Plagiat

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Das vom lateinischen plagium (Menschenraub) abgeleitete Wort Plagiat bezeichnet eine Form der unstatthaften Anmaßung geistiger Urheberschaft, die oft auch "Diebstahl geistigen Eigentums" genannt wird: eine Person (P) veröffentlicht zum Beispiel unter ihrem eigenen Namen (P) eine vom wahren Autor (A) hergestellte wissenschaftliche oder sonstige literarische oder künstlerische Arbeit oder einen Auszug daraus, ohne die Tatsache der Autorenschaft durch (A) offen zu legen.

Die Wortherkunft vom "Menschenraub" wird in der Wikipedia (deutsch) so erklärt: "Nachdem ein gewisser Fidentinus Gedichte des Martial als die eigenen ausgegeben hatte, verglich Martial, der Urheber, die Veröffentlichung dieses Gedichtes mit dem Raub von Kindern. Der Begriff Plagiat geht so auf eine der ältesten bekannten Urheberrechtsverletzungen aus dem Rom des ersten Jahrhunderts nach Christus zurück."

Der folgende Artikel befasst sich mit dem Plagiat in der Wissenschaft.


Verbreitung und Erscheinungsformen

Plagiatsarten

Akteure

Studierende

Bei einer Internetbefragung an der Cambridge University gab fast die Hälfte der mehr als 1000 Antwortenden zu, "geistiges Eigentum anderer aus dem Netz zu kopieren und es als eigene Erkenntnis auszugeben. Unter den Jurastudenten waren es 62 Prozent" (FAZ 01.11.08). In Deutschland schätzte der Medienwissenschaftler Stefan Weber die Quote der Plagiatsvergehen bei Abschlussarbeiten auf 1% (Spiewak 2011: 39). Auch und gerade der sogenannte Doktortitel (genauer: Doktorgrad), der in der Regel eine schriftliche Arbeit voraussetzt (Dissertation), wird gelegentlich mittels Plagiats (oder unter Zuhilfenahme eines Ghostwriters) erschlichen.

Doktoranden

Karl-Theodor zu Guttenberg zog sich vorläufig aus dem politischen Leben in Deutschland zurück.

Dann: Veronika Saß, der Tochter des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU); Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis, Margarita Mathiopoulus und Bijan Djir-Sarai (alle FDP). Florian Graf, CDU-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus. Im letztgenannten Fall war die Universität Potsdam überzeugt, dass es sich „bei der Dissertation um eine Täuschung“ handele. Alle Genannten behielten trotz der Plagiate und trotz Verlustes ihrer "Dr."-Grade, ihre Mandate. Graf behielt den CDU-Fraktionsvorsitz.

Annette Schavan,

Professores

Professoren plagiieren gelegentlich bei der Abfassung ihrer "eigenen" Aufsätze, juristischen Kommentierungen, Lehrbücher und so weiter. Systematische empirische Forschung liegt nicht vor (vgl. Rieble 2010).

Motive

Obwohl der Anteil an der Bevölkerung, der sich mit sogenannten akademischen Würden schmückt, zunimmt, sind Diplome, M.A.- oder Dr.-Grade immer noch ein knappes Gut, da sie gut für die Reputation und das Portemonnaie ihrer Träger sind. Das Gehaltsplus von Spitzenkräften mit Promotion beträgt nach einer Untersuchung von Kienbaum Consultants International (Kutter & Wiarda 2011) zwischen 21 000 (Dr. rer. nat.) und 30 000 Euro pro Jahr (Dr.-Ing.). Als Dr.jur. erhält man 27.000, als Dr. oec. immerhin 26.000 Euro pro Jahr mehr als eine vergleichbare Spitzenkraft ohne "Dr.".

"Neben der Jagd nach Geld oder Anerkennung können auch politische Gründe zum Plagiat motivieren. So war ein Teil der Berichte über angebliche Massenvernichtungswaffen des Irak, die den Einmarsch der USA rechtfertigen sollten, wörtlich (mit allen Rechtschreibfehlern) einer etwa 10 Jahre alten Diplomarbeit entnommen" (Wikipedia, dt.).

