JVA Lübeck

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die seit 1909 bestehende Justizvollzugsanstalt Lübeck mit ihren rund 500 Haftplätzen ist die größte ihrer Art in Schleswig-Holstein. Heute dient sie als Langstrafenanstalt und als U-Haft für Männer (mit 387 Haftplätzen), aber auch als Sozialtherapie (39 Plätze; 2014) und für den gesamten schleswig-holsteinischen Frauenvollzug (81 Plätze). Der Ruf der Anstalt, die nicht nur in früheren Zeiten (wie amdere auch) neben sog. gewöhnlichen Kriminellen auch viele Regimekritiker (Sozialdemokraten, Kommunisten), Lebensstil-Delinquenten (Homosexuelle) und andere (Majestätsbeleidigung) beherbergte, ist nicht der beste ("KZ des Nordens").

Räumliche Lage

Die JVA liegt auf dem "Lauerhöfer Felde" (bzw. auf den ehemaligen "Lauerhofer Parzellen" und den "Staatsländereien") und wurde zunächst mit der offiziellen Bezeichnung "Strafanstalt Lauerhof" versehen.

Noch heute spricht man von der JVA als dem "Lauerhof" und auch die Gefangenenzeitung der Anstalt heißt heute noch Lauerhof-Kurier.

Die Anschrift (Marliring 41, 23566 Lübeck, Tel.: 0451-62010) erinnert daran, dass sie "auf Marli" liegt, also in dem Teil Lübecks, der sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts vor den Toren der Stadt befand, als Edmont Graf von Chasôt ihn als Landgut erwarb und nach einem Lustschloss Ludwigs XIV. "Marly" taufte.

Chronik

Vorgeschichte

  • 1844 Die Reform des Armenwesens sieht die Trennung von Armenpflege und Strafvollzug vor und beinhaltet Pläne zu einer künftigen Reform des Gefängniswesens. Tatsächlich schließt sich aber eine mehr als ein halbes Jahrhundert dauernde Diskussion darüber an, wie das Gefängniswesen denn nun eigentlich zu reformieren sei.
  • 1845 Der Rat erwartet Vorschläge von der Zentral-Armendeputation. Doch die kommen nicht. Der Reformprozess gerät ins Stocken.
  • 1851 Friedrich Christian Benedikt Avé-Lallement legt neben seinem "Entwurf einer Polizeiordnung für den Freistaat Lübeck" auch einen "Entwurf einer Ordnung für die Strafanstalten des Lübeckischen Freistaates" vor.
  • 1852 Rücktritt der Vorsteher des ehemaligen Klosters St. Annen (seit Mitte des 16. Jh. Armen- und Werkhaus für Alte, Arbeitslose, Bettler und Kinder und seit 1632 auch lübeckisches Zuchthaus). Die Nachfolger werden aber in der Gefängnisreform ebenfalls erst einmal nicht tätig.
  • 1860 Der Interimsvorstand von St. Annen legt nach Druck durch den Senat der Hansestadt Vorschläge zur Reform vor. Gedacht ist an eine Dreiteilung: (1) Im seit 1806 als Gefängnis dienenden Marstallgefängnis am Burgtor, einem Teil der ehemaligen Befestigungsanlage: Gefängnisgefangene, U-Häftlinge und Polizeigefangene, (2) Im Bestand von St. Annen: Werkhaus und Zwangsarbeitshaus, (3) Neubau auf dem Gelände von St. Annen: Zuchthausgefangene. - Der Plan blieb dann aber unrealisiert. Auch Verhandlungen über gemeinsame Aktionen mit Hamburg und Bremen in den 1860er und mit Oldenburg und Preußen in den 1880er Jahren kommen zum Erliegen. Als Notmaßnahmen werden 10 weitere Zellen im Marstallgebäude geschaffen und Bretterverschläge im Klostergebäude von St. Annen eingerichtet.
"Die zusätzlich geschaffenen Unterbringungsmöglichkeiten in St. Annen beispielsweise waren freucht und hatten keine Fenster, die Belüftung erfolgte über Öffnungen über der Tür, war also zum Gang ausgerichtet. Obwohl fast ide Hälfte der in St. Annen untergebrachten Personen krank war, gab es keine ausreichenden und ausreichend sicheren Krankenräume" (Baumbach/Thorn 2009: 19)
  • 1894-96: Bau des Untersuchungsgefängnisses zusammen mit dem Gerichtshaus zur Entlastung des alten Marstall-Gefängnisses
  • 1897 Festlegung der bundesstaatlichen Grundsätze für den Vollzug der Freiheitsstrafe. Die Unhaltbarkeit der Lübecker Zustände wird erneut offenkundig.
  • 1903, 18. Mai: Rat und Bürgerschaft beschließen den Bau einer neuen Zentral-Strafanstalt auf den Lauerhöfer Parzellen und den Staatsländereien.
  • 1906-1908: Errichtung der Anstalten Lübeck-Lauerhof

