Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Unterschied zwischen den Versionen

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Das deutsche '''Netzwerkdurchsetzungsgesetz''' (NetzDG, Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken, auch Facebook-Gesetz genannt) soll Hetze und gefälschte Meldungen (Fake News) in sozialen Netzwerken bekämpfen. Während des Gesetzgebungsverfahrens warnte die Mehrheit der geladenen Experten vor Missbrauchsrisiken und diagnostizierte die Verfassungswidrigkeit des Entwurfs. Das Gesetz kam verfahrensfehlerhaft zustande, wurde aber vom Bundespräsidenten unterzeichnet. Das eigentliche Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist identisch mit Artikel 1 Teil des ebenso benannten Mantelgesetzes, das in Art. 2 auch eine Änderung des Telemediengesetzes enthält, die nicht nur soziale Netzwerke betrifft. Das NetzDG wurde nach einer Übergangs- und Vorbereitungsfrist für Facebook, Twitter und andere Betreiber am 1.1.2018 voll wirksam und offenbarte schon in den ersten Tagen des Jahres die befürchteten Schwächen.
Das deutsche '''Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken''' ('''Netzwerkdurchsetzungsgesetz''' NetzDG) wird auch als '''Facebook-Gesetz''' bezeichnet. Es richtet sich gegen Hetze und ''fake news'' in sozialen Netzwerken. Es ist identisch mit Artikel 1 Teil des ebenso benannten Mantelgesetzes, das in Art. 2 auch eine Änderung des Telemediengesetzes enthält, die nicht nur soziale Netzwerke betrifft. Unmittelbar nach seinem Wirksamwerden zum 1.1.2018 bestätigten sich die schon während Gesetzgebungsverfahrens vielfach geäußerten Befürchtungen, dass es die sozialen Netzwerke durch die Drohung mit Bußgeldern bis zu € 50 Millionen zu exzessiven Löschungen und damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit veranlassen würde (sog. Overblocking).  


== Inhalt ==
== Inhalt ==
'''Geltungsbereich''': Das Gesetz gilt für Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube, aber nicht für E-Mail- und Messenger-Dienste. Berufliche Netzwerke, Fachportale, Online-Spiele und Verkaufsplattformen sind ebenfalls nicht betroffen. Eine Grenze von mindestens zwei Millionen registrierten Nutzern in Deutschland soll zudem verhindern, dass Start-up-Unternehmen durch das Gesetz in ihrer Entwicklung behindert werden.
'''Geltungsbereich''': Das Gesetz gilt für Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube mit mindestens zwei Millionen in Deutschland registrierten Nutzern. Es gilt nicht für E-Mail- und Messenger-Dienste, berufliche Netzwerke, Fachportale, Online-Spiele und Verkaufsplattformen. Start-up-Unternehmen sollen durch das Gesetz nach Möglichkeit nicht in ihrer Entwicklung behindert werden.


'''Pflichten''': Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube müssen „offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden“ nach Eingang einer Beschwerde löschen oder sperren. Bei komplexeren Fällen soll in der Regel eine Sieben-Tages-Frist gelten, um über eine Löschung oder Sperrung zu entscheiden. Die Wochenfrist kann in zwei Fällen überschritten werden: 1.) Wenn neben dem objektiven Straftatbestand auch mögliche Rechtfertigungsgründe berücksichtigt werden sollen und/oder 2.) wenn eine Prüfung im Rahmen der sogenannten regulierten Selbstregulierung erfolgen soll. Neben dem objektiven Straftatbestand sollen auch mögliche Rechtfertigungsgründe berücksichtigt und der '''Kontext''' einer Äußerung in die Überprüfung einbezogen werden. Konkret bedeutet dies: „Wenn die Bewertung vom Kontext abhängt, soll der Nutzer Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
'''Pflichten''': Die entsprechenden Firmen müssen „offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden“ nach Eingang einer Beschwerde löschen oder sperren. Für schwierige Fälle gilt in der Regel eine Sieben-Tages-Frist. Diese Frist kann in zwei Fällen überschritten werden: 1.) Wenn neben dem objektiven Straftatbestand auch mögliche Rechtfertigungsgründe berücksichtigt werden sollen und/oder 2.) wenn eine Prüfung im Rahmen der sogenannten regulierten Selbstregulierung erfolgen soll. Neben dem objektiven Straftatbestand sollen auch mögliche Rechtfertigungsgründe berücksichtigt und der '''Kontext''' einer Äußerung in die Überprüfung einbezogen werden. Konkret bedeutet dies: „Wenn die Bewertung vom Kontext abhängt, soll der Nutzer Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten."


