Korruption: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
1.659 Bytes entfernt ,  11:27, 13. Mai 2010
Zeile 11: Zeile 11:
*''Geheimhaltung''. Auf Seiten beider Beteiligten ist Korruption durch das Bemühen der Geheimhaltung gekennzeichnet.
*''Geheimhaltung''. Auf Seiten beider Beteiligten ist Korruption durch das Bemühen der Geheimhaltung gekennzeichnet.


Diese politikwissenschaftlich eingefärbte Auslegung bestimmt Korruption als normative Qualität von Handlungen, als qualifizierten Normverstoß bzw. als Abweichung von Rollen-Erwartungen, sei es eines öffentlichen Amtsträgers oder einer Person mit öffentlich relevanter Machtbefugnis. Worauf sich diese Macht dann stützt, was öffentliche Interessen sind, oder was genau unter Missbrauch zu verstehen sei, bleibt offen: „Unter Korruption fallen daher nicht nur die Bestechung, sondern (...) auch Vorgänge wie der Kauf öffentlicher Ämter, die Patronage (mit den Bereichen des Nepotismus und des Clientelwesens), die Erpressung und Aussaugung der Bevölkerung durch selbstherrliches staatliche Stellen.“ (Schuller 1982, S.11) Dem Parteienforscher Erwin K. Scheuch gelingt es auf der Grundlage dieser Definition, Korruption bedenkenlos und ohne weitere Erläuterung gleichzeitig als „Klüngel bzw. System von gegenseitigen Gefälligkeiten und Abhängigkeiten“, „Vetternwirtschaft“, „(Bilanz)Betrug“, „Bestechung“, „`Verletzung eines allgemeinen Interesses zu eigenem Vorteil´“ (Laswell), „Vorteilsnahme“, „Korporation“, „Ämterpatronage“ und „Untreue“ zu bezeichnen (Scheuch 2002).<br>
Auch nicht-öffentliche Entscheidungsträger wie Manager oder Schiedsrichter können korrupt sein, wenn sie ein je systemrelatives Normensystem (Wirtschaft, Sport) verletzen, und sie handeln zudem nicht immer nur aus egoistischen Motiven, sondern häufig auch zu Gunsten ihrer Organisation/Firma, oder aus subkulturellen Zwängen heraus. Und schließlich: „nicht alle korrupten Handlungen verletzen das öffentliche Interesse, und nicht alle Handlungen gegen das öffentliche Interesse sind korrupt.“ (Kurer 2003, S.48).
Problematisch an einer solchen Definition ist aber nicht nur ihre Diffusität im Hinblick auf die vielfältigen möglichen Handlungsarten und Rechtsverstöße. Zu kritisieren ist ebenfalls das Definitionselement eines öffentlichen Amtes und die Beschränkung auf individuelle Devianz (die Personalisierung der Abweichung), die normative Bewertung der Handlung („Missbrauch“), sowie das unterstellte Motiv des Eigennutzes: Auch nicht-öffentliche Entscheidungsträger wie Manager oder Schiedsrichter können korrupt sein, wenn sie ein je systemrelatives Normensystem (Wirtschaft, Sport) verletzen, und sie handeln zudem nicht immer nur aus egoistischen Motiven, sondern häufig auch zu Gunsten ihrer Organisation/Firma, oder aus subkulturellen Zwängen heraus. Und schließlich: „nicht alle korrupten Handlungen verletzen das öffentliche Interesse, und nicht alle Handlungen gegen das öffentliche Interesse sind korrupt.“ (Kurer 2003, S.48).
Die politikwissenschaftlich dominierte Definition wurde aus diesen Gründen dahingehend verallgemeinert, dass man Korruption als „unmoralischen Tausch“ (Neckel 1995) begreift, der universalistische Standards (und nicht mehr nur allein: öffentliche Interessen) zugunsten partikularistischer Normen verletzt. Soziologisch gewendet kann sie auch als „soziale Beziehung zwischen individuellen Akteuren“ verstanden werden, „die unter Missachtung der auf das Rollenhandeln gerichteten universalistischen Erwartungen um die (...) partikularistische Komponente eines persönlichen Austauschverhältnisses erweitert wird.“ (Höffling 2002, S.25). Das Tauschobjekt hierbei ist ein Gut oder eine Leistung, welches prinzipiell nicht käuflich sein sollte. Neu an dieser Bestimmung ist das Definitionselement des Tausches oder das der sozialen Beziehung, das heißt, es müssen nun immer mindestens zwei Akteure am Korruptionsvorgang beteiligt sein. Im Mittelpunkt einer solchen Definition steht nicht mehr nur allein der Verstoß gegen makrosoziale Strukturprämissen sondern das Binnengeschehen zwischen den beteiligten Akteuren, ihr Zusammenhandeln und ihre eigenständig entwickelten Moralvorstellungen. Demzufolge verlassen sich die korrupten Akteure stets auf „die normbildende Kraft der Freundschaft und ihr Vermögen, das Beziehungsmuster der Beteiligten aus den Anforderungen eines sachlich geregelten Kontextes herauszulösen.“ (Neckel 1995, S.12)