Geschichte

  • 01.04.1909: Am 1.4. wird die Strafanstalt mit 512 Plätzen für Männer und 46 für Frauen feierlich eröffnet, am 3.4. erhält sie ihren Namen "Strafanstalt Lauerhof"
  • 1918-1919: Der Lauerhof dient als Militärarrestanstalt (Leiter: zunächst Hacker von der Hamburger Polizei, dann Adam Simmermacher)
  • 1924: Die Dienst- und Vollzugsordnung für die Lübecker Strafanstalten löst die Bestimmungen von 1863 ab und führt den Stufenvollzug ein. Politische Gefangene, die sich aus Überzeugung zu ihren Taten verpflichtet gesehen hatten, müssen die Stufen nicht durchlaufen, sondern können alle Vergünstigungen von Beginn an in Anspruch nehmen.
  • 1927: Gefangene der ersten und zweiten Stufe (im dreiteiligen Stufenvollzug) erhalten auf Wunsch eigene Beete, auf denen sie ihre eigenen Gärten anlegen dürfen: eine kreative Beschäftigung, die den Gefangenen ein kleines Einkommen durch Gemüseanbau ermöglicht und zudem die Anstalt verschönert.
Als einmal ein Hund der Ordnungspolizei (die in der Anstalt Wache lief und von der bekannt war, dass sie gegenüber der verbesserten Behandlung der Gefangenen sehr skeptisch eingestellt war) die Beete verwüstet hatte, klagte der Anstaltsleiter Boy, dass die Gefangenen gerade in diesem Jahr die Beete besonders schön angelegt, besät und bepflanzt hätten: "Mit Lust und Liebe hat jeder sein kleines Stückchen Land gehegt und gepflegt und jeder hatte seine Freude an dem Gedeihen und Werden der Pflanzen. Diese Freude ist den Leuten nun gstört worden, dadurch, dass der Begleithund eines Polizeibeamten die Beete zerscharrt und die kleinen Pflanzen zertreten sowie die Einsaat usw. zerstört hat. Ganz abgesehen davon, dass das für die Saat ausgegebene von den Leuten sauer verdiente Geld verloren, ist ihnen auch ihre einzige Freude und Erholung genommen worden. Aber auch die Blumenanlagen der Anstalt auf den Spazierhöfen usw. werden von den Hunden beschädigt (...)" (Baumbach/Thom 2009: 42).
Der Journalist (und spätere Lauerhof-Häftling) Solmitz (1927) berichtete über diese Reformphase:
"Und all diese Freiheiten haben nicht etwa die Disziplin gefährdet, im Gegenteil, die Beamten erklären, dass sie es heute viel leichter haben (...). Aber wichtiger als all das ist der Geist der Beamten, die sich nicht als Feinde, sondern als Helfer der ihnen Anvertrauten fühlen."
  • 1928 Aufhebung der Vorsteherschaft. Das Amt für die Strafanstalt Lauerhof entsteht.
  • 1929: Lübeck verpachtet seine Strafanstalt sowie das Marstall- und das Untersuchungs-Gefängnis an Hamburg, das die Verwaltung gegen Pachtzahlungen übernimmt (Vertrag betreffend die Verwaltung der Gefangenenanstalten vom 23.02.)
  • 1931: Das Protokoll einer Sitzung der Strafvollzugsbehörde fasst Fritz Solmitz' Einschätzung zu Lauerhof zusammen: Es herrsche dort ein schlimmer Ton. Ein pädagogischer Strafvollzug sei dort nicht möglich. Statt weiter an der Beköstigung und Fürsorge für die Gefangenen zu sparen, solle man beim Verwaltungsapparat sparen.
Anstaltsleiter Thieme erklärt: von einem "schlimmen Ton" sei ihm nichts bekannt; der Rest sei zu allgemein, so dass er sich zu den Vorwürfen nicht äußern könne. Außerdem kenne Dr. Solmitz die Anstalt aus eigener Anschauung überhaupt nicht (später wurde der jüdische Sozialdemokrat Solmitz von den Nazis im Lauerhof inhaftiert und in Fuhlsbüttel zu Tode misshandelt)
  • 1937: Die Gefangenenanstalten Lübeck-Lauerhof mit der Frauenstrafanstalt für weibliche Zuchthausgefangene und Sicherungsverwahrte und dem Männerstrafgefängnis sowie das Untersuchungs- und Marstallgefängnis Lübeck-Stadt kommen nach dem Verlust der Eigenstaatlichkeit Lübecks zum Vollzugsbereich des Oberlandesgerichtsbezirks Kiel.
  • 1940er Jahre bis 1990er Jahre: Ende der 1940er Jahre Etablierung einer Vollzugsgemeinschaft mit HH und HB. Der Lauerhof erhält aus HH die weiblichen Gefangenen und die Kurzstrafer. Nach Ende der Vollzugsgemeinschaft kamen die Langstrafer nach HL.
  • 1953: Deaktivierung des Marstall-Gefängnisses
  • 1961: Die bundeseinheitliche Dienst- und Vollzugsordnung räumt dem Schutz der Allgemeinheit vor Straftätern den Vorrang ein vor dem Besserungs- und Erziehungsgedanken.
  • 1962: Auflösung der U-Haft Lübeck-Stadt nach Fertigstellung eines neuen Gerichtsgebäudes
  • 1977 § 2 des Strafvollzugsgesetzes kehrt die gewohnte Reihenfolge der Vollzugsziele um:
"Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten." Das lässt sich in Lübeck während der nächsten Jahrzehnte nicht bruchlos plausibilisieren.
  • 1980: Im Juli kommt die seit 17 Jahren inhaftierte Irmgard Möller nach Lübeck (Stationen: Verhaftung am 8. Juli 1972; Einzelhaft in verschiedenen süddeutschen Gefängnissen und in Hamburg, seit Dezember 1974 dort gemeinsamer Umschluß mit einer anderen RAF-Gefangenen. Im März 1976 zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, im Januar 1977 Verlegung nach Stammheim. Nach jener Todesnacht wieder in Einzelhaft, dann ein neues Urteil: lebenslänglich und fünfzehn Jahre). Im Dezember 1981 wird auch Hanna Krabbe, im Juli 1977 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, nach Lübeck verlegt, wo drei Monate zuvor die ebenfalls lebenslänglich verurteilte Christine Kuby einquartiert worden war. Die Bildung dieser Dreiergruppe war Ergebnis eines Hungerstreiks der RAF (zuerst waren es fünf Frauen, doch zwei wurden entlassen). Anstaltsleiter Ernst Greif: „Ihre Standpunkte sind gefestigt, sie halten sich für Kriegsgefangene“ (1989).
  • 1981: Inbetriebnahme der Sozialtherapeutischen Station
  • 1986: Für einige Jahre gibt es von nun an eine Mutter-Kind-Abteilung
  • 1988: Einführung eines "Offenen Hauses" für Männer (Offener Vollzug)
Trotzdem gab es weiterhin Räume, die seit der Gründung mehr oder wneiger unverändert waren. Allgemein galten "die Bedingungen vor allem in den Gemeinschaftsräumen, den sanitären Anlagen und bei der Frage der Ausstattung der Hafträume mit Toiletten, die nicht als Nasszelle abgetrennt waren, als kaum zumutbar" (Baumbach/Thorn 2009: 77)
  • 1993: 12 ausländische Häftlinge drohen, vom Gefängnisdach zu springen. Ihre Forderung: "Die Nazis müssen verlegt werden." In manchen Zellen fanden sich NS-Parolen.
  • 1997: Am 17.12. flieht der Gefangene Manfred Th. während einer Ausführung zum Advents-Shopping in die Lübecker Innenstadt, wird nach vier Tagen wieder gefasst. Die begleitenden BeamtInnen hatten die Weisung, Th. in einem Dienstfahrzeug nach Travemünde zu begleiten. Stattdessen fuhren sie mit dem Linienbus in die Lübecker Innenstadt, wo Th. kurz vor Anfahrt des Busses durch die noch geöffnete Tür wieder ausstieg und verschwand. Gegen Anstaltsleiter Dieter Schmelzer und drei seiner Vollzugsbeamte wird disziplinarisch ermittelt.
  • 2004: Flucht des Bankräubers Christian Bogner am 26.10. mithilfe eines Gabelstaplers und einer in der Anstaltsschlosserei gefertigten Leiter. Der Ausbruch wird Thema im Landtagswahlkampf 2005. Der spätere Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) fordert die damalige Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) auf, die Zustände in der JVA Lübeck-Lauerhof zur Chefsache zu machen; Justizministerin Anne Lütkes (Bündnis 90/Die Grünen) weist Rücktrittsforderungen von FDP und CDU zurück und leitet Disziplinaruntersuchungen gegen Mitarbeiter der Anstalt und dann auch gegen den Leiter der Anstalt ein, der für einige Monate ins Ministerium abgeordnet wird. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert das Justizministerium: es sei schon lange (durch die GdP) über Personalmangel - explizit auch in der Schlosserei - und die daraus folgenden Sicherheitsdefizite informiert gewesen.
  • 2009: Immer noch haben ca. 50 Hafträume mit Mehrafchbelegung keinen abgetrtennten Toilettenbereich (Baumbach/Thorn 2009: 77)
  • Hochstapler Milliarden-Mike flieht vor drohender Sicherungsverwahrung und wird nach einer Woche an der Algarve gefasst (Oktober 2010). Im März 2011 wird er plötzlich entlassen und gewährt dem SPIEGEL ein Gespräch.
  • 2012: Am 1.12. versucht ein Sexualstraftäter (mit Vorliebe für Frauen in Uniform) bei einem Gottesdienst, eine Beamtin als Geisel zu nehmen. Der Sicherungsverwahrte will die Frau überwältigen, als sie ihm für einen Toilettengang die Türen aufschließt. Die Frau beißt den Häftling in die Hand und kann sich befreien und einen Notruf absetzen; daraufhin überwältigen Mitgefangene und Angestellte den Straftäter. Die Beamtin wurde bei dem Vorfall nicht verletzt, kam aber vorsorglich in ein Krankenhaus.
  • 2013: Nach 14 Jahren als Leiter wird Peter Brandewiede im Juni in den Ruhestand verabschiedet; er hatte als Anstaltspsychologe in verschiedenen Hamburger Haftanstalten und seit 1990 als Vollzugsleiter in der JVA Hamburg-Fuhlsbüttel gearbeitet.
  • Juli 2013: Ein 44 Jahre alter Mitarbeiter erschießt sich während des Nachtdienstes auf dem Gelände der JVA. Zum genauen Fundort der Leiche machen weder Polizei noch Gefängnisleitung irgendwelche Angaben.
  • 2013: Agnete Mauruschat wird im September neue Leiterin der JVA.
  • 2014: Einweihung einer Gedenktafel für die beiden französischen Widerstandskämpferinnen France Bloch-Sérazin und Suzanne Masson.
  • 2015: Agnete Mauruschat wird von der Leitung der JVA entbunden; Tobias Berger wird kommissarischer Leiter.

Insassen

Über einige Insassen der Strafanstalt unter dem Nationalsozialismus informieren Baumbach/Thorn (2009:52-73).

