Alejandro Aponte: Unterschied zwischen den Versionen

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Wenn man weiß, dass der Feind vor allem ein konstruierter Feind ist, kann man auch verstehen, dass das Feindbild der politischen aktuellen Situation unterliegt. Der Feind von heute ist nicht unbedingt der Feind von morgen. Aber man kann dann auch einen weiteren sehr interessanten Sachverhalt sehen: Es gibt nämlich relative Feinde und absolute Feinde. In einem konfliktreichen Szenario, wie es in Kolumbien gegeben ist, kann man diesen Unterschied genau sehen. Das Feindstrafrecht wird nicht immer gegen die als absolut betrachteten Feinde angewendet, zum Beispiel gegen einen Terroristen. Im Gegenteil, und das ist auch Teil des Feindstrafrechts, häufig werden gegenüber bestimmten Akteuren, die eine politische Entscheidung in einen Friedensprozess integriert hat, Amnestien und Begnadigungen ausgesprochen. Sie wurden im Strafprozess meistens sehr gnädig verurteilt. Sowohl die Guerilleros als auch heutzutage die Paramilitärs wurden in Sonderverfahren sehr wohlwollend behandelt. Das Prinzip, das hinter diesen Zugeständnissen steckt, war das Anerkennen des politischen Charakters ihrer Handlungen. Aber dieses Anerkennen ist eine eminent politische Handlung, sie hängt nicht von den begangenen Taten ab, sondern sie ist die Grundlage einer politischen Entscheidung.
Wenn man weiß, dass der Feind vor allem ein konstruierter Feind ist, kann man auch verstehen, dass das Feindbild der politischen aktuellen Situation unterliegt. Der Feind von heute ist nicht unbedingt der Feind von morgen. Aber man kann dann auch einen weiteren sehr interessanten Sachverhalt sehen: Es gibt nämlich relative Feinde und absolute Feinde. In einem konfliktreichen Szenario, wie es in Kolumbien gegeben ist, kann man diesen Unterschied genau sehen. Das Feindstrafrecht wird nicht immer gegen die als absolut betrachteten Feinde angewendet, zum Beispiel gegen einen Terroristen. Im Gegenteil, und das ist auch Teil des Feindstrafrechts, häufig werden gegenüber bestimmten Akteuren, die eine politische Entscheidung in einen Friedensprozess integriert hat, Amnestien und Begnadigungen ausgesprochen. Sie wurden im Strafprozess meistens sehr gnädig verurteilt. Sowohl die Guerilleros als auch heutzutage die Paramilitärs wurden in Sonderverfahren sehr wohlwollend behandelt. Das Prinzip, das hinter diesen Zugeständnissen steckt, war das Anerkennen des politischen Charakters ihrer Handlungen. Aber dieses Anerkennen ist eine eminent politische Handlung, sie hängt nicht von den begangenen Taten ab, sondern sie ist die Grundlage einer politischen Entscheidung.


Heutzutage gibt es beispielsweise ein Sondergesetz namens "Ley de Justicia y Paz" (Gesetz zur Sicherung des Friedens und der Sicherheit"), das, zumindest zurzeit, auf Mitglieder von ultrarechten paramilitärischen Gruppen angewendet wird. Diese waren in schwerste Verbrechen und Verletzungen der Menschenrechte verwickelt. Aber heutzutage sind sie Teil des Friedensprozesses mit der aktuellen Regierung und erhalten Vorteile aus dem genannten Gesetz. Wie schwer auch ihr Verbrechen gewesen sein mag, ihre Strafe bewegt sich immer zwischen fünf und acht Jahren Haft, die sie tatsächlich verbüßen müssen. Und dieses Gesetz ist auch und vor allem Feindstrafrecht, nur in diesem Fall wird es auf diejenigen angewendet, die eine politische Entscheidung zu relativen Feinden gemacht hat. In diesem Fall könnten die internationale Gemeinschaft oder Menschenrechtsorganisationen meinen, dass es sich um Schwerverbrecher handelt, die eine sehr hohe Strafe verdienen würden. Aber dies ist irrelevant. Das einzig Wichtige ist, dass die politische Entscheidung ihnen ihren heutigen Status verliehen hat. Und darum wiederholen wir hier noch einmal: Es ist pure Naivität und Demagogie zu glauben, dass der Feind derjenige ist, der sich auch so benimmt. Wir wiederholen: Der Feind ist eine Konstruktion.2
Heutzutage gibt es beispielsweise ein Sondergesetz namens "Ley de Justicia y Paz" (Gesetz zur Sicherung des Friedens und der Sicherheit"), das, zumindest zurzeit, auf Mitglieder von ultrarechten paramilitärischen Gruppen angewendet wird. Diese waren in schwerste Verbrechen und Verletzungen der Menschenrechte verwickelt. Aber heutzutage sind sie Teil des Friedensprozesses mit der aktuellen Regierung und erhalten Vorteile aus dem genannten Gesetz. Wie schwer auch ihr Verbrechen gewesen sein mag, ihre Strafe bewegt sich immer zwischen fünf und acht Jahren Haft, die sie tatsächlich verbüßen müssen. Und dieses Gesetz ist auch und vor allem Feindstrafrecht, nur in diesem Fall wird es auf diejenigen angewendet, die eine politische Entscheidung zu relativen Feinden gemacht hat. In diesem Fall könnten die internationale Gemeinschaft oder Menschenrechtsorganisationen meinen, dass es sich um Schwerverbrecher handelt, die eine sehr hohe Strafe verdienen würden. Aber dies ist irrelevant. Das einzig Wichtige ist, dass die politische Entscheidung ihnen ihren heutigen Status verliehen hat. Und darum wiederholen wir hier noch einmal: Es ist pure Naivität und Demagogie zu glauben, dass der Feind derjenige ist, der sich auch so benimmt. Wir wiederholen: Der Feind ist eine Konstruktion."
 


== Weblinks ==
== Weblinks ==
*[http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/06-08/index.php?sz=8 Aponte, Alejandro (2006) Krieg und Politik: das politische Feindstrafrecht im Alltag. HRRS: 297 ff.]
*[http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/06-08/index.php?sz=8 Aponte, Alejandro (2006) Krieg und Politik: das politische Feindstrafrecht im Alltag. HRRS: 297 ff.]
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