Stockholm International Prize in Criminology

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Der Stockholm International Prize in Criminology [1] wird seit 2006 jährlich vom schwedischen Justizministerium für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der kriminologischen Forschung bzw. der praktischen Anwendung von Forschungsergebnissen verliehen. Voraussetzung für die Nominierung von Bewerbern ist, dass deren Beiträge sich mit Themen der Verringerung der Kriminalität und der Förderung der Menschenrechte auseinandersetzen.


Ursprung und Zweck

Hauptsponsor des Preises, dessen Ursprung in der Internationalen Kriminologischen Gesellschaft (International Society of Criminology; ISC) [2] liegt, ist die Jerry Lee Stiftung [3]. Jerry Lee [4] war Professor an der Universität von Pennsylvania (USA) und der Zweck der Stiftung ist die Auszeichnung besonderer Leistungen in der Kriminologie, den Sozialwissenschaften und der Bildung im Allgemeinen zur Verringerung von Leid und Ungerechtigkeit. Vorrangiges Ziel des Preises ist die globale Aufwertung der kriminologischen Forschungen, damit kriminologische Forschungsarbeiten die Grundlage kriminalpolitischer Entscheidungen bilden. Demnach hat der Stockholm Preis für Kriminologie folgende Ziele:

  • verbessertes Wissen über die Ursachen von Verbrechen auf individueller und struktureller Ebene
  • effektivere und menschenwürdigere öffentliche Ordnung bei der Behandlung von Straftätern
  • bessere Kenntnisse über alternative Strategien zur Verbrechensverhütung innerhalb und außerhalb des Justizwesens
  • Erarbeiten von Richtlinien zur Unterstützung von Verbrechensopfern
  • bessere Möglichkeiten zur Reduzierung des weltweiten Problems illegaler oder missbräuchlicher Praktiken in der Rechtspflege


bisherige Preisträger

2006

Friedrich Lösel [5][6] (Cambridge University,Großbritannien) und John Braithwaite [7] (National University, Australien)

Die erste Preisverleihung fand am 16. Juni 2006 statt. Mit dem Preis wurden Professor Friedrich Lösel und John Braithwaite, in einer feierlichen Zeremonie im Rathaus von Stockholm, ausgezeichnet. Die Feierlichkeiten fanden im Rahmen einer jährlich stattfindenden Fachkonferenz für Kriminologie statt. Die beiden Wissenschaftler erhielten die Auszeichnung für ihre Forschungen zum Thema:"Wie kann verhindert werden, dass Straftäter rückfällig werden." Die Jury hob die wissenschaftliche Bedeutung der Arbeit der beiden Preisträger hervor, besonders aber den Einfluss ihrer Ergebnisse auf staatliche Maßnahmen zur Verringerung von Kriminalität unter Berücksichtigung der Menschenrechte.

Veröffentlichungen von Friedrich Lösel: [8] und John Braithwaite: [9]

2007

Alfred Blumstein [10] (Universität Pittsburgh, USA) und Terrie E. Moffitt [11] (Universität London, England)

Im Jahr 2007 erhielten die beiden Kriminologen Alfred Blumstein und Terrie E. Moffitt den Stockholm Preis. Moffitt erhielt den Preis für ihre Forschungen über die Bedeutung von sozialen, psychologischen und biologischen Faktoren bei Kriminellen, Blumstein für seine Erkenntnisse zur persönlichen Entwicklung von Verbrechern. Beide Forschungsbereiche haben einen globalen Einfluss auf die internationale Politik und auf die Entwicklung des allgemeinen Rechtsverständnisses.

Veröffentlichungen von Alfred Blumstein: [12] und Terrie E. Moffitt: [13]

2008

David Olds [14] (University of Colorado, USA) und Jonathan Shepard [15](Universität Cardiff, England)

Für ihre Experimente im Bereich der primären Kriminalprävention und die Erfindung von Strategien zur Unterdrückung von Kriminalität in risikobehafteten Situationen wurden die beiden Professoren David Olds und Jonathan Shepard mit dem dritten Stockholm Preis für Kriminologie geehrt. Die Jury würdigte die besondere Forschungsleistung beider Preisträger, die eine entscheidende Rolle bei der Verhinderung von Kindesmissbrauch bzw. schwerer Körperverletzung spielt. Die wissenschaftliche Excellenz beider Arbeiten wirkt sich auf staatliche Maßnahmen zur Verhütung von Kriminalität unter besonderer Berücksichtung der Menschenrechte aus.

Veröffentlichungen von David Olds: [16] und Jonathan Shepard: [17]

2009

John Hagan [18][19](Northwestern University of Illinois, USA) und Raul Eugenio Zaffaroni [20] [21]Oberster Gerichtshof von Argentinien)

Im Jahre 2009 wird der Stockholm Preis für Kriminologie an die beiden Professoren John Hagan und Raul Eugenio Zaffaroni verliehen. Für seine empirische Arbeit zum Thema "Genozid im Balkangebiet und der Darfur-Region" wird der Soziologe Prof. Hagan, geehrt. Raul Zaffaroni erhält den Preis für seine Forschungen und kriminologischen Theorien über die Ursachen und die Verhütung von Völkermord.

Veröffentlichungen von John Hagan: [22] und Raul Eugenio Zaffaroni: [23] [24] [25]


2010

David L. Weisburd (Hebrew University, Israel/George Mason University, USA); Weisburd erhielt den Stockholm International Prize in Criminology für seine empirischen Arbeit zum Einfluss von Polizeipatrouillen auf die Kriminalitätsentwicklung

2011

John Laub (National Institute of Justice, USA) und Robert Sampson (Harvard University, USA) für ihre Arbeiten zum Kriminellen Karriereverläufen (siehe Entwicklungskriminologie).