  • Von außen und von innen sollte auch der Mann den Lauerhof kennen lernen, der den jungen Willy Brandt gefördert hatte, nämlich der jüdische Sozialdemokrat und Politik-Redakteur beim Lübecker Volksboten, Fritz Solmitz. Solmitz berichtete im Volksboten über die Reformen im Lauerhof, seit Anfang der 1930er aber auch über den autoritären Umschlag im Vollzug. Als Anstaltsbeirat für das Marstall-Gefängnis am Burgtor ist er mit Strafvollzugsdingen bestens vertraut. Nach seiner Festnahme am 11. März 1933 ("Schutzhaft") kommt er zunächst in den Lauerhof. Er verstirbt später im Hamburger Konzentrationslager Fuhlsbüttel nach schweren Misshandlungen, wahrscheinlich durch aufgenötigten Suizid. Solmitz hatte den jungen Herbert Frahm (bekannter als Willy Brandt) unter seine journalistische Obhut genommen, der als 13-jähriger Gymnasiast seinen ersten Beitrag für die Zeitung lieferte, später politische Beiträge schrieb und und runter Solmitz' Anleitung politische Nachrichten redigierte. Solmitz hatte sich dann ab 1932 mit dem NSDAP-Organ Lübecker Beobachter publizistische Gefechte geliefert. Der Lübecker Beobachter drohte ihm (und Julius Leber) mehrfach offen mit Gewalt. Nachdem der Lübecker Senat noch am 14. Februar 1933 das von Reichsinnenminister Wilhelm Frick verlangte Verbot der Volkszeitung abgelehnt hatte, lieferten die folgenden Ereignisse die erforderlichen Vorwände und sog. Rechtsgrundlagen, um die Zeitung zu verbieten und die Redaktion in sog. Schutzhaft zu nehmen. Kurz vor seiner geplanten Entlassung aus der Schutzhaft begannen die schweren und letztlich tödlichen Misshandlungen in Fuhlsbüttel (Näheres zu den Todesumständen: Baumbach/Thorn 2009: 55,57).
Bis zu ihrer Verhaftung am 12.10.1935 ist Minna Klann in der Leitung der KPD aktiv. Sie wirbt neue Mitglieder, stellt Flugblätter her, baut Kontakt zu anderen Widerstandsgruppen auf und organisiert geheime Treffen. Außerdem holen Minna und ihre Tochter Erika zusammen mit anderen illegale Schriften von schwedischen Schiffen, die regelmäßig den Lübecker Hafen anlaufen. Sie tarnen sich als Freundinnen der Seeleute, befestigen das Material unter ihrer Kleidung und gehen mit ihren „Geliebten“ engumschlungen oft direkt an der Gestapo vorbei von Bord. Zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung ist Minna schwer an Tuberkulose erkrankt. Wenige Tage später wird auch ihre 14 Jahre alte Tochter Erika verhaftet. Bis zu ihrem Prozess sind beide im Lübecker Gefängnis Lauerhof inhaftiert. Insgesamt 150-170 Personen verhaftet die Gestapo in diesem Monat in Lübeck.
  • Liselotte (Ruth) Schlachcis, geb. am 23.3.1910 in Pinne (preuß. Posen), 1940-1942 Haft in Kopenhagen, Hamburg, Lübeck und Neumünster, von dort am 17.12.1942 deportiert nach Auschwitz. Lotte S., Tochter von Eduard Schlachcis und dessen Ehefrau Martha, geb. Levinsohn (Jg.1886), war 1926 in Segeberg gemeldet und kehrte im März 1928 – wie es hieß – „von Reisen“ in die Wohnung ihrer Mutter nach Wandsbek zurück; 1931 meldete sich Liselotte Schlachcis nach Hamm, (vermutlich) Wichernweg 28 ab. Sie schloss sich einer Gruppe der KPD in Wandsbek an, die nach der NS-Machtübernahme illegal weiterarbeitete. Ihr Verlobter, der Hamburger Jungkommunist Rudolf Lindau, wurde 1934 hingerichtet. Mitte der 1930er Jahre setzten sich viele Kommunisten nach Kopenhagen ab. Nach der Besetzung Dänemarks im April 1940 - Liselotte Schlachcis hatte mittlerweile im Kommunisten Willi Adam einen neuen Lebensgefährten gefunden - verfolgte die KPD-Führung (aufgrund des Hitler-Stalin-Pakts) die Strategie, die Kader nach Deutschland zurückzubringen. Adam verriet zudem womöglich seine Lebensgefährtin (als Doppelagent). Thomas Pusch dazu: „Liselotte Schlachcis wurde nach meiner Beurteilung durch ihren Lebensgefährten W. Adam im Auftrag der illegalen Leitung der Kopenhagener KPD an die Gestapo verraten. Sie hatte es – nach menschlichem Ermessen – zuvor abgelehnt, sich freiwillig der Gestapo zu stellen (dies war ja die offizielle Linie der Partei). Ihr Lebensgefährte war – höchst wahrscheinlich mit Billigung der Partei! – V-Mann der Gestapo mit dem Ziel, die sich in der Illegalität verborgenen Genossen nach Deutschland zur Auslieferung zu bringen.“ Das führte dazu, dass Lotte Schlachcis im Dezember 1940 oder Anfang 1941 als Mitarbeiterin der KPD Abschnittsleitung Nord in Kopenhagen verhaftet wurde. Schon bald kam sie als Zwangs-Remigrantin in Hamburg in Haft, wo sie ein Jahr und sieben Monate in Fuhlsbüttel einsaß, anfangs in Gestapo-Haft und ab 5. August 1941 als Untersuchungsgefangene. Auf der Gefangenenkarteikarte ist unter Beruf Kontoristin eingetragen. Ein Stempelaufdruck besagt: „Streng trennen von allen politischen Gefangenen!“ Liselotte Schlachcis wurde neben xxx Jensen und anderen Genossen am 26. Juni 1942 vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg zu sechs Jahren Zuchthaus wegen fortgesetzter Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt. Ihre Haftentlassung war auf den 25. November 1946 festgesetzt. Am 9. Juli 1942 wurde sie aus Fuhlsbüttel ins Frauenzuchthaus Lübeck-Lauerhof überstellt, wo sie am 19. Juli registriert wurde. Diese Gefangenenanstalt hatte in den 1930er Jahren zum Kooperationsverband Norddeutscher Haftanstalten gehört und wurde nun genutzt, um die überfüllten Hamburger Strafanstalten zu entlasten. Doch bei Lübeck-Lauerhof sollte es nicht bleiben. Am 14. November 1942 folgte noch eine weitere Verlegung in die Frauenabteilung des Straf- und Jugendgefängnisses Neumünster. Die Anordnung, alle jüdischen Häftlinge in deutschen Gefängnissen, Zuchthäusern oder Konzentrationslagern in das Vernichtungslager Auschwitz zu überführen, traf auch Lotte Schlachcis. Am 17. Dezember 1942 um 9.45 Uhr verließ sie die Strafanstalt Neumünster und wurde nach Auschwitz überführt. Auf Betreiben von Liselotte Schlachcis’ Mutter wurde das Urteil wegen Hochverrats 1955 aufgehoben. Liselotte Schlachcis wurde rückwirkend auf den 9. Mai 1945 für tot erklärt. - Liselotte Schlachcis hätte in Dänemark gerettet werden können. Zwar waren Anfang 1941 die Deportationen aus Deutschland noch nicht angelaufen und jüdische Strafgefangene wurden noch nicht nach Auschwitz überstellt, doch der Parteiführung war das scharfe Sonderrecht, unter dem die Juden in Deutschland lebten und deren bedrängte Lage bekannt. Dennoch stellte sie Parteiinteressen nicht zurück, sondern lieferte die Juden in ihren Reihen an die Gestapo in Deutschland aus (Astrid Louven).
  • Wilhelm Sahlmann, späterer Leiter der illegalen SPD Cuxhaven, 10 Monate U-Haft wegen Vorbereitung zum Hochverrat in HH-Fuhlsbüttel und Lübeck-Lauerhof
  • Die vier Lübecker Märtyrer. Nach ihrer Verhaftung (1942) kamen die drei katholischen Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller sowie der lutheranische Pastor Karl Friedrich Stellbrink (der einige Jahre in Arroio do Padre und Linha Schwerin im brasilianischen Rio Grande do Sul verbracht hatte) zunächst in den Lauerhof. Vom Volksgerichtshof im Sommer 1943 wegen Wehrkraftzersetzung, Heimtücke, Feindbegünstigung und Abhören von Feindsendern zum Tode verurteilt, wurden sie am 10.11.1943 am Holstenglacis per Fallbeil hingerichtet.
  • Dr. Margarete Adam (1885-1946), katholische Dozentin an Hamburger Universität und Volkshochschule aus deutschnationaler Familie, hatte sich in den ersten Jahren der NS-Herrschaft mit der Bitte um einen Putsch gegen Hitler an Offiziere und Prominente gewandt. wurde 1937 verhaftet und zu 9 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Haftzeiten in den Frauengefängnissen Lübeck-Lauerhof und Cottbus (Einzelhaft) und Verlegung (wegen Haftunfähigkeit) in das Krankenhaus Rosstal bei Dresden (1944) starb sie im Januar 1946 in der Berliner Charité.
  • Die Sozialdemokratin Auguste Breitzke verbrachte zwei Jahre in Lübeck-Lauerhof (der Volksgerichtshof hatte sie wegen Mitgliedschaft in der Sozialistischen Front und der Hilfe bei der Herstellung der Sozialistischen Blätter in Hannover zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt)
  • Die Kommunistin Margarete Kaufmann, 1936 von der Gestapo verhaftet, verbrachte ihre Strafhaft hier, bevor sie 1942 der SS übergeben wurde und spurlos verschwand.
  • Die wegen Bombenbaus in einem Labor in Paris (für die Gruppen der Francs-Tireurs et Partisans) zum Tode verurteilte France Bloch-Sérazin wurde 1942 in das Frauengefängnis Lübeck-Lauerhof transportiert. Die französische Verfassung untersagte die Hinrichtung von Frauen. Frau Bloch-Sérazin wurde am 12. Februar 1943 im Untersuchungsgefängnis Hamburg mit dem Fallbeil hingerichtet.
  • Von Juni bis Oktober 1943 war die französische Widerständlerin Suzanne Masson in Lübeck-Lauerhof inhaftiert, bis sie in der Untersuchungshaftanstalt Hamburg am Holstenglacis durch das Fallbeil hingerichtet wurde.


