Überwachen und Strafen (Zusammenfassung): Unterschied zwischen den Versionen

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== Bestrafung ==
== Bestrafung ==
Das zweite Kapitel „Bestrafung“ beinhaltet ebenfalls zwei Teile. Der erste Teil „Die verallgemeinerte Bestrafung“ beschäftigt sich mit der Entstehung der Polizei, der Reform der Justiz und deren Reformkritiken, sowie der Humanisierung des Strafsystems. Das Ende des 18. Jahrhunderts markiert auch das Ende der Martern. Eine Humanisierung des Strafapparates beginnt, da die Justiz statt zu rächen endlich bestrafen soll und das nur möglich, wenn der Angeklagte als Mensch respektiert wird. Kennzeichnend für diese Zeit ist auch, dass die Zahl der Gewalttaten abnimmt, während die Kriminalität an sch zunimmt. Dies hängt zusammen mit der Anhäufung der Eigentumsdelikte. Es entsteht eine Polizei und eine neue Justiz, die allerdings von Reformern dahingehend kritisiert wird, dass sie keine Gewaltenteilung enthält, die Ämter weiterhin käuflich sind und de königlichen Privilegien noch zu stark sind. Ziel der Reformer ist eine Ökonomie der Strafgewalt und sie war letztendlich auch eine Wiederherstellung der Gesetzlichkeit. Die Humanisierung entsteht aus der Sicht, dass Strafe nützlich werden muss. Das heißt sie muss im Verhältnis zu möglicher Nachahmung und Wiederholung stehen. Diese Strafökonomie muss einen Zweck der Vorbeugung erfüllen. Die Effizienz der Strafe im Bezug auf mögliche Nachahmung beruht auf einigen regeln. So müssen die Nachteile einer Strafe die Vorteile des Verbrechens übertreffen, dabei macht die Erwartung eines Nachteils durch die Strafe ihre Wirksamkeit aus. Das impliziert auch, dass die Strafe am meisten Auswirkungen bei denen hinterlassen sollte, die die Tat (noch) nicht begangen haben. Dazu müssen die Gesetze völlig klar formuliert und veröffentlicht sein. Außerdem müssen die Gesetze alle Möglichkeiten umfassen und es muss gewährleistet sein, dass der Angeklagte bis zur endgültigen Überführung als unschuldig gilt. Um alle diese Regeln durchzusetzen entstehen Gewaltenteilung und ordentliche Gesetzbücher, die Verfahren werden öffentlich und man individualisiert die Strafen, sodass sie zum Charakter des Täters passen. Nicht die Tat selber, sondern die Täter werden klassifiziert. Diese moderne Form der Bestrafung folgt der Meinung, dass man sich als Bürger disqualifiziert, wenn man gegen Gesetze verstößt und von daher zu Recht zum Objekt wissenschaftlicher Untersuchung wird. Der zweite Teil dieses Kapitels heißt „Die Milde der Strafen“. Er beschäftigt sich mit den Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit bei den potentiellen Tätern die Anziehungskraft einer Gesetzeswidrigkeit genommen wird. Die Bedingungen sind: 1. Die Strafe muss logische Konsequenz der Tat sein; es darf keine Willkür entstehen und vermittelt werden, dazu gehört die absolute Transparenz zwischen Strafe und Verbrechen. 2. Vorstellung der Strafe und ihrer Nachteile muss lebhafter sein, als die des Verbrechens und seinem Vergnügen. Gegen schlechte Leidenschaft muss gute Gewohnheit gesetzt werden. 3. Zeitliche Abstufung der Strafe ist nötig. Die Strafe bekommt eine flexible Funktion und so eine innere Mechanik, da sie nun auch vorzeitig beendet werden kann, bei beispielsweise guter Führung. 4. Die Hemmzeichen der Strafe müssen der Bevölkerung vor Augen geführt werden. An die Stelle von geheimen Strafen müssen Züchtigungen treten, die als Wiedergutmachung betrachtet werden können. 5. Der Träger des Exempels muss nun die Lektion selbst sein. Die Gesetze werden in der Züchtigung für die Bevölkerung lesbar und ersichtlich Die moderne Bestrafung soll in der Öffentlichkeit das Gefühl erwecken, dass man den Täter leider dafür bestrafen musste, dass er ein Vergehen begangen hat. Die Reformer sahen weiter vor, dass jedem Verbrechen eine Strafe zugeteilt wird, aber keine Gefängnisstrafe, weil die nicht dem Öffentlichkeitsprinzip widerspricht. Dennoch erobert das Gefängnis in kurzer Zeit die Strafjustiz und lässt nur noch Unterschiede in verschiedenen Haftbedingungen. Das schon bestehende Prinzip der Zwangs- und Arbeitshäuser wird übernommen. Das Öffentlichkeitsprinzip wird nicht mehr genutzt. Die Gewissheit, dass eine Strafe verbüßt wird, muss reichen. Die größte Neuerung ist die umfassende Registrierung vom Vergehen, über Urteil und Täter, bis hin zu jedem einzelnen Hafttag. Das gesammelte Wissen bezieht sich nicht auf die Tat, sondern auf das Individuum und sein Verhalten. In den neuen Strafanstalten wird vor allem auch die genaue Zeitplanung und Registrierung ein Einzwängen des Körpers und eine Dressur des Verhaltens erlangt. So gibt es Ende des 18. Jahrhunderts drei Formen von Strafgewalt: Das Monarchenrecht mit seinen Martern, das Gesellschaftsvertragsrecht der Reformer, welches Wunschtraum bleibt und den staatlichen Verwaltungsapparat, mit den einem Zwang unterworfenen Körpern, den dressierten Körpern, die Foucault in den weiteren Kapiteln untersucht.
Das zweite Kapitel „Bestrafung“ beinhaltet ebenfalls zwei Teile. Der erste Teil „Die verallgemeinerte Bestrafung“ beschäftigt sich mit der Entstehung der Polizei, der Reform der Justiz und deren Reformkritiken, sowie der Humanisierung des Strafsystems. Das Ende des 18. Jahrhunderts markiert auch das Ende der Martern. Eine Humanisierung des Strafapparates beginnt, da die Justiz statt zu rächen endlich bestrafen soll und das nur möglich, wenn der Angeklagte als Mensch respektiert wird. Kennzeichnend für diese Zeit ist auch, dass die Zahl der Gewalttaten abnimmt, während die Kriminalität an sch zunimmt. Dies hängt zusammen mit der Anhäufung der Eigentumsdelikte. Es entsteht eine Polizei und eine neue Justiz, die allerdings von Reformern dahingehend kritisiert wird, dass sie keine Gewaltenteilung enthält, die Ämter weiterhin käuflich sind und de königlichen Privilegien noch zu stark sind. Ziel der Reformer ist eine Ökonomie der Strafgewalt und sie war letztendlich auch eine Wiederherstellung der Gesetzlichkeit. Die Humanisierung entsteht aus der Sicht, dass Strafe nützlich werden muss. Das heißt sie muss im Verhältnis zu möglicher Nachahmung und Wiederholung stehen. Diese Strafökonomie muss einen Zweck der Vorbeugung erfüllen. Die Effizienz der Strafe im Bezug auf mögliche Nachahmung beruht auf einigen regeln. So müssen die Nachteile einer Strafe die Vorteile des Verbrechens übertreffen, dabei macht die Erwartung eines Nachteils durch die Strafe ihre Wirksamkeit aus. Das impliziert auch, dass die Strafe am meisten Auswirkungen bei denen hinterlassen sollte, die die Tat (noch) nicht begangen haben. Dazu müssen die Gesetze völlig klar formuliert und veröffentlicht sein. Außerdem müssen die Gesetze alle Möglichkeiten umfassen und es muss gewährleistet sein, dass der Angeklagte bis zur endgültigen Überführung als unschuldig gilt. Um alle diese Regeln durchzusetzen entstehen Gewaltenteilung und ordentliche Gesetzbücher, die Verfahren werden öffentlich und man individualisiert die Strafen, sodass sie zum Charakter des Täters passen. Nicht die Tat selber, sondern die Täter werden klassifiziert. Diese moderne Form der Bestrafung folgt der Meinung, dass man sich als Bürger disqualifiziert, wenn man gegen Gesetze verstößt und von daher zu Recht zum Objekt wissenschaftlicher Untersuchung wird.
 
