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In Anlehnung an die Himmelsmechanik und die Wahrscheinlichkeitstheorie des Astronomen und Mathematikers Pierre Simon de Laplace entwickelte Quetelet die "Soziale Physik". Laplace, der den gesammten "Weltmechanismus" auf eine mathematische Formel zu reduzieren hoffte, um alle Zukunftsereignisse vorhersehbar zu machen, inspirierte Quetelet zu seiner Figur des "l`homme moyen", dem berechenbaren Durchschnittsmenschen.[5]
In Anlehnung an die Himmelsmechanik und die Wahrscheinlichkeitstheorie des Astronomen und Mathematikers Pierre Simon de Laplace entwickelte Quetelet die "Soziale Physik". Laplace, der den gesammten "Weltmechanismus" auf eine mathematische Formel zu reduzieren hoffte, um alle Zukunftsereignisse vorhersehbar zu machen, inspirierte Quetelet zu seiner Figur des "l`homme moyen", dem berechenbaren Durchschnittsmenschen.[5]


==Quetelet`s "physique sociale" - das "Prinzip der großen Zahl":==[[images.jpg]]
==Quetelet`s "physique sociale" - das "Prinzip der großen Zahl":==
In seiner 1835 erschienenen "physique sociale" beschreibt Quetelet die quantitativen Gesetzmäßigkeiten des sozialen Geschehens:
In seiner 1835 erschienenen "physique sociale" beschreibt Quetelet die quantitativen Gesetzmäßigkeiten des sozialen Geschehens:
"Vor allem müssen wir vom einzelnen Menschen abstrahieren und dürfen ihn nur mehr als Bruchteil der ganzen Gattung betrachten. Indem wir ihn seiner Individualität entkleiden, beseitigen wir all das, was nur zufällig ist, die individuellen Besonderheiten, die wenig oder keinen Einfluß auf die Masse haben, verschwinden dann von selbst und lassen uns zu allgemeinen Ergebnissen gelangen."[6]
"Vor allem müssen wir vom einzelnen Menschen abstrahieren und dürfen ihn nur mehr als Bruchteil der ganzen Gattung betrachten. Indem wir ihn seiner Individualität entkleiden, beseitigen wir all das, was nur zufällig ist, die individuellen Besonderheiten, die wenig oder keinen Einfluß auf die Masse haben, verschwinden dann von selbst und lassen uns zu allgemeinen Ergebnissen gelangen."[6]
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Quetelet`s "physique sociale" - das "Prinzip der großen Zahl":
Quetelet`s "physique sociale" - das "Prinzip der großen Zahl":
In seiner 1835 erschienenen "physique sociale" beschreibt Quetelet die quantitativen Gesetzmäßigkeiten des sozialen Geschehens: "Vor allem müssen wir vom einzelnen Menschen abstrahieren und dürfen ihn nur mehr als Bruchteil der ganzen Gattung betrachten. Indem wir ihn seiner Individualität entkleiden, beseitigen wir all das, was nur zufällig ist, die individuellen Besonderheiten, die wenig oder keinen Einfluß auf die Masse haben, verschwinden dann von selbst und lassen uns zu allgemeinen Ergebnissen gelangen."[6] "Mit den sozialen Fähigkeiten steht es(...) ungefähr ebenso wie mit den physischen, und man kann sie unter der Voraussetzung schätzen, dass sie im Verhältnis zu ihren Wirkungen stehen."[7] In seinem "system social" von 1848 fügt Quetelet dieser "physique sociale" Umrisse einer "physiologie sociale" hinzu. Er versucht aufzuzeigen, dass die "loi des causes accidentales" nicht nur das Individuum, die Entwicklung seiner physischen, geistigen und moralischen Kräfte beherrscht, sondern auch den Entwicklungsgang ganzer Völker und schließlich der gesammten Menschheit. Größe, Bevölkerungszahl und Lebensdauer von Staatsgebilden unterliegen ebenso strengen , wenn auch nicht unabänderlichen Gesetzmäßigkeiten wie die geistigen und moralischen Kräfte der Völker. In deren Entwicklungsgang sei, analog zur geistigen Entwicklung des Einzelmenschen, eine fortschreitende Zurückdrängung des "homme physique" durch den "homme intellectuell" zu erkennen .