Die politikwissenschaftlich dominierte Definition wurde aus diesen Gründen dahingehend verallgemeinert, dass man Korruption als „unmoralischen Tausch“ (Neckel 1995) begreift, der universalistische Standards (und nicht mehr nur allein: öffentliche Interessen) zugunsten partikularistischer Normen verletzt. Soziologisch gewendet kann sie auch als „soziale Beziehung zwischen individuellen Akteuren“ verstanden werden, „die unter Missachtung der auf das Rollenhandeln gerichteten universalistischen Erwartungen um die (...) partikularistische Komponente eines persönlichen Austauschverhältnisses erweitert wird.“ (Höffling 2002, S.25). Das Tauschobjekt hierbei ist ein Gut oder eine Leistung, welches prinzipiell nicht käuflich sein sollte. Neu an dieser Bestimmung ist das Definitionselement des Tausches oder das der sozialen Beziehung, das heißt, es müssen nun immer mindestens zwei Akteure am Korruptionsvorgang beteiligt sein. Im Mittelpunkt einer solchen Definition steht nicht mehr nur allein der Verstoß gegen makrosoziale Strukturprämissen sondern das Binnengeschehen zwischen den beteiligten Akteuren, ihr Zusammenhandeln und ihre eigenständig entwickelten Moralvorstellungen. Demzufolge verlassen sich die korrupten Akteure stets auf „die normbildende Kraft der Freundschaft und ihr Vermögen, das Beziehungsmuster der Beteiligten aus den Anforderungen eines sachlich geregelten Kontextes herauszulösen.“ (Neckel 1995, S.12)
Wirtschaftswissenschaftlich betrachtet, handelt es sich bei Korruption um einen profitmaximierenden Tausch unter Nutzung (oder zur Herstellung) eines zusätzlichen (illegalen) Marktes. Korruption wird hier als Folge von Marktunvollkommenheiten betrachtet, das heißt der freie Wettbewerb war beeinträchtigt und wird durch Korruption weiterhin verzerrt. Die Akteure handeln rational kalkulierend um unter den gegebenen Umständen den persönlichen Nutzen zu maximieren. Korruption ist unter den Bedingungen unvollkommener Märkte für die beteiligten Akteure die effizienteste Handlungsalternative. Sie löst Selektionsprobleme, führt zur Durchsetzung höherer Erträge, beschleunigt Entscheidungsabläufe und dient der Absicherung anderer illegaler Handlungen (Neugebauer 1978, Dietz 1998). Positiv hervorzuheben ist an wirtschaftswissenschaftlichen Definitionen, dass sie die Notwendigkeit einer objektiven Korruptionsfähigkeit für die Akteure betonen, das heißt, deren institutionelle Einbindungen, die Verfügbarkeit von Ressourcen oder die Mitgliedschaft in einer Organisation/Firma.(Ricks 1995, S.194; Dietz 1998), und dass sie jede moralische Bewertung vermeiden. Das Problem besteht auch hier darin, dass mit der Reduktion auf das Motiv der Nutzenmaximierung bzw. der rationalen Wahlentscheidung eventuelle organisationsbezogene Loyalitäten oder auch (sub)kulturspezifische normative oder emotionale Motivationen ausgeblendet werden.<br>
Wirtschaftswissenschaftlich betrachtet, handelt es sich bei Korruption um einen profitmaximierenden Tausch unter Nutzung (oder zur Herstellung) eines zusätzlichen (illegalen) Marktes. Korruption wird hier als Folge von Marktunvollkommenheiten betrachtet, das heißt der freie Wettbewerb war beeinträchtigt und wird durch Korruption weiterhin verzerrt. Die Akteure handeln rational kalkulierend um unter den gegebenen Umständen den persönlichen Nutzen zu maximieren. Korruption ist unter den Bedingungen unvollkommener Märkte für die beteiligten Akteure die effizienteste Handlungsalternative. Sie löst Selektionsprobleme, führt zur Durchsetzung höherer Erträge, beschleunigt Entscheidungsabläufe und dient der Absicherung anderer illegaler Handlungen (Neugebauer 1978, Dietz 1998). Positiv hervorzuheben ist an wirtschaftswissenschaftlichen Definitionen, dass sie die Notwendigkeit einer objektiven Korruptionsfähigkeit für die Akteure betonen, das heißt, deren institutionelle Einbindungen, die Verfügbarkeit von Ressourcen oder die Mitgliedschaft in einer Organisation/Firma.(Ricks 1995, S.194; Dietz 1998), und dass sie jede moralische Bewertung vermeiden. Das Problem besteht auch hier darin, dass mit der Reduktion auf das Motiv der Nutzenmaximierung bzw. der rationalen Wahlentscheidung eventuelle organisationsbezogene Loyalitäten oder auch (sub)kulturspezifische normative oder emotionale Motivationen ausgeblendet werden.<br>
31.738

Bearbeitungen

Navigationsmenü