Kontrolle

Ermittlung

Die Suche nach Plagiaten erfolgt grundsätzlich innerhalb der Wissenschaft selbst: Professoren rügen Plagiate in studentischen Arbeiten, Kollegen rügen Plagiate von Kollegen etwa durch Rezensionen plagiathaltiger Veröffentlichungen in Fachzeitschriften oder durch Klatsch und Tratsch. Darüber hinaus setzen sich universitätsinterne Gremien (Promotionsausschüsse) oder Ombudspersonen in Organisationen der Wissenschaftsförderung (DFG) mit Plagiatsfragen auseinander. Gelegentlich werden Verwaltungs- oder auch Strafgerichte mit dem Thema befasst.


  • Intuition. Plagiatsuche war vor dem Computerzeitalter eine Frage der Assoziation und der Intuition: ein Lehrer oder Professor sah sich beim Lesen einer Passage an einen anderen Text erinnert, schlug diesen nach und stellte Übereinstimmungen bei fehlenden Herkunftsangaben in dem begutachteten Text fest.
  • Digitalisierung. Im 21. Jahrhundert wurde es möglich, jeden Text zu digitalisieren und ihn dann per e-mail-attachment bei einem Plagiat-Sucher (Plagiarism Finder) einzureichen, d.h. bei einem Unternehmen, das in der Lage ist, in kurzer Zeit in einem beliebigen Dokument Textpassagen aufzuspüren, die auch noch in anderen Dokumenten vorkommen. Die führende US-Software Turnitin prüft "täglich rund 150 000 studentische Texte" (Spiewak 2011: 40). Die Qualität der sog. Plagiats-Software schwankt allerdings erheblich und wird vielfach auch noch als generell unzulänglich kritisiert. Zusätzliche Probleme ergeben sich, wenn die Nutzer dieser Software nicht beachten, dass die kritische Bewertung der Analysen, die vom Plagiat-Sucher zurückgemeldet werden, immer noch originäre Aufgabe des Verantwortlichen bleibt.
  • Kollektive Ermittlung auf offenen Wikis. Ein Doktorand mit dem Pseudonym PlagDoc legte zur Ermöglichung kollaborativer Plagiatsermittlung und -dokumentation eine nach dem Wikipedia-Prinzip funktionierende Plattform namens GuttenPlag an, die viel genutzt wurde und deren Ermittlungsergebnisse auch durch die Universität Bayreuth bestätigt wurden. Der Betroffene Plagiator verlor seinen Doktorgrad und seine politischen Ämter. Ähnlich erging es zweien der vom VronmiPlag Wiki Betroffenen: einer Tochter eines Ministerpräsidenten und einer Europaabgeordneten. Hunderte von Ermittlern arbeiten in solchen Fällen unentgeltlich und oft unter erheblichem Aufwand an Zeit und Geld zusammen. Den (politischen) Freunden der von ihren Aufdeckungen Betroffenen gelten sie als Denunzianten oder politische Gegner, die es auf die Mitglieder bestimmter Parteien abgesehen hätten. Sie selbst sehen sich als Menschen, die sich wissenschaftlich mit publizierten Arbeiten auseinandersetzen und das Geschäft der Wissenschaft und ihrer Selbstkontrolle betreiben - auch als Menschen, die unschöne Verquickungen von Politik und Wissenschaft aufzudecken versuchen (Machtmissbrauch). Einige der Internetermittler kaufen sich Dutzende oft antiquarischer Bücher und lesen sie durch, um die Quellen zu finden, von denen in einer Dissertation abgeschrieben worden sein könnte. Andere digitalisieren aus Bibliotheken entliehene Bücher, lesen sie in Windeseile und finden Plagiate durch software-unterstützte Vergleiche. Manch einem gelingt es, "Plagiate zu entdecken, die der Software entgehen" (Haupt 2011).
  • Für eine Sensibilisierung für das Thema wissenschaftlicher Fälschungen sorgte 1977 der Fall des Krebsmediziners Friedhelm Herrmann. Nachdem in seinem Fall nicht weniger als 94 fingierte Arbeiten aufgefallen waren, verbreiteten sich Regelwerke "guter wissenschaftlicher Praxis"; auch wurden Ombudsgremien eingerichtet. Ob die Thematisierung und Institutionalisierung allerdings Verbesserungen gebracht haben (und welche), wurde bislang nicht bekannt (und wohl auch nicht erforscht).

