Abolitionsrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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Als '''Abolitionsrecht''' (lat.: abolitio: Aufhebung, Abschaffung) bezeichnet die Staatslehre das Recht des Landesherrn, ein Strafverfahren niederzuschlagen, noch bevor es zu einer Urteilsverkündung gekommen ist.  
Als '''Abolitionsrecht''' (von [[Abolitio]] Abolitionsrecht (Iat. abolitio = Aufhebung) Das Recht des Fürsten, ein Strafverfahren niederzuschlagen, noch bevor es zu einer Urteilsverkündung gekommen ist. lat.: abolitio: Aufhebung, Abschaffung) bezeichnet die Staatslehre das Recht des Landesherrn, ein Strafverfahren niederzuschlagen, noch bevor es zu einer Urteilsverkündung gekommen ist.  


In Preußen, wo das Abolitionsrecht dem "Oberhaupte des Staates unmittelbar" schon 1717 ausdrücklich zugesprochen worden war, hielt sich das Abolitionsrecht bis in das 19. Jahrhundert und überdauerte sogar die Reichsgründung von 1871, obwohl zum Beispiel die bayerische Verfassung dem König schon 1808 ausdrücklich untersagt hatte, anhängige Verfahren zu behindern oder zu beenden oder gar eine Partei ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen. Da sich der Machthaber im NS-Staat ebenfalls wieder jede Intervention in laufende Verfahren vorbehielt, fand das exekutive Abolitionsrecht in Deutschland erst in der Bundesrepublik sein Ende.
In Preußen, wo das Abolitionsrecht dem "Oberhaupte des Staates unmittelbar" schon 1717 ausdrücklich zugesprochen worden war, hielt sich das Abolitionsrecht bis in das 19. Jahrhundert und überdauerte sogar die Reichsgründung von 1871, obwohl zum Beispiel die bayerische Verfassung dem König schon 1808 ausdrücklich untersagt hatte, anhängige Verfahren zu behindern oder zu beenden oder gar eine Partei ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen. Da sich der Machthaber im NS-Staat ebenfalls wieder jede Intervention in laufende Verfahren vorbehielt, fand das exekutive Abolitionsrecht in Deutschland erst in der Bundesrepublik sein Ende.
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== Literatur ==
== Literatur ==
*Heimberger, Joseph (1901) Das landesherrliche Abolitionsrecht. Leipzig: A. Deichert.
*[https://archive.org/stream/daslandesherrli00heimgoog/daslandesherrli00heimgoog_djvu.txt Heimberger, Joseph (1901) Das landesherrliche Abolitionsrecht. Leipzig: A. Deichert]

Version vom 30. Juni 2014, 08:48 Uhr

Als Abolitionsrecht (von Abolitio Abolitionsrecht (Iat. abolitio = Aufhebung) Das Recht des Fürsten, ein Strafverfahren niederzuschlagen, noch bevor es zu einer Urteilsverkündung gekommen ist. lat.: abolitio: Aufhebung, Abschaffung) bezeichnet die Staatslehre das Recht des Landesherrn, ein Strafverfahren niederzuschlagen, noch bevor es zu einer Urteilsverkündung gekommen ist.

In Preußen, wo das Abolitionsrecht dem "Oberhaupte des Staates unmittelbar" schon 1717 ausdrücklich zugesprochen worden war, hielt sich das Abolitionsrecht bis in das 19. Jahrhundert und überdauerte sogar die Reichsgründung von 1871, obwohl zum Beispiel die bayerische Verfassung dem König schon 1808 ausdrücklich untersagt hatte, anhängige Verfahren zu behindern oder zu beenden oder gar eine Partei ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen. Da sich der Machthaber im NS-Staat ebenfalls wieder jede Intervention in laufende Verfahren vorbehielt, fand das exekutive Abolitionsrecht in Deutschland erst in der Bundesrepublik sein Ende.

  • Die Einzelabolition als Freistellung eines Angeklagten von Strafverfolgung mitten in einem laufenden Verfahren ist seither unzulässig.
  • Für die Niederschlagung einer unbestimmten Vielzahl schwebender Verfahren (Generalabolition) bedarf es seither wie für Amnestien jeweils eines förmlichen Gesetzes. Zu dieser Art gnadenweiser Einstellung laufender Verfahren kommt es etwa zur Erleichterung des Übergangs, wenn ein bis dato strafbedrohtes Verhalten durch ein Reformgesetz von einem bestimmten Zeitpunkt an entkriminalisiert wird. In einem solchen Fall können die nach dem noch geltenden Gesetz bereits Verurteilten von einem Amnestiegesetz profitieren und diejenigen, deren Verfahren noch laufen, von einem Abolitionsgesetz. Ein Beispiel dafür ist das Straffreiheitsgesetz von 1970.

Der Übergang vom meist willkürlich einzelfallbezogenen exekutiven Abolitionsrecht zum abstrakt-generellen Gesetz, das von einem demokratisch legitimierten Parlament verabschiedet wird, bedeutet in gewisser Weise zugleich den Übergang vom Abolitionsrecht zur Abolitionsgesetzgebung. Wo die Lehren und Bestrebungen des Abolitionismus Erfolge zeitigen, tun sie dies deshalb auf dem Wege über die Gesetzgebung: wo es gelang, bestimmte Sanktionsformen wie z.B. die Todesstrafe, das Zuchthaus oder das Arbeitshaus abzuschaffen, erfolgte das jeweils auf der Grundlage eines entpsrechenden Gesetzes.

Literatur