Kriminalprognose: Unterschied zwischen den Versionen

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== Individualprognosen ==
== Individualprognosen ==


Innerhalb der Gruppe der Individualprognosen spricht man häufig von den drei sog. Prognosemethoden (intuitive, klinische, statistische). Die Qualität der intuitiven wird oft bezweifelt. Klinische und statistische lassen sich immer weniger trennen, zumal immer häufiger statistische Diagnose- und Prognoseinstrumente benutzt werden, die dann mit klinischen Faktoren spezifiziert werden.
Innerhalb der Individualprognosen unterscheidet man zwischen intuitiven, klinischen und statistischen Prognosemethoden. Intuitive Prognosen sind wenig transparent in ihrem Zustandekommen, klinische und statistische gehen immer häufiger ineinander über. Das Risiko klinischer Prognosen wird in der Tendenz zur Überbewertung des Individuellen, das der statistischen in der Tendenz zur Ausblendung von Ausnahmekonstellationen und protektiven Faktoren im Einzelfall gesehen. Insofern ist der Versuch einer Kombination von statistisch basierten "aktuarischen" Verfahren und klinischen Anreicherungen mit Besonderheiten des Einzelfalls ein denkbarer Weg zur Kombination der Vorteile beider Vorgehensweisen (vgl. Dahle 2005; Pollähne 2006: 241 ff.).


Eine weitere Unterscheidung wird zwischen internen und externen Prognosen getroffen. Wenn der Entscheider selbst die Prognose abgibt (oder wenn er sie von Bediensteten in seinem Bereich erstellen lässt), kann man von internen Prognosen sprechen, wenn er sie durch die Vergabe eines Gutachtens an Dritte einholt, kann man von externen Prognosen sprechen. Externe, d.h. nicht von Anstaltsbediensteten, sondern von außenstehenden Experten erstellte Gutachten sind im deutschen Recht zwingend vorgeschrieben, wenn es um besonders folgenreiche Entscheidungen über Freiheit oder Unfreiheit geht, also etwa bei Entscheidungen über die Einweisung in den Maßregelvollzug oder in die Sicherungsverwahrung, über Lockerungen und Entlassungen aus dem Maßregelvollzug, über die Entlassung aus lebenslanger Haft oder um das Aussetzen von Reststrafen zur Bewährung bei Sexual- und Gewaltstraftätern.In der Regel werden die Prognosen von PsychologInnen oder (forensischen) PsychiaterInnen erstellt. Manche Prognoseinstrumente zielen auf die einfachere Handhabbarkeit auch durch nicht psychologisch-psychiatrisch ausgebildetes Personal ab. 


Sie können aber auch der Früherkennung von Delinquenzrisiken im frühesten Kindesalter, bzw. der Identifizierung möglicher künftiger Intensivtäter (etwa seitens der Jugendhilfe) dienen.
Interne Prognosen werden häufig erstellt, wenn es um die Aufnahme in eine sozialtherapeutische Abteilung, über Lockerungen oder Urlaub aus der Strafhaft oder um sonstige Entscheidungen über die Modalitäten der Haft geht.
 
Außerhalb des kriminalrechtlichen Kontextes kommen Individualprognosen - etwa in der Form von Behandlungsprognosen, bzw. der Beurteilung von Rückführungshindernissen - auch in Asylverfahren vor sowie im Kontext der zivilrechtlichen Unterbringung nach den Psychisch-Kranken-Gesetzen der Länder. Darüber hinaus spielen Individualprognosen auch in Sorgerechtsverfahren oder im Zusammenhang mit vorzeitiger Berentung in Sozialrechtsverfahren eine erhebliche Rolle.
 
 
(2) Wer stellt die Prognosen?
 
Kriminalprognosen zur Frage der zukünftigen Legalprognose eines Verurteilten werden in der Regel durch Diplompsychologen oder Psychiater erstellt, die üblicher Weise entweder im Strafvollzug bzw. in forensischen Fachkrankenhäusern oder in freier Praxis tätig sind.
 
Externe, d.h. nicht von Anstaltsbediensteten, sondern von unabhängigen Experten erstellte Gutachten sind im deutschen Recht zwingend vorgeschrieben, wenn es um besonders folgenreiche Entscheidungen über Freiheit oder Unfreiheit geht, also etwa bei Entscheidungen über die Einweisung in den Maßregelvollzug oder in die Sicherungsverwahrung, über Lockerungen und Entlassungen aus dem Maßregelvollzug, über die Entlassung aus lebenslanger Haft oder um das Aussetzen von Reststrafen zur Bewährung bei Sexual- und Gewaltstraftätern.
 
Von anstaltsintern Beschäftigten werden Prognosen in großer Häufigkeit über die Aufnahme in eine sozialtherapeutische Abteilung, über Lockerungen oder Urlaub aus der Strafhaft und über sonstige Entscheidungen über die Modalitäten der Haft erstellt.


Es gibt auch Instrumente für sog. nichtklinische Laien. So etwa den P-SCAN (Psychopathy Scan) von Hare und Hervé (1999) oder das vom deutschen Kriminologen Michael Bock entwickelte MIVEA.
Es gibt auch Instrumente für sog. nichtklinische Laien. So etwa den P-SCAN (Psychopathy Scan) von Hare und Hervé (1999) oder das vom deutschen Kriminologen Michael Bock entwickelte MIVEA.
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