Sanktion

Ein Plagiat kann zum Nichtbestehen einer Prüfung, zur Aberkennung eines akademischen Grades, zum Verweis von einer Hochschule und/oder auch zu einer Verpflichtung zum Schadensersatz bzw. zu einer strafrechtlichen Verurteilung führen. Rechtsgrundlagen können sein: (1) das landesrechtliche Verwaltungsverfahren zur Rücknahme der Promotion als eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts; (2) Sanktionsnormen universitärer Satzungen (von internen Gremien) gegenüber eingeschriebenen Promotionsstudierenden und anderen Angehörigen der Universität (aber nicht gegenüber Externen), (3) Disziplinarnormen (Dienstrecht; Sanktionen gegenüber plagiierenden Professoren), (4) außeruniversitäre Sanktionsnormen im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht, Urheberrecht.

Verfassungswidrigkeit der Sanktionsnormen?

Paul Tiedemann (2010: 53) bezweifelt - ohne dass sich Gesetzgeber oder Gerichte seine Meinung bislang zu eigen gemacht hätten - die Verfassungsmäßigkeit solcher Bestimmungen. Ihm zufolge gibt es deshalb bis zum Inkrafttreten eines hinreichend bestimmten Gesetzes "keine rechtliche Handhabe, einer Person, die sich eines Forschungsbetrugs, eines Plagiats oder eines sonstigen grob unwissenschaftlichen Verhaltens im Wissenschaftsbetrieb schuldig gemacht hat, den Doktorgrad oder die akademischen Bezeichnungen Privatdozent und Honorarprofessor zu entziehen. Soweit in einigen Bundesländern Vorschriften existieren, die zum Widerruf der Verleihung eines akademischen Grades bzw. einer akademischen Bezeichnung ermächtigen, sind diese mangels hinreichender Bestimmtheit verfassungswidrig." Tiedemann plädiert für die Schaffung einer geeigneten Rechtsgrundlage in den Landeshochschulgesetzen und schlägt folgende Formulierung vor: "Der Doktorgrad sowie die akademischen Bezeichnungen eines Privatdozenten und eines Honorarprofessors können entzogen werden, wenn der Inhaber oder die Inhaberin im Rahmen von Forschung und Lehre Daten erfindet oder verfälscht, das geistige Eigentum anderer verletzt, die Forschungstätigkeit anderer beeinträchtigt, Humanexperimente durchführt oder durchführen lässt, die gesetzlich verboten sind oder ohne Zustimmung des Betroffenen durchgeführt werden, verbotene Tierexperimente durchführt oder durchführen lässt, Menschen oder Gruppen von Menschen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise verächtlich macht oder zum Hass, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder aufstachelt" (55).

Praxis

Statistiken existieren nicht und wissenschaftliche Forschungsprojekte über Plagiate sind nicht bekannt.


Universitäten gehen nach Meinung von Experten ausgesprochen zurückhaltend mit der Sanktion der Aberkennung um: "Solange die Arbeit "als Gesamtwerk noch als Eigenleistung gelten kann, wird allenfalls ein Missfallen ausgesprochen" (Schmoll 2011).

