Adolphe Quetelet: Unterschied zwischen den Versionen

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Adolphe Quetelets Mutter hieß Anne-Francoise Vandervelde. Sein Vater war der in der Picardie geborene Francois-Augustin-Jacques-Henri Quetelet, der eine Zeit lang (als Sekretär eines schottischen Adligen) in Großbritannien gelebt und dort die Staatsbürgerschaft erworben hatte. Im Alter von 31 Jahren (1787) richtete er sich in Gent ein, wo er 1803, als Adolphe gerade sieben Jahre alt war, starb.  
Adolphe Quetelets Mutter hieß Anne-Francoise Vandervelde. Sein Vater war der in der Picardie geborene Francois-Augustin-Jacques-Henri Quetelet, der eine Zeit lang (als Sekretär eines schottischen Adligen) in Großbritannien gelebt und dort die Staatsbürgerschaft erworben hatte. Im Alter von 31 Jahren (1787) richtete er sich in Gent ein, wo er 1803, als Adolphe gerade sieben Jahre alt war, starb.  


Adolphe erhielt seine Erziehung auf dem Lyzeum seiner Vaterstadt. Hier zeichnete er sich frühzeitig aus und übernahm, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, bereits mit siebzehn Jahren eine Lehrstelle in Audenarde (Belgien) an. Schon 1814 kehrte er nach Gent zurück und erhielt hier ein Jahr später einen Posten als Mathematiklehrer an dem neu gegründeten Collège municipal. Am 24. Juli 1819 erwarb er den Doktorgrad auf Grund einer mathematischen Dissertation (Kegelschnitte), während sich unter den von ihm verteidigten Thesen auch eine astronomische befand.
Adolphe erhielt seine Erziehung auf dem Lyzeum seiner Vaterstadt. Hier zeichnete er sich frühzeitig aus und übernahm, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, bereits mit siebzehn Jahren eine Lehrstelle in Audenarde (Belgien). Schon 1814 kehrte er nach Gent zurück und erhielt hier ein Jahr später einen Posten als Mathematiklehrer an dem neu gegründeten Collège municipal. Am 24. Juli 1819 erwarb er den Doktorgrad auf Grund einer mathematischen Dissertation (Kegelschnitte), während sich unter den von ihm verteidigten Thesen auch eine astronomische befand.


Am 20. September 1824 heiratet Adolphe Quetelet die Tochter des französischen Künstlers M. Curtet, Cécile Virgine Curtet. Sie hatten einen Sohn, Ernest, und eine Tochter. Ernest wurde Astronom und übernahm die Rolle seines Vaters als Direktor in der Brüsseler Sternwarte. Adolphe und Cécile liebten Musik und waren ausgezeichnete Musiker.  
Am 20. September 1824 heiratete Adolphe Quetelet die Tochter des französischen Künstlers M. Curtet, Cécile Virgine Curtet. Sie hatten einen Sohn, Ernest, und eine Tochter. Ernest wurde Astronom und übernahm die Rolle seines Vaters als Direktor in der Brüsseler Sternwarte. Adolphe und Cécile liebten Musik und waren ausgezeichnete Musiker.  


=== Schaffensperioden ===
=== Schaffensperioden ===
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Die langerwartete Eröffnung des Observatoriums im Jahre 1832 gab Quetelet seinen astronomisch - meteorologischen Studien zurück, auf die er sich während der Jahre 1835 – 1845 fast ausschließlich konzentrierte und die er seit 1836 als Professor der Astronomie und Geodäsie an der „École militaire“ nebenamtlich auch pädagogisch verwertete. Wiederum waren es jetzt äußere Umstände die ihn erneut mit der Sozialwissenschaft in Berührung brachten. So war seine Ernennung zum Präsidenten der statistischen Zentralkommission Belgiens im Jahre 1841, in welcher er eine auf das Jahr 1846 anberaumte neue und umfassende Volkszählung vorbereitete und leitete, sehr wichtig hierfür.
Die langerwartete Eröffnung des Observatoriums im Jahre 1832 gab Quetelet seinen astronomisch - meteorologischen Studien zurück, auf die er sich während der Jahre 1835 – 1845 fast ausschließlich konzentrierte und die er seit 1836 als Professor der Astronomie und Geodäsie an der „École militaire“ nebenamtlich auch pädagogisch verwertete. Wiederum waren es jetzt äußere Umstände die ihn erneut mit der Sozialwissenschaft in Berührung brachten. So war seine Ernennung zum Präsidenten der statistischen Zentralkommission Belgiens im Jahre 1841, in welcher er eine auf das Jahr 1846 anberaumte neue und umfassende Volkszählung vorbereitete und leitete, sehr wichtig hierfür.


Damit war der Kontakt mit der Sozialstatistik wieder hergestellt. Das im Jahre 1948 veröffentlichte Werk „du systéme social et des lois qui le régissent“, welches eine Fortsetzung und Ergänzung des vorher genannten „sur l’homme“ darstellt, bildet im Verein mit der 1852 erscheinenden meteorologischen Abhandlung „sur le climat de la Belgique“ die wichtigste literarische Frucht dieser Periode.
Damit war der Kontakt mit der Sozialstatistik wieder hergestellt. Das im Jahre 1948 veröffentlichte Werk „du systéme social et des lois qui le régissent“, welches eine Fortsetzung und Ergänzung des vorher genannten „sur l’homme“ darstellt, bildet im Verein mit der 1852 erschienenden meteorologischen Abhandlung „sur le climat de la Belgique“ die wichtigste literarische Frucht dieser Periode.