  • 1990: Der nach einer Gefängnisrevolte in der JVA Fuhlsbüttel nach Lübeck verlegte Dieter Gurkasch kommt für mehrere Jahre nach Lübeck in Isolationshaft.
  • 1994 Im Dezember wird RAF-Mitglied Irmgard Möller, Irmgard (* 13. Mai 1947 in Bielefeld), die 1980 in die JVA Lübeck gekommen war, nach insgesamt 23 Jahren Haft entlassen. Sie war 1971 zur Roten Armee Fraktion (RAF) gestoßen. 1972 verhaftet, 1976 verurteilt, überlebte sie per Notoperation als einzige die sog. Todesnacht von Stammheim im Oktober 1977. 1979 zu lebenslanger Haft verurteilt und nach Lübeck verlegt. Lebt seit 2006 in Hamburg.
Im Herbst 1994 schrieb der SPIEGEL: "Im Gefängnis von Lübeck, einem verschachtelten Gründerzeitgemäuer, wurde eigens der Seitenflügel eines Nebengebäudes freigemacht, mit Küche, Fernsehraum, Bücherkammer. Die ehemalige Terroristin ist dort zusammen mit zwei anderen verurteilten RAF-Kämpferinnen untergebracht, mit Hanna Krabbe und Christine Kuby. Die Frauen, die wenig Kontakt zu anderen Gefangenen pflegen, können gemeinsam lesen, kochen oder fernsehen. Im Gegensatz zu den Mithäftlingen dürfen sie sich von morgens bis abends in einem eigenen Freistundenhof bewegen. Während ihrer ersten Haftjahre wurde Irmgard Möller strenger gefangengehalten: Sie lebte zeitweise von der Außenwelt total abgeschnitten, ohne Radio, ohne Zeitung, ohne die Möglichkeit, mit anderen Menschen zu sprechen, außer mit den Vollzugsbeamten. Die Wände waren schalldicht isoliert, die Räume neben, über und unter ihrer Zelle leer, Besuche streng verboten. Selbst mit ihren Anwälten konnte sie nur durch eine Trennscheibe sprechen."
  • 1996 Am 09.05. öffnet sich für die 50jährige Hanna Krabbe (Ex-Raf-Mitglied) nach 21 Jahren Haft das Anstaltstor: sie wird von Irmgard Möller, Christine Kuby und weiteren FreundInnen begrüßt. Die drei Frauen hatten jahrelang gemeinsam in einer besonderen Abteilung der Anstalt gesessen. Möller war im Dezember 1994 und Kuby ar im Februar 1995 freigelassen worden.
  • 2004 flieht der "Ausbrecherkönig" Christian Bogner nach vielen Jahren Haft in der JVA Lübeck. Am 26.10.2004 erregt sein spektakulärer Ausbruch (mittels eines Gabelstaplers und einer in der Anstaltsschlosserei selbst produzierten Leiter) über die teuer aufgerüstete Gefängnismauer Aufsehen. Dies auch deshalb, weil er einen bereitstehenden Mercedes der E-Klasse nimmt und nach Lübeck-Kücknitz fährt, von wo er seine Flucht mit Jackett und Krawatte fortsetzt, einen Gärtner umbringt, um sich dessen Identität anzueignen und erst später wieder gefasst werden kann.

Personal

Die JVA beschäftigt 322 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. 234 Bedienstete auf 230 Stellen sind im allgemeinen Vollzugsdienst und Werkdienst tätig. Damit verfügt die JVA Lübeck über eine quantitativ gute Personalausstattung.

Leitung

Die Leitungsebene der Anstalt besteht (laut Homepage) aus der Anstaltsleiterin, bzw. dem Anstaltsleiter, drei Vollzugsleitungen für den geschlossenen Männervollzug, einer Vollzugsleiterin für den Frauen- und offenen Vollzug, einer Vollzugsleiterin für die Sozialtherapeutische Abteilung, der Verwaltungsdienstleiterin sowie den Verwaltungsabteilungs- und Vollzugsabteilungsleitungen, die dem gehobenen Sozialdienst oder dem gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienst angehören. Hinzu kommen das Personal in der Verwaltung, die Anstaltsärztin, der Psychologische Dienst, der Seelsorger und die Leiterin des Pädagogischen Dienstes.

Die Anstaltsleitung oblag zunächst (dem Vorsitzenden) der Vorsteherschaft des St. Annen-Werk- und Zuchthauses.