Besonders mild gehen Universitäten in der Regel mit plagiierenden Professoren um

Den Doktorgrad zu verlieren bedeutet nicht unbedingt, auch Posten zu verlieren:

"Auf der Suche nach Plagiaten in Guttenbergs Doktorarbeit war eine Internetplattform entstanden: Guttenplag. Jeder konnte sich hier anonym als Plagiatsjäger betätigen. Nach Guttenberg nahmen die Jäger weitere Politiker ins Visier. Meist folgten sie dabei anonymen Hinweisen, Zufallsfunden von Studenten oder Wissenschaftlern, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigen. Die Plattform Vroniplag entstand, benannt nach Veronika Saß, der Tochter des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU). In der Folge ihrer Ermittlungen wurden neben Frau Saß unter anderen den FDP-Politikern Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis, Margarita Mathiopoulus und Bijan Djir-Sarai die Doktortitel aberkannt. Zuletzt verlor am vergangenen Mittwoch der CDU-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Florian Graf, seinen Doktortitel. Die Universität Potsdam war zu der Ansicht gelangt, dass es sich „bei der Dissertation um eine Täuschung“ handele. Die politischen Kosten hielten sich für die Beteiligten in Grenzen. Alle behielten, der Plagiate überführt und bar ihrer Titel, ihre Mandate. Graf, der die Täuschung zugegeben hatte, überstand tags darauf eine Vertrauensabstimmung seiner Fraktion" (Hoffmann 2012).

Innovationsansätze

Mehr Redlichkeit in der Wissenschaft ließe sich durch eine gewissenhaftere Arbeit von Promotionsausschüssen in den Universitäten erzielen. Breit angelegte proaktive Stichproben innerhalb der Universitäten selbst könnten ebenfalls einen Beitrag leisten. KayH von GuttenPlag und VroniPlag schlägt eine Open-Access-Publikationspflicht vor: "alle Arbeiten müssten frei zugänglich sein" (Haupt 2011).

Einzelfälle

  • Nachdem der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Florian Graf (38) 2012 zuzugeben hatte, fehlerhaft gearbeitet zu haben, und nachdem die Universität Potsdam seinem Wunsch zur Aberkennung des Doktorgrads nachgekommen war, sprachen 30 von 34 Anwesenden der CDU-Fraktion dem Vorsitzenden mit der Begründung ihr Vertrauen aus, er habe durch die Art des Umgangs mit seinen Fehlern eine zweite Chance verdient (so sein Vorgänger, der nunmehrige Innensenator Frank Henkel). "Über das Ausmaß der Mängel an Grafs Arbeit ('Der Entwicklungsprozess einer Oppositionspartei nach dem abrupten Ende langjähriger Regierungsverantwortung am Beispiel der CDU') gaben weder Graf noch die Universität Potsdam Auskunft". Der Wert des Doktorgrads "ist offenbar so tief gesunken, dass Täuschung und Betrug zu Kavaliersdelikten werden, wenn man so clever ist, die Flucht nach vorne anzutreten. Den Titel muss man dann nur noch in denselben Papierkorb werfen, in den die Arbeit gehört" (v. Altenbockum 2012).