==== 1855 – 1874 ====
==== 1855 – 1874 ====
Nach der Übertragung des Präsidiums (1853) des ersten internationalen statistischen Kongresses schien der 1855 erfahrene Schlaganfall sein Leben ernsthaft zu bedrohen. Ab 1857 beteiligte er sich wieder regelmäßig an den internationalen statistischen Kongressen. Allerdings hatten seine geistigen  Kräfte, insbesondere sein Gedächtnis so sehr gelitten, dass alle folgenden Publikationen nach Wert und Inhalt nicht mit denen seiner ersten beiden Schaffensperioden mithalten konnten. Es handelt sich hier im Wesentlichen um Neudrucke, Zusammenfassungen und Ergänzungen früherer Werke ohne originelle Bedeutung. Er starb am 17. Februar 1874 in Brüssel als Gelehrter von Weltruf und mit allerhand wissenschaftlichen Ehren überhäuft. Noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde sein Kausalitätsbegriff und die damit verbunden Frage der Willensfreiheit diskutiert, während seine statischen Ideen und seine Systemkonstruktionen erst in neuer Zeit (wieder) entdeckt wurden.
Nach der Übertragung des Präsidiums (1853) des ersten internationalen statistischen Kongresses schien der 1855 erfahrene Schlaganfall Quetelets Leben ernsthaft zu bedrohen. Ab 1857 beteiligte er sich wieder regelmäßig an den internationalen statistischen Kongressen. Allerdings hatten seine geistigen  Kräfte, insbesondere sein Gedächtnis so sehr gelitten, dass alle folgenden Publikationen nach Wert und Inhalt nicht mit denen seiner ersten beiden Schaffensperioden mithalten konnten. Es handelt sich hier im Wesentlichen um Neudrucke, Zusammenfassungen und Ergänzungen früherer Werke ohne originelle Bedeutung. Er starb am 17. Februar 1874 in Brüssel als Gelehrter von Weltruf und mit allerhand wissenschaftlichen Ehren überhäuft. Noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde sein Kausalitätsbegriff und die damit verbunden Frage der Willensfreiheit diskutiert, während seine statischen Ideen und seine Systemkonstruktionen erst in neuer Zeit (wieder) entdeckt wurden.


== Wirken ==
== Wirken ==
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Die "soziale Physik" im Sinne von Quetelet und die "Soziologie" im Sinne von Comte sind letztlich Startpunkte für das Auseinanderklaffen einer empirischen Sozialforschung, die bei ersterer therorielos ansetzt und damit blind bleibt und bei zweiterer sich anti-empirisch gibt und in die geisteswissenschaftliche Spekulation entschwindet.
Die "soziale Physik" im Sinne von Quetelet und die "Soziologie" im Sinne von Comte sind letztlich Startpunkte für das Auseinanderklaffen einer empirischen Sozialforschung, die bei ersterer therorielos ansetzt und damit blind bleibt und bei zweiterer sich anti-empirisch gibt und in die geisteswissenschaftliche Spekulation entschwindet.


Seine Moralstatistik (auch als Sozialbehaviorismus zu bezeichnen) war eine Kombination aller drei statistischen Wissenszweige auf höherer Ebene. Von der amtlichen Tabellenstatistik erhielt sie das ziffernmäßige Material, von der politischen Arithmetik übernahm sie die Methode der Wahrscheinlichkeitsrechnung und mit der Universitätsstatistik teilte sie den Beobachtungsgegenstand.  
Quetelets Moralstatistik (auch als Sozialbehaviorismus zu bezeichnen) war eine Kombination aller drei statistischen Wissenszweige auf höherer Ebene. Von der amtlichen Tabellenstatistik erhielt sie das ziffernmäßige Material, von der politischen Arithmetik übernahm sie die Methode der Wahrscheinlichkeitsrechnung und mit der Universitätsstatistik teilte sie den Beobachtungsgegenstand.  


Seiner mit einer pragmatischen Einstellung gepaarten großen Tatkraft ist es zu danken, dass die Statistik auf administrativer (institutioneller) und wissenschaftlicher (funktionaler) Ebene ein gutes Stück vorankam. Auf seine Anregung hin fand der erste internationale statistische Kongress in Brüssel statt, er organisierte die amtliche Statistik Belgiens vorbildlich und wirkte darauf hin, dass das statistische Material auf internationaler Ebene nach einheitlichen Gesichtspunkten gesammelt wurde.
Quetelets mit einer pragmatischen Einstellung gepaarten großen Tatkraft ist es zu danken, dass die Statistik auf administrativer (institutioneller) und wissenschaftlicher (funktionaler) Ebene ein gutes Stück vorankam. Auf seine Anregung hin fand der erste internationale statistische Kongress in Brüssel statt, er organisierte die amtliche Statistik Belgiens vorbildlich und wirkte darauf hin, dass das statistische Material auf internationaler Ebene nach einheitlichen Gesichtspunkten gesammelt wurde.


=== [[Kriminologie]] ===
=== [[Kriminologie]] ===
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