  • Hermann Arnst (mind. 1911-mind. 1921) Testament v. Robert Hermann Arnst, Findbuch
  • Hacker (von der Hamburger Polizei; Leiter der Militärarrestanstalt Lauerhof von 19?? bis 1918)
  • Adam Simmermacher (*28.07.1894 in Niedernhausen, Hessen -gest. 1942 in Gestapo-Haft im Lübecker Zeughaus): Leiter Dezember 1918-20. Oktober 1919. Ab 01.06. 1918 vom Kriegsdienst zur Militärabteilung des Lauerhof-Gefängnisses abkommandiert (Simmermacher 2015: 70):
The entire senior staff of the military wing was to be released that day, and so it was not easy getting to know the instituton's operations. The new chief administrator, Feldwebel Hacker, was a police detective from Hamburg, a man who truly was made for this position. Soon Sergeant Gattung, a likeable fellow Hessian from Frankfurt, and Gefreiter Nehmann, also from Hamburg, and an orderly joined us. We worked together harmoniously. (p. 71) - The prison had been virtually cleared of inmates during the night from 5-6 November (1918); BUT OVER THE FOLLOWING DAYS NEW PRISONERS HAD ARRIVED: tHE NW POWERS TOLERATED NO VIOLENCE AND SO OUR CELLS STARTED TO FILL UP AGAIN (p. 81) -The administration of the prison soon fell into may hands, and it did so without my influence [Hacker et al. left for their homes and families]. - My office was also my living quarter for reasons of logistics - this way I would always be contactable. - That lifestyle killed me once, literally. It was Pentecoast 1919 [Begegnung mit dem bewaffneten Möchtegern-Ausbrecher Raschke, der sich noch innerhalb des Gefängnisses befand]. - So I was fully employed and earned well - .. I enjoyed a level of autonomy in my work, and so I was quite content. But I was never permanently appointed ot this post, and I applied for several civil service positions as well. (... ) The next best option was to apply for a permanent post at Lauerhof. But I had misgivings about that. For one, the potential for promotion was too limited, ... And then it was also clear to me that, over a longer period ot time, work behind prison walls is harsh. I feared I might groew to become like som any old prison officials, who started out with warmth, then became tepid, and ended up cold. Love for humanity is a speical thing, and it is subject to particular rules (...) on 16 October 1919, a Monday, I applied for employment with the command of the so-called 'Green Police'. To my joy I ws accepted. So I could stay in Lübeck with the realistic hope of earning a position for life. On the 20th I handed over all Lauerhof affairs to my colleague Hinrichsen und the next day entered the new formation. [Er wird dann Polizist in der Hansestrasse-Wache in Lübeck].
  • 20.10.1919 - Hinrichsen
  • Robert Boy (1.4.1924-31.12.1929). Vors. d. Vorsteherschaft d. Strafanstalt Lauerhof am 30.4.1924 (vgl. Baumbach/Thorn 2009: 180, Fn. 34: Mehrlein). 1928 wurde die Vorsteherschaft aufgehoben. An ihre Stelle trat das Amt für die Strafanstalt Lauerhof.
1929: Gefängnisgemeinschaftsvertrag. Lübeck überträgt Hamburg die Verwaltung seiner Gefangenenanstalten.
  • Thieme (ein Hamburger Amtmann; ab 1.1.1930 und mindestens bis 1931)
  • Leonhardt (Männergef. Lauerhof = HL 3; 1933), Strafanstaltsvorsteherin Ellering (Frauengef. = HL 5; 1933 bis mind. 1935)
  • Ernst Greif (mind. 1968 - mind. 1989) Vortrag am Donnerstag, 22. Jan. 76, RegD Ernst Greif: Politische Probleme der Strafvollzugsreform; VHS Eckernförde
  • Dieter Schmelzer (1990er Jahre)
  • Peter Brandewiede (Anstaltsleiter seit den 1990er Jahren; Nov. 2004-Mai 2005: Unterbrechung; 19.11.2004: Abordnung in das Justizministerium wg. Disziplinarverf., danach wieder Anstaltsleiter vom 04.05.2005 bis 18.06.2013)
  • Alisch (komm. Leiter während der Abwesenheit Brandewiedes)
  • Agnete Mauruschat (19.09.2013 bis 29.01.2015)
  • Tobias Berger (der Fachreferatsleiter im Justizministerium, der im Jahre 2010 bereits einige Monate lang Vollzugsleiter und ständiger Vertreter der JVA-Leitung gewesen war, wird im Februar 2015 kommissarischer Leiter)

Seelsorge

KUNERT (verheiratete KUNERT-BENFEY [richtig: BENFEY-KUNERT]), Sophie, Theologin, Fürsorgerin

  • 1.3.1896 Spandau † 18.1.1960 Göttingen

1916 Studium (Latein, Griechisch Religion) Marburg, 1918 (Theol.) Berlin, 1920 Forderung nach Fakultätsexamen mit Unterstützung des Dekans Adolf von Harnack, 1921 erstes theol. Examen, 1920/21 Erzieherin Rittergut Groß-Döbbern (Cottbus), Ausbildung private Handelsschule, 1922–1925 Direktionssekretärin Fa. Siemens-Bauunion Berlin, daneben Studium der Nationalökonomie, seelsorgerliche Tätigkeit Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit, Verweigerung der Ordination durch die Kirchenbehörde, 1925 Fürsorgerin Hamburger Strafvollzug, zweites theol. Examen, seit 1927 Tätigkeit als Hilfslehrerin Sozialpädagogisches Institut bzw. Staatl. Wohlfahrtsschule Hamburg, Einweisung in eine Sozialpädagogenstelle als Anstaltsgeistliche, Einsatz für die Ordination der Frau, 1928 Einsegnung als erste Pfarramtshelferin für die weiblichen Abteilungen der Strafanstalt Hamburg-Fühlsbüttel, 1929–1931 Religionsunterricht private Realschule ebd., 1931 Gefängnisseelsorgerin Frauengefängnis Lauerhof (Lübeck), publizistische Tätigkeit, 1933 Dr.phil., 1934 Ausscheiden aus dem Dienst auf eigenen Wunsch, Heirat mit dem Göttinger „nichtarischen“ Pastor Bruno Benfey, 1939 Immigration Niederlande, Gemeindehelferin Amsterdam, 1946 Rückkehr nach Göttingen — 1926 Mitgl. Verband ev. Theologinnen Deutschlands — Engagement DVP.


Psychologischer Dienst

  • 2006: im Februar bestand der Psychologische Dienst aus ORR Heiner Bühe, ORR Uwe Peters, RRin Karin Bruns (bis Dez. 2013), Dipl.-Psych. Thomas Karrasch
  • 2014: Ausscheiden von Michael Brust und Rainer Weiß.
  • 2015: im April bestand der Psychologische Dienst aus: Falk Sakewitz, Cornelia Musolff, Jana Terre, Kathleen Fitkau, Lybov Hloskovski.

Personalrat

Vorsitzende des örtlichen Personalrates (Jan. 2015) ist Frau Bahr (0451 6201-550)

  • Gesetz über die Mitbestimmung der Personalräte (Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein - MBG Schl.-H.) Vom 11. Dezember 1990
  • § 21:Ausschluß und Auflösung
(1) Auf Antrag eines Viertels der Wahlberechtigten, der Dienststellenleitung oder einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft kann das Verwaltungsgericht den Ausschluß eines Mitgliedes aus dem Personalrat oder die Auflösung der Gruppenvertretung oder des Personalrates wegen grober Vernachlässigung oder grober Verletzung gesetzlicher Befugnisse oder Pflichten beschließen. § 25 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt. Der Personalrat kann aus den gleichen Gründen den Ausschluß eines Mitgliedes beantragen.
(2) Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage nimmt der Personalrat, die Gruppenvertretung oder das Mitglied die Aufgaben und Befugnisse nach diesem Gesetz wahr, es sei denn, daß das Verwaltungsgericht auf Antrag einstweilig eine andere Regelung trifft.
(3) Ist der Personalrat oder die Gruppenvertretung aufgelöst, so setzt das den Vorsitz führende Mitglied der für Personalvertretungssachen zuständigen Kammer des Verwaltungsgerichtes einen Wahlvorstand ein. Dieser hat unverzüglich eine Neuwahl einzuleiten.
  • § 48 Sachliche Amtsführung
(1) Die Dienststellenleitung und der Personalrat müssen sich so verhalten, daß das Vertrauen der Beschäftigten in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung nicht beeinträchtigt wird. Die Dienststellenleitung und der Personalrat haben jede parteipolitische Betätigung in der Dienststelle zu unterlassen; die Behandlung von Tarif-, Besoldungs- und Sozialangelegenheiten wird hierdurch nicht berührt.
(2) Beschäftigte, die Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, werden dadurch in der Betätigung für ihre Gewerkschaft auch in der Dienststelle nicht beschränkt.

Strukturprobleme

Im Strafvollzug des Landes gilt der sog. Abteilungsleitungsvollzug. Das bedeutet, dass der Allgemeine Vollzugsdienst (AVD) nicht in einer eigenen Hierarchiesäule organisiert ist, sondern (dezentral) den jeweiligen Vollzugsabteilungen zugeordet ist. Jeder Abteilungsleitung unterstehen damit höchstens 20 AVD-Bedienstete.