2016

Preisgeld und Jury

Der Stockholm Preis für Kriminologie ist mit 1 000 000 SEK (Schwedischen Kronen) dotiert. Dies entspricht einem Betrag von ca. 550.000 €. Da der Preis jährlich an mehrere Personen vergeben werden kann, wird das Preisgeld unter den Gewinnern gleichermaßen aufgeteilt. Der Preis wird von zahlreichen kleineren Sponsoren, zum größten Teil jedoch vom Hauptsponsor, der Jerry Lee Gesellschaft, finanziert. Die Feierlichkeiten zur Preisverleihung und das damit verbundene Festbanket werden von der Schwedischen Regierung initiiert und auch finanziert.

Eine unabhängige und internationale Jury, bestehend aus namhaften Kriminologen, anerkannten Wissenschaftlern, Experten aus Strafverfolgungsbehörden, sowie ehemaligen Preisträgern, wählt unter den eingesandten Beiträgen den/die Preisträger aus. Zusätzlich zu der Jury gibt es eine Stelle, die für die strategische Verwaltung der Finanzen zuständig ist.

Derzeit setzt sich die Jury wie folgt zusammen: Lola Aniyar de Castro (Venezuela, Peter Nils Grabosky (Australien), Katalin Gönczöl (Ungarn), Hans-Jürgen Kerner (Deutschland), Friedrich Lösel (Deutschland), Tiyanjana Maluwa (Südafrika), Terrie E. Moffitt (UK), Peter William Neyroud (UK), Jerzy Sarnecki (Schweden), Lawrence W. Sherman (USA), Hiroshi Tsutomi (Japan).

Auf Grund des Ausschlusses einer persönlichen Selbstbewerbung können sich entweder - zwei einzelnen Kriminologen,eine Kriminologische Gesellschaft oder andere kriminologische Organisationen über die Homepage, "www.criminologyprize.com" oder postalisch zu jeder Zeit für den Preis bewerben. Voraussetzung ist, dass das gewünschte Anforderungsprofil, welches an den Preis gestellt ist, erfüllt wird. Die Nominierungen eines jeden Jahres setzen sich aus den neu hinzugekommenen Bewerbungen und den zum Teil überarbeiteten Bewerbungen der Vorjahre zusammen, falls sie nicht vom Bewerber wieder zurückgezogen wurden. Zudem müssen sie englischer Sprache verfasst sein. Dies gilt jedoch nicht für Arbeiten, auf die Bezug genommen wird. Bewerben können sich nur lebende natürliche Person, die im Falle der Preisverleihung in der Lage sind, die Auszeichnung persönlich entgegenzunehmen und eine Laudatio zu halten. Mitglieder der Jury sind von der Nominierung ausgeschlossen.

Da es keine öffentliche Nominierung gibt und die Preisträger schon vor der Preisverleihung bekanntgegeben werden, ist in der öffentlichen Wahrnehmung nicht der Tag der Übergabe des Preises ausschlaggebend, sondern der Tag der Bekanntgabe der Preisträger.

Auf Grund der hohen Spendengelder der Jerry Lee Stiftung von insgesamt 5 Mill. US-Dollar ist die Verleihung des Stockholm Preises für Kriminologie bis zum Jahre 2015 gesichert. Ob die Finanzierung des Preises darüber hinaus bestehen gesichert sein wird, kann heute noch nicht gesagt werden.

Kritik

Über den Preis selbst bzw. die Entscheidungen der Jury wird häufig kontrovers und heftig diskutiert. Bereits im Jahr 2005, ein Jahr vor der ersten Preisverleihung, haben namhafte Kriminologen, darunter Balvig Flemming (Universität Kopenhagen), Nils Christie (Universität Oslo) und Henrik Tham (Universität Stockholm), in einem Brief an Mitglieder des wissenschaftlichen Ausschusses der Internationalen Vereinigung der Kriminologen, ihre Bedenken hinsichtlich der Einführung eines weiteren Kriminologiepreises geäußert. In ihren Ausführungen bemängeln sie, dass die kriminologische Forschung, deren Aufgabe es sei, sich unter anderem kritisch mit Fragen staatlicher Eingriffe auseinander zu setzen, eingeschränkt werde, da durch die aktive Einflussnahme des Staates, hier am Beispiel der schwedischen Regierung als (Teil-) Ausrichter des Stockholm Preises für Kriminologie, die unabhängige und kritische Ausrichtung der internationalen kriminologischen Forschung mehr als gefährdet sei. Nach Meinung von Nils Christie könnte der Preis, der mit einem hohen Preisgeld verbunden ist, eine Versuchung hin zu einer moderaten Anpassung an die persönlichen Ansichten bzw. die spezifische Ausrichtung der Juroren bewirken. Dementsprechend wird das Verfahren rund um die Nominierung der Preisträger als eines bezeichnet, welches geeignet sei, Kriminologie im Sinne des Staates zu zähmen bzw. zu bändigen. Hierdurch käme es zu einer Einflussnahme auf die Entwicklung der Kriminologie. Um dies auszuschließen und um die kritische Forschung zu erhalten, distanzieren sich die o.g. Wissenschaftler vom dieser Preisverleihung.[26]


Weblinks

  • Offizielle Seite [27]