Terrorismusbekämpfung durch Menschenrechtsverletzungen

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Mein Lieblingszitat in diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Es stammt vom Bundesinnenminister und steht auf S. 211 der Zeitschrift für Rechtspolitik, Beilage zur renommierten NJW (2007):
"Wir müssen ebenso grenzüberschreitend agieren wie Terroristen und Kriminelle, und wir müssen ebenso vernetzt sein – international wie national. Wir müssen operativ auf der Höhe derjenigen sein, die unsere Sicherheit gefährden. Das heißt, wir müssen die technischen Mittel anwenden und kontrollieren, die Kriminelle und Terroristen im 21. Jahrhundert zur Ausübung ihrer Taten nutzen." Die solchermaßen erklärte Bereitschaft des Staates, sich seinen erklärten Feinden in der Mittelwahl anzupassen, birgt ein Eskalationspotential, an dessen Ende der präventive Staatsterrorismus steht."
Aus: Clemens Knobloch (19.5.2008) Der Präventivstaat und seine Feinde


In Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen generell üblich sind, wird auch Terrorismusbekämpfung durch Menschenrechtsverletzungen praktiziert. Darüber hinaus praktizieren aufgrund politischer Prioritätensetzung, situativer Bedingungen und sozialpsychologischer Mechanismen auch klassische demokratische Rechtsstaaten Terrorismusbekämpfung durch Menschenrechtsverletzungen. Dies galt schon für die Bekämpfung der IRA durch die britische Regierung und die Bekämpfung der RAF durch die Bundesrepublik Deutschland. Weit mehr aber gilt dies für die USA und den War on Terror seit 2001. Im Vordergrund standen die Praktiken in Guantanamo und Verschleppungen von Verdächtigen in Drittstaaten, um sie dort der Folter auszusetzen. Die Europäische Union trug zu dem System durch Duldung (von Verschleppungen) oder Handlungen (Vernehmungen in Guantanamo) bei. Deutschland verweigerte die Befreiung eines unschuldigen Guantanamo-Häftlings (Murat Kurnaz). Deutsches Militär überließ die Festnahme von Verdächtigen in Afghanistan afghanischen Polizeikräften oder übergibt Festgenommene afghanischen Polizeikräften, ohne sicherzustellen, dass diese nicht der Folter unterworfen werden.


Erscheinungsformen

Folter, Überstellungen in Folterländer, Verschwindenlassen, extralegale gezielte Tötungen.


Regelsetzer

Regierungen setzen politische Prioritäten. Je stärker die Terrorismusbekämpfung (TB) die politische Agenda dominiert, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die politische Zielsetzung rechtliche Normen als Hindernisse erscheinen lässt und Mittel und Wege gefunden werden, diese Barrieren abzubauen bzw. zu umgehen. Dabei können Grenzen des Erlaubten ausdrücklich verschoben werden ("Folter ist in bestimmten Fällen erlaubt") und/oder Grenzverschiebungen durch semantische Verschleierungen verdeckt werden.


Regeldurchsetzer

Abweichendes Verhalten

Konformes Verhalten

Erklärungsversuche

Situation (Zimbardo)

Disposition (Milgram; Welzer)

Institution (Messner/Rosenfeld)

Kontrolltheoretisch lassen sich Staatsführungen als prinzipiell frei zur Begehung von Menschenrechtsverletzungen ansehen. Sie können diese Freiheit vor allem durch Restriktionen rechtsstaatlicher Art verlieren.

Effektivität

Zielerreichung

Indifferenz

Kontraproduktivität

Selbstzerstörung

Strafverfolgung

Weblinks und Literatur

  • Danner, Mark (2004) Torture and Truth: America, Abu Ghraib and the War on Terror. New York Review of Books
  • ECCHR: Folter und die Verwertung von Informationen bei der Terrorismusbekämpfung. Die Fälle Kurnaz, Zammar und El Masri vor dem BND-Untersuchungsausschuss. Mit einem Vorwort des ehemaligen UN-Sonderberichterstatters über Folter, Prof. Manfred Nowak
  • Etzioni, Amitai (2005) How Patriotic Is the Patriot Act? Freedom versus Security in the Age of Terrorism. Routledge
  • Herman, Susan N. (2011) Taking Liberties: The War on Terror and the Erosion of American Democracy. Oxford: O U Press
  • Zedner, Lucia (2007) Seeking Security by Eroding Rights: The Side-stepping of Due Process, in: Benjamin J Goold and Liora Lazarus, eds., Security and Human Rights. Oxford and Portland, OREGON: Hart, 257-275.

Siehe auch