Aktuarische Prognose: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Erkenntnistheoretische und methodische Vorteile ===
=== Erkenntnistheoretische und methodische Vorteile ===
Unabhängig von diesen Vergleichsstudien weisen aktuarische Prognosen weitere nennenswerte Vorzüge auf: So basieren aktuarische Prognoseverfahren auf einer streng wissenschaftlich fundierten Methodik, da die in den Instrumenten aufgenommenen Prädiktoren auf empirischen Erkenntnissen aus zuvor durchgeführten Untersuchungen beruht. Darüber hinaus sind aktuarische Instrumente in der Regel weitgehend manualisiert, das heißt die verwendeten Merkmale sind klar definiert und eindeutig operationalisiert. Dadurch wird das Vorgehen bei der Anwendung aktuarischer Prognosemethoden transparent, nachvollziehbar und jederzeit überprüfbar. Auch bietet dieses streng regelgeleitete Vorgehen "den bestmöglichen Schutz vor menschlichen Urteilsfehlern" (Dahle, 2005, S. 42). Daneben stellen aktuarische Instrumente in der Regel ökonomische Verfahren dar, da ihre Anwendung – im Vergleich zu anderen Prognosemethoden – meist nur wenig Zeit in Anspruch nimmt sowie leichter und schneller erlernbar ist.
Unabhängig von diesen Vergleichsstudien weisen aktuarische Prognosen weitere nennenswerte Vorzüge auf: So basieren aktuarische Prognoseverfahren auf einer streng wissenschaftlich fundierten Methodik, da die in den Instrumenten aufgenommenen Prädiktoren auf empirischen Erkenntnissen aus zuvor durchgeführten Untersuchungen beruht. Darüber hinaus sind aktuarische Instrumente in der Regel weitgehend manualisiert, das heißt die verwendeten Merkmale sind klar definiert und eindeutig operationalisiert. Dadurch wird das Vorgehen bei der Anwendung aktuarischer Prognosemethoden transparent, nachvollziehbar und jederzeit überprüfbar. Auch bietet dieses streng regelgeleitete Vorgehen "den bestmöglichen Schutz vor menschlichen Urteilsfehlern" (Dahle, 2005, S. 42). Daneben stellen aktuarische Instrumente in der Regel ökonomische Verfahren dar, da ihre Anwendung – im Vergleich zu anderen Prognosemethoden – meist nur wenig Zeit in Anspruch nimmt sowie leichter und schneller erlernbar ist.
== Kritik ==
=== Grenzen und Gefahren ===
Die Nachteile aktuarischer Prognoseinstrumente können grob in drei Gruppen eingeteilt werden: Zum einen gibt es methodisch-erkenntnistheoretische Nachteile, die diesem Methodentypus sowohl aus theoretischer wie auch aus praktischer Sicht Grenzen setzt, zum anderen werden vor allem aufgrund der sukzessiven Ausbreitung und der damit einhergehenden zunehmenden Übertragung auf andere prognoserelevante Bereiche verschiedene kriminalpolitische Implikationen diskutiert, die unter anderem ethische Aspekte der Prognosestellung berühren. Der dritte Punkt betrifft formal-juristische Begrenzungen, die sich naturgemäß zwischen den verschiedenen Jurisdiktionen unterschieden und im vorliegenden Beitrag lediglich im Hinblick auf die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland kurz genannt werden sollen.
=== Methodische Nachteile ===
Zu den methodischen Nachteilen ist zunächst die sog. Mittelfeldproblematik zu nennen, womit das Phänomen umschrieben wird, dass bei mehrmaliger Anwendung überproportional viele Probanden mit mittleren Gesamtwerten bewertet werden, was eine eindeutige Interpretation in Form einer Zuordnung zur Niedrig- bzw. Hoch-Risiko-Gruppe deutlich erschwert. Für die praktische Anwendung, bei der Veränderungen von kriminalprognostischen Einschätzungen oft auch dafür verwendet werden, um die Wirkung von Interventionsmaßnahmen zu evaluieren, sind aktuarische Prognosen nicht sonderlich geeignet, da sie in der Regel auf statische, d.h. unveränderbare Variablen zurückgreifen. Aus erkenntnistheoretischer Sicht wird darüber hinaus immer wieder darauf hingewiesen, dass auch aktuarische Prognosen – wenngleich besser wie alternative Prognoseansätze – weit davon entfernt sind, irrtumsfreie Vorhersagen zu liefern.
=== Kriminalpolitische Gefahren ===
Bezüglich der kriminalpolitischen Vorbehalte der aktuarischen Prognose führt Bernard E. Harcourt, US-amerikanischer Kriminologe und prominenter Skeptiker des aktuarischen Paradigmas, vor allem die Übertragung des prognostischen Vorgehens auf den Bereich der Aufdeckung von Straftaten durch Ermittlungsbehörden auf. Besonders prägnant zeigen sich die kriminalpolitischen und ethischen Gefahren beim sogenannte Racial Profiling, im Zuge dessen US-amerikanische Polizeibeamte Angehörige bestimmter ethnischer Gruppierungen aufgrund deren (angeblichen) erhöhten Wahrscheinlichkeit, strafrechtlich relevantes Verhalten zu zeigen, vorrangig kontrollieren. Gemäß Harcourt führt dieses Vorgehen zwangsläufig zu einer Verzerrung von Kriminalitätsraten, die den scheinbaren empirischen Zusammenhang umso mehr unterstützt und auf diese Weise als selbsterfüllende Prophezeiung wirkt, die er als Ratchet Effect bezeichnet. 
=== Formal-juristische Anwendungsgrenzen ===
Aus juristischer Sicht wird vor allem kritisiert, dass es sich bei aktuarischen Prognose um keine Individualprognosen handelt, sondern lediglich gruppenstatistische Zuordnungen erlauben. Damit werden aktuarische Prognosen allerdings den vom Gesetzgeber aufgestellten rechtlichen Anforderungen strenggenommen nicht gerecht
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