Entkriminalisierung: Unterschied zwischen den Versionen

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Kohl & Scheerer (1989: 89) unterscheiden anders:  
Kohl & Scheerer (1989: 89) unterscheiden anders:  
#Wird ein strafbares Verhalten durch die Entkriminalisierung zum erlaubten Verhalten, sprechen sie von ersatzloser Entkriminalisierung.
#Wird ein strafbares Verhalten durch die Entkriminalisierung zum erlaubten Verhalten, sprechen sie von ersatzloser Entkriminalisierung.
#Eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit ist keine "ersatzlose" wohl aber eine "transformierende" Entkriminalisierung. Das ist aber trotzdem eine "echte" und "wirkliche" Entkriminalisierung: was Kriminalunrecht war, wird zu Verwaltungsunrecht, Zuständigkeiten und Verfahrensweisen ändern sich; es entfällt auch das Odium des Kriminellen, d.h. die besondere Intensität sozialer Ächtung für Tat und Täter. Der Vorwurf der bloßen Umetikettierung trifft deshalb nicht. - Beispiel ist die Umwandlung der strafbaren Straßenverkehrsübertretungen in Ordnungswidrigkeiten durch das Einführungsgesetz zum Ordnungswidrigkeitengesetz vom 24.5.1968. Tatbestände wurden formal aus dem Strafrecht ausgegliedert, um anschließend in einer anderen Rechtsmaterie, in einem Katalog für Ordnungswidrigkeiten, wieder aufzutauchen. Das ist eine tatsächliche Entkriminalisierung, die nicht dadurch weniger wirklich wird, dass sie die Rechtsmaterie "nur" verlagert. Denn immerhin fallen der spezifische Zwangscharakter und die spezifische Ächtung weg. Das Verhalten gilt nicht mehr - mit allen Konsequenzen der Stigmatisierung etc. - als "kriminell".
#Eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit ist keine "ersatzlose" wohl aber eine "transformierende" und damit eine "wirkliche" Entkriminalisierung, weil sich Zuständigkeiten, Verfahren und sowohl formelle als auch informelle Sanktionen erheblich ändern. Es entfällt das Odium des Kriminellen und damit die besondere Ächtung von Tat und Täter. Der Vorwurf der bloßen Umetikettierung trifft deshalb nicht. (Beispiel: Umwandlung der strafbaren Straßenverkehrsübertretungen in Ordnungswidrigkeiten durch das Einführungsgesetz zum Ordnungswidrigkeitengesetz vom 24.5.1968. Tatbestände wurden formal aus dem Strafrecht ausgegliedert, um anschließend in einer anderen Rechtsmaterie, in einem Katalog für Ordnungswidrigkeiten, wieder aufzutauchen. Das Verhalten gilt aber eben nicht mehr als kriminell. Das ist ein großer Unterschied.  
#Wenn das Verhalten weiterhin einen Straftatbestand darstellt, die Sanktion aber nicht Strafe, sondern Maßregel heißt, liegt gar keine Entkriminalisierung vor. Denkbar wäre allenfalls, auch nicht unproblematisch, von einer Entpönalisierung zu sprechen, da die poena, die peinliche Kriminalstrafe, ja entfällt, wenn auch die Sanktionsdrohung erhalten bleibt.
#Wenn das Verhalten weiterhin einen Straftatbestand darstellt, die Sanktion aber nicht Strafe, sondern Maßregel heißt, liegt gar keine Entkriminalisierung vor. Denkbar wäre allenfalls, auch nicht unproblematisch, von einer Entpönalisierung zu sprechen, da die poena, die peinliche Kriminalstrafe, ja entfällt, wenn auch die Sanktionsdrohung erhalten bleibt.


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