===Die Milde der Strafen===
Der zweite Teil dieses Kapitels heißt „Die Milde der Strafen“. Er beschäftigt sich mit den Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit bei den potentiellen Tätern die Anziehungskraft einer Gesetzeswidrigkeit genommen wird. Die Bedingungen sind:
*1. Die Strafe muss logische Konsequenz der Tat sein; es darf keine Willkür entstehen und vermittelt werden, dazu gehört die absolute Transparenz zwischen Strafe und Verbrechen.
*2. Vorstellung der Strafe und ihrer Nachteile muss lebhafter sein, als die des Verbrechens und seinem Vergnügen. Gegen schlechte Leidenschaft muss gute Gewohnheit gesetzt werden.
*3. Zeitliche Abstufung der Strafe ist nötig. Die Strafe bekommt eine flexible Funktion und so eine innere Mechanik, da sie nun auch vorzeitig beendet werden kann, bei beispielsweise guter Führung.
*4. Die Hemmzeichen der Strafe müssen der Bevölkerung vor Augen geführt werden. An die Stelle von geheimen Strafen müssen Züchtigungen treten, die als Wiedergutmachung betrachtet werden können.
*5. Der Träger des Exempels muss nun die Lektion selbst sein. Die Gesetze werden in der Züchtigung für die Bevölkerung lesbar und ersichtlich.
 
Die moderne Bestrafung soll in der Öffentlichkeit das Gefühl erwecken, dass man den Täter leider dafür bestrafen musste, dass er ein Vergehen begangen hat. Die Reformer sahen weiter vor, dass jedem Verbrechen eine Strafe zugeteilt wird, aber keine Gefängnisstrafe, weil die nicht dem Öffentlichkeitsprinzip widerspricht. Dennoch erobert das Gefängnis in kurzer Zeit die Strafjustiz und lässt nur noch Unterschiede in verschiedenen Haftbedingungen. Das schon bestehende Prinzip der Zwangs- und Arbeitshäuser wird übernommen. Das Öffentlichkeitsprinzip wird nicht mehr genutzt. Die Gewissheit, dass eine Strafe verbüßt wird, muss reichen. Die größte Neuerung ist die umfassende Registrierung vom Vergehen, über Urteil und Täter, bis hin zu jedem einzelnen Hafttag. Das gesammelte Wissen bezieht sich nicht auf die Tat, sondern auf das Individuum und sein Verhalten. In den neuen Strafanstalten wird vor allem auch die genaue Zeitplanung und Registrierung ein Einzwängen des Körpers und eine Dressur des Verhaltens erlangt. So gibt es Ende des 18. Jahrhunderts drei Formen von Strafgewalt: Das Monarchenrecht mit seinen Martern, das Gesellschaftsvertragsrecht der Reformer, welches Wunschtraum bleibt und den staatlichen Verwaltungsapparat, mit den einem Zwang unterworfenen Körpern, den dressierten Körpern, die Foucault in den weiteren Kapiteln untersucht.


== Disziplin ==
== Disziplin ==
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