[8] Eine zentrale Stellung in dem gesammten Lebenswerk nimmt seine frühe, seit 1829 unermüdlich wiederholte Feststellung einer erstaunlichen Regelmäßigkeit und Konstanz in den scheinbar willkürlichen menschlichen Handlungen ein. In dieser Konstanz enthüllen sich Quetelet die strengen Gesetzmäßigkeiten, die auch den moralischen Phänomenen zu Grunde liegen, ganz unmittelbar. Auf dieser Entdeckung ruht das gesammte Gebäude seiner mechanischen Weltanschauung. Diese Entdeckung bildet das empirische Fundament einer grundsätzlich soziologisch orientierten Kriminalwissenschaft.[9] Quetelet erkannte, dass die Abstraktion zahlreicher individueller Besonderheiten zu einer erstaunlichen Regelmäßigkeit in der Gesellschaft führt. Deshalb fordert er die Beobachtung an einer hinreichend großen Zahl von Fällen durchzuführen.. Erst unter dieser Voraussetzung lasse sich das rein zufällige und individuelle vom allgemeinen und daher sozialtypischen unterscheiden.[10]  
In seiner 1835 erschienenen "physique sociale" beschreibt Quetelet die quantitativen Gesetzmäßigkeiten des sozialen Geschehens: "Vor allem müssen wir vom einzelnen Menschen abstrahieren und dürfen ihn nur mehr als Bruchteil der ganzen Gattung betrachten. Indem wir ihn seiner Individualität entkleiden, beseitigen wir all das, was nur zufällig ist, die individuellen Besonderheiten, die wenig oder keinen Einfluß auf die Masse haben, verschwinden dann von selbst und lassen uns zu allgemeinen Ergebnissen gelangen."[6] "Mit den sozialen Fähigkeiten steht es(...) ungefähr ebenso wie mit den physischen, und man kann sie unter der Voraussetzung schätzen, dass sie im Verhältnis zu ihren Wirkungen stehen."[7] In seinem "system social" von 1848 fügt Quetelet dieser "physique sociale" Umrisse einer "physiologie sociale" hinzu. Er versucht aufzuzeigen, dass die "loi des causes accidentales" nicht nur das Individuum, die Entwicklung seiner physischen, geistigen und moralischen Kräfte beherrscht, sondern auch den Entwicklungsgang ganzer Völker und schließlich der gesammten Menschheit. Größe, Bevölkerungszahl und Lebensdauer von Staatsgebilden unterliegen ebenso strengen , wenn auch nicht unabänderlichen Gesetzmäßigkeiten wie die geistigen und moralischen Kräfte der Völker. In deren Entwicklungsgang sei, analog zur geistigen Entwicklung des Einzelmenschen, eine fortschreitende Zurückdrängung des "homme physique" durch den "homme intellectuell" zu erkennen .[8] Eine zentrale Stellung in dem gesammten Lebenswerk nimmt seine frühe, seit 1829 unermüdlich wiederholte Feststellung einer erstaunlichen Regelmäßigkeit und Konstanz in den scheinbar willkürlichen menschlichen Handlungen ein. In dieser Konstanz enthüllen sich Quetelet die strengen Gesetzmäßigkeiten, die auch den moralischen Phänomenen zu Grunde liegen, ganz unmittelbar. Auf dieser Entdeckung ruht das gesammte Gebäude seiner mechanischen Weltanschauung. Diese Entdeckung bildet das empirische Fundament einer grundsätzlich soziologisch orientierten Kriminalwissenschaft.[9] Quetelet erkannte, dass die Abstraktion zahlreicher individueller Besonderheiten zu einer erstaunlichen Regelmäßigkeit in der Gesellschaft führt. Deshalb fordert er die Beobachtung an einer hinreichend großen Zahl von Fällen durchzuführen.. Erst unter dieser Voraussetzung lasse sich das rein zufällige und individuelle vom allgemeinen und daher sozialtypischen unterscheiden.[10]
 


==Ziele der Moralstatistik:==
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