  • Michel Houellebecq schrieb in seinem 2010 erschienenen Roman „La Carte et le Territoire" (Karte und Gebiet) bei Wikipedia ab. Als es herauskam, gab Houellebecq das Plagiat zu, vertrat aber zusammen mit seinem Verlag (Flammarion) die Position, dass man bei Wikipedia umsonst und heimlich abschreiben dürfe. Ohne Quellenangabe. Vor Gericht scheiterte Wikipedia mit ihrer Forderung nach Angabe der abgeschriebenen und gerade nicht "zitierten" Passagen: stattdessen gab es vom Verlag die Zusage, in alle kommenden Auflagen des Werks eine pauschale Danksagung an Wikipedia einzufügen.
  • Norbert Brockmeyer (1972) Sozialgeschichte der Antike. Stuttgart: Kohlhammer. Dazu Friedrich Vittinghoff, Rezension in der Historischen Zeitschrift (HZ 217, 1973, 111-113): „Man nehme wörtliche oder wenig frisierte Exzerpte aus gängigen Handbüchern zur griechischen und römischen Geschichte, mische sie, verschweige ihre Herkunft, gebe sich die Aura eines Fachmannes („Lehrbeauftragter für Antike Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Bochum") und verkaufe das Machwerk in einer bekannten Taschenbuchreihe unter dem Desiderat „Sozialgeschichte der Antike": so muß sich der Vf. das Ganze wohl gedacht haben. Ich habe die Plagiatsammlung lediglich mit Bengtson (Griechische Geschichte, 41969; Grundriß der römischen Geschichte 1, 21970), Heuß (Römische Geschichte, 21964) und Finley (in: Fischer Weltgeschichte 3, 1966 und 4, 1967) verglichen. Obwohl B. in den Anmerkungsbelegen (...) umfangreiche und gute moderne Literatur anführt, wird nur einmal beiläufig Heuß mit seiner Schätzung von italischen Einwohnerzahlen (...) genannt (...), sonst aber zur Täuschung des Lesers genauso wie Bengtson und Finley unterschlagen" (zit.n. Uwe Walter, Sozialgeschichte, abgeschrieben. Erinnerungen an ein Plagiat. FAZ-Online 02.04.2011.
  • Während sonstige (also nicht Wissenschaftsbetrug betreffende) oder nachträgliche Verfehlungen (wie z.B. eine Verurteilung wegen eines Vermögensdelikts) für eine Aberkennung nicht ausreichen, gelten für die Leugnung des Holocaust andere Maßstäbe. 1983 wurde deshalb einem pensionierten Juristen der Dr. jur. seitens der Universität Göttingen aberkannt. Er zog vor Gericht und unterlag, obwohl seine ursprüngliche Promotion als solche nicht zu beanstanden war (Vec 2011)
  • Nachdem im Februar 2011 bekannt wurde, dass der deutsche Verteidigungsministers Karl Theodor Freiherr zu Guttenberg in seiner Dissertation über "Verfassung und Verfassungsvertrag" mehrere fremde Textpassagen als eigene ausgegeben hatte (Fischer-Lescano 2011), förderte eine kollektive Suche im Internet auf der Plattform "GuttenPlag" zahlreiche weitere plagiierte Stellen zutage. Die Kritik führte am 01.03.2011 zum Rücktrittsgesuch des überaus populären Ministers und zum Rückzug aus allen politischen Ämtern. Erstaunen erregte im Mai 2011 ein Mini-Comeback, als er sich vom CSU-Kreisverband Kulmbach zum Delegierten für den Bezirks- und den Landesparteitag seiner Partei wählen ließ.
  • Nachdem der Wehrdisziplinaranwalt Berufung gegen den Spruch eines Truppendienstgerichts eingelegt hatte, dessen Sanktion für das Abschreiben einer Pädagogik-Klausur durch einen Studenten an einer Bundeswehrhochschule ihm zu milde erschienen war (ein Beförderungsverbot für drei Jahre und Kürzung der Bezüge um zehn Prozent über 15 Monate), wertete ein Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts (AZ 2 WD 30/01) die Täuschung als "schwerwiegendes Dienstvergehen", da der Soldat "in soldatischen Kernpflichten versagt" habe. Dem zum Leutnant degradierten Offizier schrieb er ins Stammbuch, dass im Militär "der Wahrheitspflicht besondere Bedeutung" zukomme. Eine Armee könne nicht geführt werden, "wenn sich die Führung nicht auf die Richtigkeit der abgegebenen dienstlichen Meldungen, Erklärungen und Aussagen verlassen kann.". Eine Täuschung aus Eigennutz begründe "ernsthafte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, Integrität und Treuebereitschaft". Der Soldate büße "hierdurch allgemein seine Glaubwürdigkeit ein" und "disqualifiziert sich regelmäßig durch ein solches Fehlverhalten als Vorgesetzter". Täuschungshandlungen enttäuschten zudem nicht nur den Dienstherrn und die Öffentlichkeit, sondern wirkten sich auch "zwangsläufig nachteilig auf das Ansehen einer Hochschule sowie die Berufschancen ihrer Absolventen" aus ("Abgeschrieben" heißt: "in soldatischen Kernpflichten versagt"; FAZ 01.03.2011: 2).
  • Der Juraprofessor Axel Wirth figurierte 2006 als Autor von Teilen eines Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch, die sich ihrerseits als großenteils identisch mit dem Kommentar des Konkurrenzprodukts "Palandt" erwiesen. Der Verlag zog das Buch zurück. Wirth sagte, sein Doktorand (der allerdings nur in Teilen als Koautor genannt worden war) habe abgeschrieben und ihm, Wirth, sei „keinerlei Vorwurf wissenschaftlichen Fehlverhaltens“ zu machen. Der Rektor der TU Darmstadt erteilte Wirth eine dienstliche Rüge, nachdem eine Kommission zur Untersuchung des Vorwurfs wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu entsprechenden Schlüssen gelangt war.

