Maßregeln der Besserung und Sicherung: Unterschied zwischen den Versionen

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Bis Mitte der 70er Jahre bewegten sich die Zahlen der Anordnungen meist zwischen 200 bis 300 pro Jahr. Seit der Strafrechtsreform begannen die Zahlen deutlich und kontinuierlich zu steigen und 1993 waren die Anordnungen bereits auf über 800 angestiegen. Seit 1976 werden jährlich mehr Verurteilte in einer Entziehungsanstalt untergebracht als in einem psychiatrischen Krankenhaus. Somit ist heute die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt die quantitativ bedeutsamste freiheitsentziehende Maßregel, und die Entziehungsanstalten sind ebenso mit dem Problem der massiven Überbelegung konfrontiert.
Bis Mitte der 70er Jahre bewegten sich die Zahlen der Anordnungen meist zwischen 200 bis 300 pro Jahr. Seit der Strafrechtsreform begannen die Zahlen deutlich und kontinuierlich zu steigen und 1993 waren die Anordnungen bereits auf über 800 angestiegen. Seit 1976 werden jährlich mehr Verurteilte in einer Entziehungsanstalt untergebracht als in einem psychiatrischen Krankenhaus. Somit ist heute die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt die quantitativ bedeutsamste freiheitsentziehende Maßregel, und die Entziehungsanstalten sind ebenso mit dem Problem der massiven Überbelegung konfrontiert.


Der Entwurf eines Gesetzes des Bundesministeriums der Justiz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt will dazu beitragen „die vorhandenen und neugeschaffenen Kapazitäten des Maßregelvollzugs besser und zielgerichtet zu nutzen“. Bereits jetzt laufen immer mehr Unterbringungen auf die Feststellung von "Aussichtslosigkeit" und damit auf die Verlegung in den kostengünstigeren Strafvollzug hinaus. Nach dem Gesetzesentwurf sollen künftig die Gerichte bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Diese Umkehrung der Vollstreckungsreihenfolge soll auch für jene gelten, denen Abschiebung oder Ausweisung droht. (vgl. Neue juristische Wochenschrift, 16) Dieser Entwurf läuft entgegen der jahrelang erfolgreichen Praxis des Vorwegvollzuges der Maßregel, mit dem Ziel den Täter frühzeitig von seiner Sucht zu befreien, denn es spricht vieles dafür, dass, je eher die Behandlung erfolgt, desto kürzer ist deren Dauer. Folgen dieser Entlastung des Maßregelvollzuges wird eine weitere dramatische Überbelegung der Strafvollzugsanstalten sein, und damit die Gefährdung der [[Resozialisierung|Resozialisierung (als Vollzugsziel)]] von Strafgefangenen im Sinne des Vollzugszieles. Letztendlich geht es um Einsparungen von kostenaufwendigen Therapieplätzen und damit der Abwendung von einem Behandlungsvollzug hin zu einem reinen Verwahrvollzug.
Der Entwurf eines Gesetzes des Bundesministeriums der Justiz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt will dazu beitragen „die vorhandenen und neugeschaffenen Kapazitäten des Maßregelvollzugs besser und zielgerichtet zu nutzen“. Bereits jetzt laufen immer mehr Unterbringungen auf die Feststellung von "Aussichtslosigkeit" und damit auf die Verlegung in den kostengünstigeren Strafvollzug hinaus. Nach dem Gesetzesentwurf sollen künftig die Gerichte bei der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Diese Umkehrung der Vollstreckungsreihenfolge soll auch für jene gelten, denen Abschiebung oder Ausweisung droht. (vgl. Neue juristische Wochenschrift, 16) Dieser Entwurf läuft entgegen der jahrelang erfolgreichen Praxis des Vorwegvollzuges der Maßregel, mit dem Ziel den Täter frühzeitig von seiner Sucht zu befreien, denn es spricht vieles dafür, dass, je eher die Behandlung erfolgt, desto kürzer ist deren Dauer. Folgen dieser Entlastung des Maßregelvollzuges wird eine weitere dramatische Überbelegung der Strafvollzugsanstalten sein und damit die Gefährdung der [[Resozialisierung|Resozialisierung (als Vollzugsziel)]] von Strafgefangenen. Letztendlich geht es um Einsparungen von kostenaufwendigen Therapieplätzen und damit der Abwendung von einem Behandlungsvollzug hin zu einem reinen Verwahrvollzug.


§66 <nowiki>StGB</nowiki>-Sicherungsverwahrung
§66 <nowiki>StGB</nowiki>-Sicherungsverwahrung