Das ist ein weiter Anwendungsbereich, denn die juristische Beurteilung strafbarer Inhalte hängt meist vom Kontext ab.“ Auch können Anbieter sozialer Netzwerke die Entscheidung über nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte an eine Art freiwillige Selbstkontrolle abgeben. Eine solche „anerkannte Einrichtung der regulierten Selbstregulierung“ muss staatlich zugelassen und vom Bundesamt für Justiz überwacht werden, wird aber gegründet, ausgestattet und betrieben von den Unternehmen. Dieses Prinzip der regulierten Selbstregulierung soll nach dem Vorbild des Jugendmedienschutzes errichtet werden können. Als Beispiel wird hierfür seitens der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter FSM benannt. Nach den Worten der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag Eva Högl sei der Weg der regulierten Selbstregulierung ein wichtiger Beitrag zum Schutz vor Overblocking und schließe zudem aus, dass die Rechtsdurchsetzung privatisiert wird. Patrick Beuth von ZEIT Online argumentiert hingegen: "Selbstregulierung heißt letztlich eben immer, dass der Staat nicht die nötigen Mittel aufwenden kann oder will, um selbst zu regulieren. Im Fall des NetzDG bedeutet es, dass börsennotierten Unternehmen eine Aufgabe zufällt, die in einer idealen Welt eine der Justiz wäre." Geht ein Unternehmen den Weg der regulierten Selbstregulierung, obwohl die Rechtswidrigkeit „offensichtlich“ war, droht ein Bußgeld. Nach Darstellung des Bundesamtes für Justiz greift ein Bußgeld jedoch nicht in Fällen, wo die regulierte Selbstregulierung die Rechtmäßigkeit eines Inhalts feststellte, denn "Der Entscheidung durch das Bundesamt für Justiz sind solche Inhalte entzogen, deren Rechtmäßigkeit durch die anerkannte Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung festgestellt wurde."
Anbieter sozialer Netzwerke die Entscheidung über nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte an eine Art freiwillige Selbstkontrolle abgeben. Eine solche „anerkannte Einrichtung der regulierten Selbstregulierung“ muss staatlich zugelassen und vom Bundesamt für Justiz überwacht werden, wird aber gegründet, ausgestattet und betrieben von den Unternehmen. Dieses Prinzip der regulierten Selbstregulierung soll nach dem Vorbild des Jugendmedienschutzes errichtet werden können. Als Beispiel wird hierfür seitens der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter FSM benannt. Nach den Worten der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag Eva Högl sei der Weg der regulierten Selbstregulierung ein wichtiger Beitrag zum Schutz vor Overblocking und schließe zudem aus, dass die Rechtsdurchsetzung privatisiert wird. Patrick Beuth von ZEIT Online argumentiert hingegen: "Selbstregulierung heißt letztlich eben immer, dass der Staat nicht die nötigen Mittel aufwenden kann oder will, um selbst zu regulieren. Im Fall des NetzDG bedeutet es, dass börsennotierten Unternehmen eine Aufgabe zufällt, die in einer idealen Welt eine der Justiz wäre." Geht ein Unternehmen den Weg der regulierten Selbstregulierung, obwohl die Rechtswidrigkeit „offensichtlich“ war, droht ein Bußgeld. Nach Darstellung des Bundesamtes für Justiz greift ein Bußgeld jedoch nicht in Fällen, wo die regulierte Selbstregulierung die Rechtmäßigkeit eines Inhalts feststellte, denn "Der Entscheidung durch das Bundesamt für Justiz sind solche Inhalte entzogen, deren Rechtmäßigkeit durch die anerkannte Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung festgestellt wurde."


== Gesetzgebungsverfahren ==
== Gesetzgebungsverfahren ==
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