Eine "heimliche Herrschaft" des AVD in der Anstalt - eine Hypothese, die von zahlreichen ehemaligen und aktuellen Gefangenen geteilt wird - würde voraussetzen, dasss die meisten Abteilungsleitungen das Phänomen entweder nicht bemerkten oder billigten (weil sie sich von "ganz oben" ermuntert und gedeckt fühlten).

Im Fall der Abordnung der JVA-Leiterin (2015) spricht u.U. die Pressemitteilung der GdP vom 09.01.2015 mit der Überschrift: “Staatssekretär muss bleiben” (wohl gemerkt nicht “Ministerin muss bleiben”) für diese Hypothese: der AVD ist zuversichtlich, dass der Staatssekretär Schluss mit den unbequemen Veränderungen in der JVA Lübeck machen wird.

Im Jahr 2002 beklagten sich die Vollzugsabteilungsleiter/innen in einem mit 12 Unterschriften versehenen Schreiben beim Anstaltsleiter über einen Mangel an "Anerkennung, Beteiligung und Würdigung durch ihre Vorgesetzten:

"Unter diesen Umständen wird der durch die Anstaltsleitung genutzte Begriff des 'Mittleren Mangements' zur sinnentleerten Phrase. Inzwischen ist ein Zustand erreicht, in dem wir uns zu bloßen Sachbearbeitern reduziert fühlen. Die Folge davon ist, dass unsere Arbeitszufriedenheit stetig abgenommen hat und abnimmt, so dass wir unseren Auftrag mittlerweile nur noch mit verminderter Überzeugungskraft ausführen können. Unsere Situation verstärkt die ohnehin bestehende berufliche Perspektivlosigkeit und fördert nicht gerade unsere für den Vollzug so erforderliche Motivation."

2004/2005 entschied die Anstaltsleitung offenbar gegen den Willen der Betroffenen und insbesondere

  • aufgrund des Eindrucks, dass eine Einbindung der Psychologen in die Teams der verschiedenen Vollzugsbereiche (abgesehen von der Sozialtherapie) nicht zu gelingen schien, und
  • nach schlechten Erfahrungen mit dem Umgang der Psychologen mit der Einladung zu der jährichen Fortbildungsveranstaltung "Zusammenarbeit im Langstrafenvollzug",

abweichend von § 1 Abs. V Satz 1 OrgJVA "die Vollzugsleitungen als Vorgesetzte für die in der JVA Lübeck tätigen Psychologen zu bestimmen".

Im Februar 2006 beklagten sich die Anstaltspsychologen im Ministerium über die im Dezember 2004 erfolgte Neu-, bzw. Unterordnung unter die Vollzugsleitungen als "unangemessen, destruktiv, unfair, menschlich und fachlich geringschätzend, diskriminierend und insgesamt als hochgradig demotivierend." Man empfand die Arbeitssituation "als zunehmend krankmachend, und wir können uns zur Zeit nicht vorstellen, wie wir die uns noch verbleibende Dienstzeit bis zur Pensionierung durchstehen können, ohne dass unsere Arbeitsfähigkeit massiv Schaden leidet oder ohne sogar ernsthaft krank zu werden". Mit dem Ministerium wollte man über "unsere Arbeitsbedingungen sprechen, die - neben der Effektivität für die Gefangenen - auch unsere Arbeitszufriedenheit wiederherstellt und damit zu unserer körperlöichen und psychischen Gesunderhaltung (und unserer Dienstfähigkeit) beiträgt."

Ruf

Der Ruf der Anstalt ist nicht positiv. Einerseits herrscht in der breiteren Öffentlichkeit der (von der Presse, der Gewerkschaft der Polizei und politischen Akteuren geförderte) Eindruck einer die Sicherheit gefährdenden übertriebenen Liberalität, während sie andererseits unter Gefangenen und ihren Angehörigen in dem Ruf eines rigorosen Verwahrvollzugs ältester Schule steht, wobei vor allem die geringe Offenheit nach innen (Einschluss statt Um- und Aufschluss), geringe Förderung der psycho-sozialen Entwicklung und restriktive Lockerungspraxis gerügt werden. Anekdotische Evidenz liefern versprengte Einträge auf der Webseite Knastnet.de:

  • Gehört hab ich schon manches: Gewalt,schlechtes Essen, keine Arbeit, kaum Lockerungen, keine Hafterlassungen 2/3 oder sogar 1/2 ... (Angehörige, 2012)
  • Uraltes, ziemlich heruntergekommenes Gemäuer, die Beamten messen meist mit zweierlei Mass, teilweise sehr nett, dann wiederum oft übertrieben pingelig und genau, die Gefangenen berichten oft von katastrophalen Zuständen der Zellen, des Essens, der Krankenversorgung, relativ harte Besuchszeitregelung, kaum Ausnahmen,keine etc...Im Großen und Ganzen nach Aussagen von Leuten die (leider) die Möglichkeit zum Vergleich haben, wohl so ziemlich das Heftigste, was einem in Norddeutschland passieren kann... (BesucherIn)
  • Die angestellten sind zu arrogant, hauptsächlich die jungeren (Angehörige)
  • Das ist eigentlich das schlimmste was der Schleswig - Holsteinische Strafvollzug zu bieten hat. Die Anstalt verdient eine 10 minus. Schlechtes Essen, schlechte Hafträume, Freizeitangebot ist auch nicht doll. Beamte, die auch mal Gewalt ausüben. Kann man getrost dicht machen die Anstalt. (Gefangener)

