Ersatzfreiheitsstrafe: Unterschied zwischen den Versionen

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Im deutschen Recht wird eine in Freiheitsstrafe umgewandelte Geldstrafe als '''Ersatzfreiheitsstrafe''' (EFS) bezeichnet. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist in § 43 des Strafgesetzbuchs geregelt. Dieser besagt: "An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag." - Da Geldstrafen in Deutschland in der Form von Tagessätzen verhängt werden, stellt die Umrechnung kein Problem dar: Wer zu 60 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt wurde, dessen EFS beläuft sich dann auf 60 Tage Gefängnis.
Im deutschen Recht wird eine in Freiheitsstrafe umgewandelte Geldstrafe als '''Ersatzfreiheitsstrafe''' (EFS) bezeichnet. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist in § 43 des Strafgesetzbuchs geregelt. Dieser besagt: "An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag." - Da Geldstrafen in Deutschland in der Form von Tagessätzen verhängt werden, stellt die Umrechnung kein Problem dar: Wer zu 60 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt wurde, dessen EFS beläuft sich dann auf 60 Tage Gefängnis.


===Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ===
Die Umwandlung der Geldstrafe in eine EFS erfolgt in gewissem Sinne automatisch: Die EFS tritt in dem Moment an die Stelle der Geldstrafe, in dem der zuständige Rechtspfleger meint, die Geldstrafe sei uneinbringlich. Diese Meinungsbildung erfolgt wohl häufig vorschnell, wie aus einem Forschungsprojekt von [http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-06/ersatzfreiheitsstrafe-geldstrafe-gefaengnis-reform/seite-2 Heinz Cornel und einem Team der Straffälligen- und Bewährungshilfe Berlin] hervorgeht:
:"Wir haben einen Scout eingesetzt, der nichts anderes gemacht hat, als zu den Menschen zu fahren, die sich nicht zurückgemeldet haben." Dort habe dieser dann mal festgestellt, dass derjenige schon zwei Jahre bei seiner Freundin wohnt, oder dass dort überhaupt kein Briefkasten ist. Und in sehr vielen Fällen habe er die Menschen ausfindig machen können. Oft einfach, indem er einen Brief schickte, die Adresse per Hand auf den Umschlag schrieb und eine Handynummer angab, unter der er auch außerhalb von Behördenarbeitszeiten zu erreichen war. "Plötzlich meldeten sich eine ganze Menge Leute, die eigentlich schon abgeschrieben waren", sagt Cornel. "Wir haben das in Berlin mal durchgerechnet: Man könnte Millionen sparen."
Daher die Relevanz eines kleinen Unterschieds zwischen Schweden und Deutschland in dieser Hinsicht. Solange es nämlich in Schweden überhaupt noch die EFS gab, war es Aufgabe eines Richters, im Falle der Nichtzahlung einer Geldstrafe herauszufinden, ob der/die Verurteilte nicht zahlen wollte oder nicht zahlen konnte - und nur im letzteren Fall kam eine EFS in Betracht. 


===Paradoxie und Reformbedarf===
===Paradoxie und Reformbedarf===
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*Ein Tag Vollzug der EFS kostet den Staat 100-150 € (in Hamburg: 149).
*Ein Tag Vollzug der EFS kostet den Staat 100-150 € (in Hamburg: 149).
*"Etwa 100 Millionen Euro sind bundesweit pro Jahr nötig, um Menschen, die eigentlich zu Geldstrafen verurteilt wurden, vorübergehend einzusperren. '''Zehn deutsche Knäste könnten sofort geschlossen werden''', wenn EFS durch andere Sanktionen ersetzt würden"<ref>[http://www.spiegel.de/panorama/justiz/strafvollzug-geld-oder-knast-a-557648.html Kleinhubbert, Spiegel 07.06.2008]</ref>.Die Kostenproblematik und die häufig ausgesprochen negativen Auswirkungen des Gefängnisaufenthalts auf die Betroffenen ("kriminelle Ansteckung", Mobbing, Schikanen, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung durch Mitgefangene) führen immer wieder zu Überlegungen, ob und wie sich der Vollzug von EFS vermeiden lassen könnte.
*"Etwa 100 Millionen Euro sind bundesweit pro Jahr nötig, um Menschen, die eigentlich zu Geldstrafen verurteilt wurden, vorübergehend einzusperren. '''Zehn deutsche Knäste könnten sofort geschlossen werden''', wenn EFS durch andere Sanktionen ersetzt würden"<ref>[http://www.spiegel.de/panorama/justiz/strafvollzug-geld-oder-knast-a-557648.html Kleinhubbert, Spiegel 07.06.2008]</ref>.Die Kostenproblematik und die häufig ausgesprochen negativen Auswirkungen des Gefängnisaufenthalts auf die Betroffenen ("kriminelle Ansteckung", Mobbing, Schikanen, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung durch Mitgefangene) führen immer wieder zu Überlegungen, ob und wie sich der Vollzug von EFS vermeiden lassen könnte.
===Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ===
Die Umwandlung der Geldstrafe in eine EFS erfolgt in gewissem Sinne automatisch: Die EFS tritt in dem Moment an die Stelle der Geldstrafe, in dem der zuständige Rechtspfleger meint, die Geldstrafe sei uneinbringlich. Diese Meinungsbildung erfolgt wohl häufig vorschnell, wie aus einem Forschungsprojekt von [http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-06/ersatzfreiheitsstrafe-geldstrafe-gefaengnis-reform/seite-2 Heinz Cornel und einem Team der Straffälligen- und Bewährungshilfe Berlin] hervorgeht:
:"Wir haben einen Scout eingesetzt, der nichts anderes gemacht hat, als zu den Menschen zu fahren, die sich nicht zurückgemeldet haben." Dort habe dieser dann mal festgestellt, dass derjenige schon zwei Jahre bei seiner Freundin wohnt, oder dass dort überhaupt kein Briefkasten ist. Und in sehr vielen Fällen habe er die Menschen ausfindig machen können. Oft einfach, indem er einen Brief schickte, die Adresse per Hand auf den Umschlag schrieb und eine Handynummer angab, unter der er auch außerhalb von Behördenarbeitszeiten zu erreichen war. "Plötzlich meldeten sich eine ganze Menge Leute, die eigentlich schon abgeschrieben waren", sagt Cornel. "Wir haben das in Berlin mal durchgerechnet: Man könnte Millionen sparen."
Daher die Relevanz eines kleinen Unterschieds zwischen Schweden und Deutschland in dieser Hinsicht. Solange es nämlich in Schweden überhaupt noch die EFS gab, war es Aufgabe eines Richters, im Falle der Nichtzahlung einer Geldstrafe herauszufinden, ob der/die Verurteilte nicht zahlen wollte oder nicht zahlen konnte - und nur im letzteren Fall kam eine EFS in Betracht.


=== Tilgung der EFS durch freie Arbeit ===
=== Tilgung der EFS durch freie Arbeit ===
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