Broken Windows: Unterschied zwischen den Versionen

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''Laue'' weist überdies darauf hin, dass Zimbardo selbst aus seinem Experiment weitaus diffenziertere Schlussfolgerungen gezogen habe als Kelling und Willson dies getan hätten. Nach Zimbardo reichten die ''releaser cues'', also die Hinweise, dass das Auto von seinem Besitzer aufgegeben worden sei, für Palo Alto im Gegensatz zu New York nicht aus, um Passanten zu Plünderungen und Vandalismus zu motivieren. Notwendig zur Initiierung solcher Vandalismusakte sei an erster Stelle ein Klima der Anonymität und erst an zweiter Stelle ''releaser cues''. Wo -wie in Palo Alto- ein Klima der Anonymität nicht herrsche, seien weitaus deutlichere releaser cues notwendig. Wichtiger sei aber, dass die auslösende Anonymität geschaffen werde, etwa durch eine große Menschenmenge oder den Schutz der Nacht.
''Laue (1999, S. 280 f.))'' weist überdies darauf hin, dass Zimbardo selbst aus seinem Experiment weitaus diffenziertere Schlussfolgerungen gezogen habe als Kelling und Willson dies getan hätten. Nach Zimbardo reichten die ''releaser cues'', also die Hinweise, dass das Auto von seinem Besitzer aufgegeben worden sei, für Palo Alto im Gegensatz zu New York nicht aus, um Passanten zu Plünderungen und Vandalismus zu motivieren. Notwendig zur Initiierung solcher Vandalismusakte sei an erster Stelle ein Klima der Anonymität und erst an zweiter Stelle ''releaser cues''. Wo -wie in Palo Alto- ein Klima der Anonymität nicht herrsche, seien weitaus deutlichere releaser cues notwendig. Wichtiger sei aber, dass die auslösende Anonymität geschaffen werde, etwa durch eine große Menschenmenge oder den Schutz der Nacht.


Außerdem gehe die Broken-Windows-Theorie davon aus, dass nach Zerstörung eines Teils weitere Teile, also etwa alle Autos in einer Straße, zerstört würden. Das Zimbardo-Experiment habe aber lediglich gezeigt, dass nur das eine, offenbar verlassene Auto zerstört worden sei und eben nicht auch noch ein benachbartes Fahrzeug.
Außerdem gehe die Broken-Windows-Theorie davon aus, dass nach Zerstörung eines Teils weitere Teile, also etwa alle Autos in einer Straße, zerstört würden. Das Zimbardo-Experiment habe aber lediglich gezeigt, dass nur das eine, offenbar verlassene Auto zerstört worden sei und eben nicht auch noch ein benachbartes Fahrzeug ''(S. 282)''.




''Laue'' und ''Volkmann'' merken an, dass das Konzept der Broken Windows  auf die Behandlung von Symptomen setze und dadurch eine Veränderung des Zustandes der Gemeinschaft erwarte. Das Neue hierin bestehe nicht so sehr darin, gegen Unordnung vorzugehen. Bemerkenswert sei vielmehr einerseits die Konsequenz, mit der dies gerade auch bei kleineren Regelverletzungen geschehe und andererseits der Gesamtzusammenhang, in den dieses Durchgreifen eingebunden werde: Wer gegen das Schwarzfahren vorgeht, verhindert damit zuletzt auch Raubüberfälle.
''Laue (1999, S. 278)'' und ''Volkmann (1999, S. 226)'' merken an, dass das Konzept der Broken Windows  auf die Behandlung von Symptomen setze und dadurch eine Veränderung des Zustandes der Gemeinschaft erwarte. Das Neue hierin bestehe nicht so sehr darin, gegen Unordnung vorzugehen. Bemerkenswert sei vielmehr einerseits die Konsequenz, mit der dies gerade auch bei kleineren Regelverletzungen geschehe und andererseits der Gesamtzusammenhang, in den dieses Durchgreifen eingebunden werde: Wer gegen das Schwarzfahren vorgeht, verhindert damit zuletzt auch Raubüberfälle.




''Volkmann'', ''Hess'' und ''Walter'' erläutern, dass in den USA bereits seit 1993 sinkende Kriminalitätszahlen verzeichnet worden seien. Es handele sich also um ein nationales Phänomen, das nicht unbedingt auf die damalige örtliche Sicherheitpolitik zurückzuführen sei. Man müsse hier bezüglich New York auch Alternativerklärungen überprüfen. Genannt werden z.B. demographische Veränderungen, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, Veränderungen auf dem Drogenmarkt, eine hohe Einsperrungsrate, private Sicherungsmaßnahmen und die Reform eines zuvor korrupten und verwahrlosten Polizeiapparats.
''Volkmann (1999, S. 227 f.)'', ''Hess (2004, S. 89 ff.)'' und ''Walter (1998, S. 357 f.)'' erläutern, dass in den USA bereits seit 1993 sinkende Kriminalitätszahlen verzeichnet worden seien. Es handele sich also um ein nationales Phänomen, das nicht unbedingt auf die damalige örtliche Sicherheitpolitik zurückzuführen sei. Man müsse hier bezüglich New York auch Alternativerklärungen überprüfen. Genannt werden z.B. demographische Veränderungen, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, Veränderungen auf dem Drogenmarkt, eine hohe Einsperrungsrate, private Sicherungsmaßnahmen und die Reform eines zuvor korrupten und verwahrlosten Polizeiapparats.




Was die Debatte in Deutschland anbelangt, nach dem Vorbild der Zero Tolerance vorzugehen, um den Anfängen zu wehren, vertritt ''Kühne'' die Ansicht, dass es dessen nicht bedürfe. Es genüge vielmehr, sich auf das gute, alte Legalitätsprinzip zu berufen. Zudem verkenne eine solche Diskussion, dass die Verfahrenswirklichkeit seit jeher vom Opportunitätsprinzip regiert werde. Würden die Staatsanwaltschaften nicht rund 60% aller Verfahren einstellen, wäre die Justiz im Strafrechtsbereich schon längst zusammengebrochen. Schließlich müsse man bei derartigen Debatten auch immer im Auge haben, dass in New York selbst nach dem Rückgang der Kriminalitätszahlen Zustände bestünden, die bei uns als überaus besorgniserregend angesehen würden. Selbst nach Halbierung der Rate der Tötungsdelikte in New York sei diese immer noch 15-fach höher als der entsprechende deutsche Wert.
Was die Debatte in Deutschland anbelangt, nach dem Vorbild der Zero Tolerance vorzugehen, um den Anfängen zu wehren, vertritt ''Kühne (2002, S. 20 f.)'' die Ansicht, dass es dessen nicht bedürfe. Es genüge vielmehr, sich auf das gute, alte Legalitätsprinzip zu berufen. Zudem verkenne eine solche Diskussion, dass die Verfahrenswirklichkeit seit jeher vom Opportunitätsprinzip regiert werde. Würden die Staatsanwaltschaften nicht rund 60% aller Verfahren einstellen, wäre die Justiz im Strafrechtsbereich schon längst zusammengebrochen. Schließlich müsse man bei derartigen Debatten auch immer im Auge haben, dass in New York selbst nach dem Rückgang der Kriminalitätszahlen Zustände bestünden, die bei uns als überaus besorgniserregend angesehen würden. Selbst nach Halbierung der Rate der Tötungsdelikte in New York sei diese immer noch 15-fach höher als der entsprechende deutsche Wert.


==Literatur==
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