Weblinks und Literatur

  • Baumbach, Sybille & Claudia Thorn (2009) Von Menschen und Mauern. 100 Jahre Gefängnis Lübeck Lauerhof 1909-2009. Lübeck: JVA.
Die Aufsicht über das Marstallgefängnis führte das Polizeiamt, wogegen das St. Annen-Werk- und Zuchthaus durch eine eigene Vorsteherschaft kontrolliert wurde. Dieser Vorsteherschaft wurde auch die Verwaltung des Gefängnisses Lauerhof seit 1909 übertragen. 1928 wurde die Vorsteherschaft aufgehoben, und das Amt für die Strafanstalt Lauerhof gebildet. Durch den Gefängnisgemeinschaftsvertrag von 1929 übertrug Lübeck die Verwaltung seiner Gefangenenanstalten der Freien und Hansestadt Hamburg.
Personalakten der Bediensteten; Gefangenenbücher 1941-1955 (lückenhaft); Gefangenenkartei 1939-1945 (Frauen), 1939-1959 (Männer, lückenhaft); Gefangenenpersonalakten der Entlassungsjahrgänge 1936-1946 (Männer) sowie der Entlassungsjahrgänge 1927-1948 (Frauen). 42 lfm 1892-196
Der Bericht listet seit 2010 acht Ausbrüche sowie neun Ausbruchsversuche auf, dazu kommen 26 tätliche Angriffe auf JVA-Beamte und etliche Drogen-, Körperverletzungs- und Sexualdelikte. Die Opposition fordert die Landesregierung zum dringenden Handeln auf und verlangt Selbstverteidigungskurse für JVA-Bedienstete. Die Geiselnahme am Heiligabend, nach der drei Beamte weiterhin dienstunfähig sind, war zwar der schwerwiegendste Vorfall der vergangenen Jahre. Aber auch davor hat es viele kritische Situationen gegeben: Im September 2014 rastete an der JVA Lübeck ein Gefangener aus und prügelte wie von Sinnen auf zwei Beamte ein. Einer von ihnen erlitt eine Gehirnerschütterung, ein Schleudertrauma und mehrere Hämatome. Wenige Tage zuvor hatte in der JVA Neumünster ein psychisch auffälliger Gefangener einen Beamten angegriffen, ihm mehrere Schläge gegen Kopf und Körper versetzt. Im Juli 2013 versuchte ein U-Häftling in Flensburg, mit einer Tellerscherbe in den Hals eines Beamten zu stechen. Ein Kollege wehrte den lebensgefährlichen Schlag aber ab. Weiterlesen: JVA-Personal soll besser gegen Angriffe geschützt werden „Die Gewalt in den Gefängnissen hat zugenommen“, bestätigt Michael Hinrichsen vom Bund der Strafvollzugsbeamten (BSBD) in Schleswig-Holstein. Die Klientel habe sich in den vergangenen Jahren stark verändert, Respektlosigkeit sei inzwischen an der Tagesordnung. Zudem bekomme man es verstärkt mit psychisch kranken Gefangenen zu tun. „Dazu passt aber nicht der liberale Strafvollzug“, kritisiert Hinrichsen. Wenn man Gefangenen mehr Freiheiten zugestehe, müsse gleichzeitig auch die bauliche und personelle Ausstattung angepasst werden. Vielerorts sei das nicht der Fall. Das Justizministerium räumt ein, dass angesichts der größeren Zahl psychisch auffälliger Gefangener „die Aufgabe für die JVA-Bediensteten nicht einfacher wird“. Laut Sprecher Wolf Gehrmann besteht dieses „Betreuungsproblem“ aber bundesweit. Gemeinsam mit den JVA-Bediensteten und deren Gewerkschaften versuche man jetzt, Lösungen zu erarbeiten. Kommentar: Still geduldet Offensichtlich gibt es in den Gefängnissen aber nicht nur ein Betreuungs-, sondern auch ein Drogen- und Gewaltproblem: Allein im Jahr 2014 wurden im Männervollzug in Lübeck sieben Körperverletzungen unter Häftlingen und zehn Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz bekannt. „Auch ein liberaler Strafvollzug muss dafür sorgen, dass innerhalb der Haftmauern keine Straftaten begangen werden“, fordert die CDU-Abgeordnete Ostmeier. Gewalttätige Übergriffe seien keine Einzelfälle mehr. Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) müsse jetzt handeln und Selbstverteidigungskurse für Beamte einführen. Es sei nicht zu verstehen, dass darüber ein ganzes Jahr diskutiert worden sei. „Ein Vorfall wie Heiligabend kann sich jederzeit wiederholen.“ Oliver Vogt
Spoorendonk wies die Kritik an einem zu liberalen Strafvollzug zurück. Sie nehme „die Interessen und Belange der JVA-Bediensteten sehr ernst“. Die Personalsituation in Schleswig-Holstein sei mit rund 70 Bediensteten auf 100 Gefangene besser als der Bundesdurchschnitt mit rund 55 Bediensteten. Sie zeige sich erleichtert darüber, dass die Geiselnahme schnell beendet werden konnte und niemand verletzt wurde, hieß es in einer Pressemitteilung. Am Heiligabend hatten vier Untersuchungsgefangene einen Beamten in ihre Gewalt gebracht - offenbar, um sich von ihm zur Flucht verhelfen zu lassen. Die Gefangenen hatten den Mann gegen 17 Uhr in einen Haftraum gelockt, in dem einer der Täter einen epileptischen Anfall vortäuschte. Sie überwältigten den Beamten und drängten ihn auf den Stationsflur. Dort verlangten die Männer von dem Beamten, die Gittertür der Station aufzuschließen - und drohten mit einem Besteckmesser, das zur Ausstattung des Haftraums gehörte. Der Fluchtversuch war allerdings erfolglos: Weiteren Beamten der JVA gelang es, ihren Kollegen zu befreien. Unmittelbar nachdem der Alarm ausgelöst wurde, konnten die Gefangenen unter Kontrolle gebracht werden. Der 22 Jahre alte Haupttäter wurde in ein anderes Bundesland verlegt. Bei ihm handelt es sich um einen Gefangenen aus Russland, der wegen eines mutmaßlichen Tötungsdelikts einsitzt, allerdings noch nicht rechtskräftig verurteilt ist. Seine drei Komplizen im Alter von 50, 37 und 24 Jahren sitzen wegen des Verdachts des Raubes beziehungsweise des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft. (...) Bereits 2012 hatte ein Strafgefangener während eines Gottesdienstes in der Lübecker JVA eine Vollzugsbeamtin angegriffen. Trotz der Kritik des damaligen Gefängnisleiters an der schlechten Personalsituation sei nichts passiert, kritisiert heute die Gewerkschaft der Polizei.
"Schon nach der letzten Geiselnahme im Jahr 2012 kritisierte der damalige Anstaltsleiter Peter Brandewiede, dass das Gefängnis in Lübeck nicht genug Personal hat, um den Insassen die Bewegungsfreiheit zu geben, die ihnen zusteht. Vor allem an Wochenenden müssten sie häufig in ihren Zellen bleiben, weil nicht genug Beamte vor Ort seien. Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) kündigte nach dem damaligen Übergriff an, Abläufe, Personalsituation und Sicherheitsvorkehrungen "kritisch auf den Prüfstand zu stellen". - "Passiert ist jedoch nichts", kritisiert die Gewerkschaft. "Personalmangel in den Haftanstalten, wachsende Verunsiche-rung unter den Bediensteten, schwindendes Vertrauen zu Vorgesetzten, immer weniger Zeit für Gefangene - die Basis schlägt Alarm."
Für die Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) kommt dieser Hilferuf aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lauerhof zur Unzeit. Gerade eben hat sie ihre Pläne für eine Reform des Strafvollzugsgesetzes präsentiert. Kernpunkte sind eine Stärkung des offenen Vollzugs und eine Ausrichtung der Haftbedingungen auf die Wiedereingliederung der Gefangenen. "Sicherheit bekommt man nicht durch Wegschließen", sagte Spoorendonk bei der Vorstellung ihrer Pläne. Die täglichen Aufschlusszeiten im Gefängnis sollten ausgeweitet werden, besonders an den Wochenenden. Doch genau diese Aufschlusszeiten, also das Öffnen der Zellentüren, werden von den Justizbeamten kritisiert. "Wenn man das ausweiten will, brauchen die Gefängnisse eine bessere personelle Ausstattung", sagt Michael Hinrichsen, der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende der Gewerkschaft Strafvollzug. Nicht nur die Gewerkschaft, auch die Opposition hat sich mittlerweile auf die Justizministerin eingeschossen. Daniel Günther, Chef der CDU-Fraktion im Landtag, forderte den Ministerpräsidenten unumwunden auf, Spoorendonk "angesichts ihres Umgangs mit der Geiselnahme in der JVA Lauerhof die Zuständigkeit für die Justiz zu entziehen". Günther kritisiert insbesondere die Tatsache, dass die Anstaltsleiterin Mauruschat die Polizei erst am Tag nach der Geiselnahme hinzugezogen hat. Beweismittel könnten dadurch verloren gegangen sein, findet Günther. "Nur wer unverzüglich alle Beweismittel sichert, kann mögliche Fehler analysieren", sagt er. Mauruschat äußert sich nicht zu den Vorwürfen. Laut Oliver Breuer, Sprecher des Justizministeriums, werden die Ereignisse im Gefängnis Lauerhof derzeit untersucht. Die Anstaltsleiterin habe sich "bewusst entschieden, erst am 25. Dezember Strafanzeige zu erstatten, nachdem ihr der schriftliche Erstbericht vorlag. Zudem galt es am 24. Dezember abends zunächst, wieder Ruhe in die Anstalt zu bringen." Das mag zu Weihnachten gelungen sein. Mittlerweile dürfte es mit dieser Ruhe wieder vorbei sein. Glaubt man dem Verfasser des Briefes an den Ministerpräsidenten Torsten Albig, ist die Stimmung in der Justizvollzugsanstalt auf dem Tiefpunkt. "Aufgrund der Führung von Frau Mauruschat sind die Krankenstände in meiner Dienststelle weiter in die Höhe geschossen", schreibt der Justizbeamte. "Sie legt mehr Wert auf Freizeitgestaltung der Gefangenen als auf die Sicherheit in der Anstalt. Es sollen Häuser möglichst immer auf sein, auch wenn nicht genug Personal zur Verfügung steht."
S. 103: "Lübeck galt zu der Zeit unter Gefangenen noch als das »KZ des Nordens .."
Frau Mauruschat „legt mehr Wert auf Freizeitgestaltung der Gefangenen als auf die Sicherheit in der Anstalt“, erhebt der Briefschreiber (Name der Redaktion bekannt) schwere Vorwürfe. Sein Motiv, nach Kiel zu schreiben: „Ich musste einfach reagieren, ehe noch Schlimmeres passiert.“ Nach Vorgabe der Anstaltsleitung sollten die Hafthäuser möglichst immer offen sein, kritisiert er, „auch wenn nicht genug Personal zur Verfügung steht“. Das E-Haus, das zurzeit mit 59 Kurzstraf-Gefangenen belegt ist, solle an Wochentagen und auch an Wochenenden möglichst auf sein, „auch wenn nur zwei Bedienstete im Dienst sind“. Nach den Ereignissen an Heiligabend hätten ihm viele seiner Kollegen ihre Ängste geschildert. Die Sorge: Gerade ältere Justizbeamte seien Attacken 25- bis 35-jähriger Gewalttäter nicht gewachsen. Auch seien einige Kollegen nur noch damit beschäftigt, die weiblichen Bediensteten zu beschützen. „Die Krankenstände in meiner Dienststelle sind aufgrund der Führung von Frau Mauruschat weiter in die Höhe geschossen“, beklagt der Vollzugsbeamte. Das Justizministerium widerspricht. Der Krankenstand in Lübeck habe im November 2014 (letzte verfügbare Statistik) bei 7,7 Prozent gelegen, damit niedriger als in den Vergleichsmonaten der Vorjahre und als im Landesschnitt. Am vergangenen Montag haben sich sieben Bedienstete der JVA neu dienstunfähig gemeldet. Darüber hinaus waren an jenem Tag bereits 30 JVA-Bedienstete krank. „Nicht repräsentativ“, sagt Kiel dazu.
Zur heutigen (10. Januar) Berichterstattung der LÜBECKER NACHRICHTEN im Zusammenhang mit der vereitelten Geiselnahme an Heiligabend in der JVA Lübeck erklärt das Justizministerium: ""Die Darstellung der LÜBECKER NACHRICHTEN zu diesem Komplex ist erneut tendenziös, unseriös und nicht durch Fakten gedeckt: Durch welche der Redaktion vorliegenden Informationen ist die Schlagzeile JVA Lübeck: Häftlinge planten Groß-Ausbruch" gedeckt? Durch welche der Redaktion vorliegenden Informationen steht fest, dass "weitere Häftlinge beteiligt" waren? Durch welche der Redaktion vorliegenden Informationen ist belegt, dass die Tat "von langer Hand vorbereitet" war? Diese ohne Einschränkungen und als Fakten dargestellten Sachverhalte sind durch die derzeitigen Erkenntnisse der "JVA" oder Staatsanwaltschaft jedenfalls nicht gedeckt."
In dem Artikel von Wolfram Hammer findet sich folgende Information:
Bis zu fünf Jahren Haft. Wegen des Verdachts der Strafvereitelung ermittelt die Staatsanwaltschaft Lübeck. In Paragraph 258, Absatz eins, des Strafgesetzbuches heißt es dazu: „Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“