Abgrenzung zum Markenplagiat

Die gelegentliche Verwendung des Plagiatsbegriffs im Zusammenhang mit der sogenannten Produktpiraterie ist irreführend. Beim sogenannten Markenplagiat wird ja im Gegensatz zum Plagiat nicht ein fremdes Werk als eigenes, sondern eine eigenes Produkt als fremdes ausgegeben, um von der vorgespiegelten edlen Herkunft ("Rolex", "Adidas", LVMH" etc.) zu profitieren.


Literatur

  • Cambridge-Studenten geben Plagiate zu. FAZ 01.11.08: 7.
  • Fischer-Lescano, Andreas (2011) Besprechung von: Th. Frh. zu Guttenberg, Verfassung und Verfassungsvertrag. Kritische Justiz 44.Jg. 112-114. [[1]]
  • Frankenberg, Günter (2007) Die niedrige Kunst des Abschreibens, FAZ 23.10.2007.
  • Georgi, Oliver (2011) Plagiats-Vorwürfe. Guttenberg hat Anfang seiner Dissertation bei F.A.Z. abgeschrieben. FAZ Online 16.02.2011 [[2]]
  • Haupt, Friederike (2011) Die Scanner. FAZ 14.05.2011: 40.
  • Kaube, Jürgen (2011) Zu Guttenbergs Doktorarbeit. Summa cum laude? FAZ Online 17.02.2011 [[3]]
  • Lahusen, Benjamin (2006) Goldene Zeiten. Anmerkungen zu Hans-Peter Schwintowski, Juristische Methodenlehre. UTB basics Recht und Wirtschaft 2005, in: Kritische Justiz Heft 4: 398-417.
  • Horstkotte, Hermann (2007) Plagiatsvorwurf an der Humboldt-Uni. Tagesspiegel 08.02.2007.
  • Kaube, Jürgen (2007) Noch 'n Plagiat: Die hohe Kunst des Abschreibens nach dem jüngsten Stand der juristischen Methodenlehre. FAZ 08.02. 2007: 40.
  • Kaube, Jürgen (2007) Berliner Bankenkrise: Die Humboldt Universität und der peinliche Fall Schwintowski. FAZ 14.05.2007: 40.
  • Kutter, Inge & Jan-Martin Wiarda (2011) Was ist der Dr. wert? DIE ZEIT Nr.10, 03.03.2011: 34.
  • Rieble, Volker (2010) Das Wissenschaftsplagiat. Frankfurt a.M.: Vittorio Klostermann.
  • Schimmel, Roland (2011) Von der hohen Kunst ein Plagiat zu fertigen. Münster u.a.: LIT.
  • Schmoll, Heike (2011) Der Kairos war an einem anderen Tag. Verteidigungsminister zu Guttenberg sieht sich Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. FAZ 17.02.2011: 4.
  • Spiewak, Martin (2011) Eine Frage der Ehre. DIE ZEIT Nr. 9, 24.02.: 39-40.
  • Tiedemann, Paul (2010) Entzug des Doktorgrades bei wissenschaftlicher Unlauterkeit. Zeitschrift für Rechtspolitik 43: 53-55.
  • Vec, Milos (2011) Der Fall Bayreuth und seine Lehren. FAZ 23.02.2011: N5.

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