Bedrohung, da diese Macht zu einer Macht ohne Grenzen werden kann.
Diese grundlegende Tatsache, die es in jedem Strafrechtssystem egal welcher Art gibt, verschärft sich noch im Falle eines Feindstrafrechts. In diesem Fall muss Gewalt ausgeübt werden, um diese Art von Rechtsmodell aufrecht zu erhalten, und diese Gewalt ist im wesentlichen gegen die Rechte und Garantien gerichtet und kann daher in der Praxis unbegrenzt ausgeübt werden, so dass sie die Art von Recht ersetzen kann, die sie erst eingesetzt hatte. Daher wird das Feindstrafrecht in Wirklichkeit zu einem unbegrenzten Instrument der Machtausübung und kann sich über den guten oder schlechten Willen eines Polizisten, Staatsanwaltes oder Richters, seine Auswirkungen zu begrenzen, hinwegsetzen.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
*[http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/06-08/index.php?sz=8 Aponte, Alejandro (2006) Krieg und Politik: das politische Feindstrafrecht im Alltag. HRRS: 297 ff.]
*[http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/06-08/index.php?sz=8 Aponte, Alejandro (2006) Krieg und Politik: das politische Feindstrafrecht im Alltag. HRRS: 297 ff.]
*[https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/05-05/index.php3?sz=8 Rezension zu: Alejandro Aponte: Überlegungen zum "effizienten" Feindstrafrecht anhand der Situation in Kolumbien. 378 S., Nomos, Baden-Baden, 2004, ISBN 3-8329-0612-6, § 69,-- €. (Hendrik Schneider)]
*[https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/05-05/index.php3?sz=8 Rezension zu: Alejandro Aponte: Überlegungen zum "effizienten" Feindstrafrecht anhand der Situation in Kolumbien. 378 S., Nomos, Baden-Baden, 2004, ISBN 3-8329-0612-6, § 69,-- €. (Hendrik Schneider)]
31.738

Bearbeitungen