Entkriminalisierung: Unterschied zwischen den Versionen

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==Kriterien==
==Kriterien==
Bezogen auf die deutsche Strafrechtswissenschaft war es Mittermaier, der bereits 1819 den Entkriminalisierungsgedanken aufgriff. Er sah es als „Grundfehler“ an, „die Strafgesetze zu vervielfältigen und das kriminelle Gebiet zu weit auszudehnen.“ Auch Franz v. Liszt forderte in seiner „Strafzweckslehre“ Merkmale wie „Notwendigkeit“ als unabdingbare Voraussetzungen der Strafdrohung. „Wo andere sozialpolitische Maßnahmen oder eigene freiwillige Leistungen des Täters einen ausreichenden Rechtsgüterschutz gewährleisten können, darf - mangels Notwendigkeit - nicht bestraft werden“ (zit. nach Roos 1981: 7 f.). Radbruch erklärte 1927 in seiner Schrift „Abbau des Strafrechts“, dass das Ziel der strafrechtlichen Entwicklung nicht die Verbesserung des Strafrechts sei, sondern das Ersetzen des Strafrechts durch etwas Besseres. Seitdem wurde eine Begrenzung des Strafrechts immer wieder gefordert (Roos 1981: 8 ff.).
Bezogen auf die deutsche Strafrechtswissenschaft war es Mittermaier, der bereits 1819 den Entkriminalisierungsgedanken aufgriff. Er sah es als „Grundfehler“ an, „die Strafgesetze zu vervielfältigen und das kriminelle Gebiet zu weit auszudehnen.“ Auch Franz v. Liszt forderte in seiner „Strafzweckslehre“ Merkmale wie „Notwendigkeit“ als unabdingbare Voraussetzungen der Strafdrohung. „Wo andere sozialpolitische Maßnahmen oder eigene freiwillige Leistungen des Täters einen ausreichenden Rechtsgüterschutz gewährleisten können, darf - mangels Notwendigkeit - nicht bestraft werden“ (zit. nach Roos 1981: 7 f.). Radbruch erklärte 1927 in seiner Schrift „Abbau des Strafrechts“, dass das Ziel der strafrechtlichen Entwicklung nicht die Verbesserung des Strafrechts sei, sondern das Ersetzen des Strafrechts durch etwas Besseres. Seitdem wurde eine Begrenzung des Strafrechts immer wieder gefordert (Roos 1981: 8 ff.).
==Entkriminalisierung von Cannabis ==
Am 9. März 1994 erging der so genannte Cannabis-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge bei geringfügigen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz durch den Erwerb, Besitz usw. von geringen Mengen von Cannabis zum Eigenverbrauch, nach Ermessen der Strafverfolgungsbehörden von einem Strafverfahren abgesehen werden kann. Der Ermessensspielraum wird in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gesehen. Die kriminalpolitische Diskussion darüber, ob der Cannabiskonsum eher durch eine Freigabe von Cannabis als durch eine generalpräventive Wirkung des Strafrechts vermindert werden kann, ist noch nicht beendet, da bislang noch keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse vorliegen. Da dieser Beschluss unbefriedigend für die Betroffenen ist, wurde am 21.10. 2010 von dem DHV eine Petition zur Entkriminalisierung von Cannabiskonsumenten gestartet, über die im Bundestag beraten werden wird. Eine Anhörung fand am 25. 01.2012 in Berlin statt.


==Literatur==
==Literatur==
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