Abolitionsrecht

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Das aus der römisch-rechtlichen abolitio hergeleitete Abolitionsrecht ist die Befugnis des Landesherrn, ein Strafverfahren noch vor der Urteilsverkündung niederzuschlagen. Das landesherrliche Abolitionsrecht manifestierte die Stellung des absoluten Herrschers über dem Recht. Dementsprechend verlor es mit dem Übergang zur konstitutionellen Monarchie bzw. zur republikanischen Staatsform seine Legitimation. Die Abschaffung des landesherrlichen Abolitionsrechts gehörte zu den ersten Beschlüssen der am 17.6.1789 gebildeten französischen Nationalversammlung (s. lettre d'abolition; Les Généraux se proclament Assemblée Nationale: la souveraineté n’est plus royale mais nationale).

Im demokratischen Rechtsstaat ist vom Abolitionsrecht nicht mehr die Rede. Es hat sich aber der Sache nach erhalten: das Volk als der neue Souverän kann auf dem Weg der Gesetzgebung ganze Institutionen des Rechtszwangs aufheben (z.B. die Todesstrafe abschaffen; s. Abolitionismus).

Deutschland

In Preußen, wo das Abolitionsrecht dem "Oberhaupte des Staates unmittelbar" 1717 ausdrücklich zugesprochen worden war, hielt es sich bis in das 19. Jahrhundert und überdauerte die Reichsgründung von 1871.

In Bayern hatte die Verfassung dem König 1808 ausdrücklich untersagt, anhängige Verfahren zu behindern oder zu beenden oder gar eine Partei ihrem gesetzlichen Richter zu entziehen. Im Vorwort zu seinem Werk über das Abolitionsrecht erklärte Joseph Heimberger 1901 darin ein Modell für eine reichseinheitliche Lösung:

"Angesichts der grossen Unzuträglichkeiten, die aus der tiefgehenden Rechtsverschiedenheit zwischen den einzelnen Staaten entspringen, und der Bestrittenheit sämtlicher in Betracht kommenden Fragen, sowohl der Grund- wie der Einzelfragen, drängte sich mir die Überzeugung auf, dass eine einheitliche Regelung des Abolitionsrechtes auf die Dauer kaum entbehrt werden könne. Sollte man einer künftigen Regelung etwa den Gedanken zu Grunde legen, welchen der König von Bayern in der Konstitution vom 1. Mai 1808 als erster der deutschen Fürsten aussprach: „Der König kann in Kriminalsachen Gnade erteilen, die Strafe erlassen oder mildern, aber in keinem Fall irgend eine anhängige Streitsache oder angefangene Untersuchung hemmen", so wäre dies bei den modernen Anschauungen über die Ausübung des Gnadenrechts vor Fällung des Urteils als ein erfreulicher Fortschritt zu begrüssen."

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Einzelabolition als Freistellung eines Angeklagten von Strafverfolgung mitten in einem laufenden Verfahren unzulässig.

Für die Niederschlagung einer unbestimmten Vielzahl schwebender Verfahren (Generalabolition) bedarf es wie für Amnestien eines förmlichen Gesetzes.

Zu dieser Art gnadenweiser Einstellung laufender Verfahren kommt es etwa zur Erleichterung des Übergangs, wenn ein bis dato strafbedrohtes Verhalten durch ein Reformgesetz von einem bestimmten Zeitpunkt an entkriminalisiert wird.

In einem solchen Fall können die nach dem noch geltenden Gesetz bereits Verurteilten von einem Amnestiegesetz profitieren und diejenigen, deren Verfahren noch laufen, von einem Abolitionsgesetz. Ein Beispiel dafür ist das Straffreiheitsgesetz von 1970.

Literatur und Weblinks