Das Justizministerium weist die Kritik der GdP entschieden zurück. Der Vorfall in Lübeck sei nicht durch einen Personalmangel verursacht worden. Insgesamt sei die Personalausstattung der Anstalten in Schleswig-Holstein gut und sogar besser als im Bundesdurchschnitt, sagte Spoorendonk. In Schleswig-Holstein waren 2013 etwa 70 Landesbedienstete für 100 Gefangene zuständig. Der Bundesdurchschnitt lag bei rund 55 Bediensteten pro 100 Gefangene.
In einem Brief, der in der Berliner Tageszeitung veröffentlicht wurde, schildert die inhaftierte Christine Kuby, was angeblich bei dem erneuten Zellenwechsel geschehen war: „Als wir losgehen, quillt auf einmal aus dem Traktflügel, in den wir sollen, ein Rollkommando; sechs männliche und fünf weibliche Bullen. Wir werden stutzig und fragen, was los ist, was sie planen. Im gleichen Moment werden wir von den insgesamt 17 Bullen gepackt und weggeschleift in die völlig leeren Löcher ... Kurz darauf kommen etwa zehn Schließerinnen in die Zelle, in der ich bin. Sie wollen, daß ich mich ausziehe, sonst würden sie’s mit Gewalt machen. Als ich mich weigere, machen sie das Fenster zu, stürzen sich auf mich, reißen mir an den zusammengebunden Haaren den Kopf nach vorne, schlagen mir die Brille aus’m Gesicht, eine zertritt das rechte Glas. Sie zerren mich an den Haaren ans andere Ende der Zelle, wo sie mehr Platz haben und fangen an, mir die Kleider in Fetzen runterzureißen.“ - „Nachdem ich halb nackt bin, legen sie mich auf den Boden auf den Rücken und krallen sich überall an mir fest. Auf die Hand, die ich noch bewege, aber überhaupt nichts mit machen kann, stellt sich eine drauf. Als ich schreie, hält mir eine von hinten den Mund zu und schlägt mir ins Gesicht, als ich versuche, mich dagegen zu wehren. Die ganze Zeit halten sie den Oberkörper an den Haaren hoch. Sie lassen mich dann nackt auf’m Boden liegen und ziehen ab, nehmen noch, den Spiegel mit raus ... Bei mir haben sie praktisch alle aktuellen Anwalts- und Verteidigungsunterlagen weggenommen.“- Schwere Vorwürfe gegen die Anstaltsleitung, gegen die Strafvollzugsbeamten. Ernst Greif, Anstaltsleiter von Lübeck-Lauerhof, befragt, ob er dies bestätigen müsse oder dementieren könne, wollte sich „zu diesem Geschreibsel“ überhaupt nicht äußern. „Das ist mir die Sache nicht wert“, ließ er wissen. In der Nacht von Sonntag auf Montag, dem 4. Februar wurden die fünf Frauen in ein Lübecker Krankenhaus eingeliefert. Sie befanden sich inzwischen nach einwöchigem Durststreik in akuter Lebensgefahr. Es ist zu vermuten, daß diese überstürzte Einweisung auf Druck von außen geschah. Denn noch im Laufe des Sonntags erklärte Greif gegenüber den Kieler Nachrichten, die ärztliche Versorgung der fünf Frauen sei in Lauerhof gewährleistet.
Daß Lübeck eine mittelalterliche Stadt ist, wirkt sich auf den dortigen Strafvollzug im Frauengefängnis offenbar negativ aus. Blaues Kleid und weiße Schürze sind nicht der einzige Anachronismus, dem Anstaltsleiter Greif huldigt. Für inhaftierte Frauen gibt es keinerlei Berufsausbildung. Im Frauentrakt wird gehäkelt, gekocht, werden. Fäden in Wattetüten gezogen, werden die Gänge von Strafgefangenen auf den Knien rutschend gebohnert. Die Einzelzellen sind zwischen sechs und acht Quadratmeter groß. Einem deutschen Schäferhund empfiehlt der Tierschutzverein etwa doppelt so viel Zwingerraum. Für Judy Andersen als Ausländerin in einer deutschen Haftanstalt kommen die ohnehin wenigen Vergünstigungen einer lebenslänglich Inhaftierten kaum in Betracht, Beispielsweise der Familienurlaub auf Zeit: Zur Beerdigung eines Verwandten in Dänemark wurde ihr die Ausreise verweigert. Wer sich der Anstaltsordnung fügt, die stumpfsinnige Arbeit gehorsam leistet, kann damit monatlich etwa zehn bis zwanzig Mark für den persönlichen Bedarf verdienen. Anzeige wegen Arbeitsverweigerung wurde gegen eine Gefangene erstattet, die abgelehnt hatte, Reklameblätter zu falzen, Fäden in Wattetüten zu ziehen. Ihr wurden zur Strafe täglich sechs Mark abgezogen. Viermal mehr als sie pro Tag verdient hätte..
  • Simmermacher, Adam (2015) A Soldier for the Kaiser. A World War I Memoir. Translated and edited by günther Simmermacher. Milnerton: Lupinus (South Africa)] hier online
Manuskript 1932
  • Solmitz, Fritz (1927) Strafanstalt Lauerhof, in: Volk und Zeit. Beilage zum Hamburger Echo, Nr. 24 (Juni), zit.n. Baumbach/Thorn 2009: 42.