Franz Josef Jung

Aus Krimpedia – das Kriminologie-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das hessische CDU-Mitglied, der Rechtsanwalt und Notar Franz Josef Jung (* 5. 3. 1949 in Eltville-Erbach), brachte es bis zum Verteidigungsminister im Kabinett Merkel I und für 31 Tage zum Arbeits- und Sozialminister im Kabinett Merkel II, bevor der Luftschlag von Kundus (4.9.2009) ihn Ende November 2009 nach einer Intervention der BILD-Zeitung zum Rückzug bewog. Seine strafrechliche Verantwortung ist im Jahre 2009 ungeklärt.

Vita

Nach Abitur (1968) und Jurastudium (1970 ff.) in Mainz - irgendwie absolvierte er dazwischen seinen Wehrdienst bei den Pionieren und dazu auch die Heeresflugabwehrschule, die er als Reserveoffizier verliess - war Jung schon wichtiges Mitglied der Jungen Union und Kreistagsmitglied, als er die beiden juristischen Staatsexamen ablegte und mit einer Dissertation zur Regionalplanung in Hessen promoviert wurde (1978). Der mit Beate Jung verheiratete Jung hat drei Kinder und einen Neffen, der ein bekanntes Weingut (Jakob Jung) leitet. Noch als Student kam das CDU-Mitglied Jung 1972 in den Kreistag (bis 1987) und in den Bundesvorstand der Jungen Union (1973-83), wo er zuletzt sogar stellvertretender Bundesvorsitzender wurde. 5 Jahre nach seiner Promotion war er bereits Mitglied des Hessischen Landtags (1983-2005). Dort bekleidete er auch den Posten des CDU-Generalsekretärs, ab 1998 dann auch den des stellvertretenden Landesvorsitzenden. Von 1999 bis 2000 war er hessischer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Hessischen Staatskanzlei. 2005: Mitglied des Bundestages und im selben Jahr - am 22.11.2005 - deutscher Verteidigungsminister.

Besonderheiten

  • Die Bundeskarriere ist erstaunlich, da derselbe Franz Josef Jung am 07.09.2000 im Zuge der Aufarbeitung der CDU-Spendenaffaere zuruecktreten musste. Ihm wurde als damaligem Generalsekretär der hessischen CDU (Ende der 1980er Jahre) die Verantwortung für die Finanzierung von Wahlkämpfen und fuer den Bau einer neuen Parteizentrale aus Schwarzgeldern zur Last gelegt. Er hatte das Geld als „jüdische Vermächtnisse“ getarnt und so zu waschen versucht.
  • Bekannt wurde Jung fuer den Vorschlag der Errichung eines Ehrenmals für Soldaten und Zivilbeschaeftigte der Bundeswehr, die in Erfuellung ihres Dienstes starben. Der Minister stellte den Entwurf fuer eine entsprechende Ehrenhalle (8x40 m) auf dem Gelände des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin am 13.06.07 vor.
  • Der Plan, zivil gekleidete Bundeswehrsoldaten die freien Plaetze in den Stadien waehrend der Fussball-WM auffüllen zu lassen, scheiterte an den rechtlichen Vorgaben, die das Tragen der Uniform verpflichtend machten.
  • Jung erklärte am 7.06.2006 in Brüssel vor Journalisten, dass er trotz des Urteils [1] des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz Passagierflugzeuge durch die Bundesluftwaffe abschießen lassen werde, wenn diese entführt und zu Angriffen benutzt würden. Er sagte: „In der Zwischenzeit würden wir beispielsweise unter Berufung auf einen übergesetzlichen Notstand eingreifen, auch wenn keine grundgesetzliche Klarstellung erfolgt ist“, womit er auf eine von ihm angestrebte Änderung des Grundgesetzes anspielte. Der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz warf Jung daraufhin den Aufruf zum Verfassungsbruch vor; es wird teilweise kritisiert, dass selbst durch eine Grundgesetzänderung der Abschuss von Passagierflugzeugen nicht legalisiert werden könne, da dies gegen den unabänderlichen Artikel 1 des Grundgesetzes verstoßen würde. Der Verband der Besatzungen strahlgetriebener Kampfflugzeuge der Deutschen Bundeswehr (VBSK) bezeichnet Jungs Ankündigung als „Aufforderung zur Erfüllung eines rechtswidrigen Befehls“ und empfiehlt, wie der Bundeswehrverband, einen solchen Befehl nicht auszuführen, da sich Piloten nach Meinung der Vertreter beider Verbände dadurch strafbar machen würden.[2]
  • Nach einer Richtlinie seines Ministeriums ist es deutschen reisenden Soldaten nicht zuzumuten, in der Nähe von Lokalen einzukehren, die von Schwulen frequentiert werden.
  • 2007 wallfahrtete der Minister zusammen mit 15.000 Pilgern aus mehr als 30 Nationen zum Wallfahrtsort Lourdes am Fuße der Pyrenäen. Erstmals seit über 15 Jahren besuchte damit ein Verteidigungsminister auf Einladung des Militärbischofs Dr. Walter Mixa die 600 deutschen Soldaten, die ihr Zeltlager auf dem weitläufigen Gelände oberhalb des Heiligen Bezirks aufgeschlagen hatten.
  • Vom Bundesverteidigungsminister zu verantwortende Aufklärungsflüge zweier Tornado-Kampfflugzeuge vor und während des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm werteten Hans-Christian Ströbele, Gregor Gysi, Winfried Nachtwei und Daniel-Erasmus Khan (Völkerrechtsprofessor an der Universität der Bundeswehr München) als verfassungswidrigen Einsatz der Bundeswehr im Inneren, da ein solcher Einsatz der Streitkräfte im Inneren nach Artikel 35 des Grundgesetzes nur bei Naturkatastrophen oder Unglücksfällen verfassungskonform sei. - Hingegen begründete Franz Josef Jung als Bundesverteidigungsminister dies als „technische Amtshilfe“. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, bezeichnete die Maßnahme als juristisch einwandfrei, jedoch „politisch dermaßen gaga“. Wiefelspütz änderte seine Meinung später: „Der Tiefflug über dem Protest-Camp war verfassungswidrig.“ Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, warf Jung den Bruch von Koalitionsabsprachen vor: „Es gibt in der Koalition die klare Ansage zwischen den Partnern: Bundeswehr im Innern nur bei Katastrophenfällen. Daran hat sich der Verteidigungsminister nicht gehalten.“ Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Rainer Arnold, kommentierte später: „Die Luftwaffe hätte die Einsätze an dem Tag nicht fliegen dürfen“. - Das Bundesverteidigungsministerium musste im Verlauf des Eklats einräumen, die Anfrage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele falsch beantwortet zu haben. Mindestens eines der Kampfflugzeuge hatte die gesetzliche Mindestflughöhe von 500 Fuß trotz vorhandener akustischer Warnsysteme unterschritten. Im Aufklärungsprozess stellte sich weiterhin heraus, dass es statt der genehmigten zwei zusätzlich auch fünf ungenehmigte Aufklärungsflüge gegeben hatte, die der amtierende Geschwader-Kommodore Oberstleutnant Heinzmann des Aufklärungsgeschwaders 51 „Immelmann“ in Jagel eigenmächtig auf Anfrage der Polizei hin befohlen haben soll. - Neben Kampfflugzeugen und Hubschraubern setzte die Bundeswehr beim G8-Gipfel aus allen Teilstreitkräften Personal und Material ein. Im Einsatz waren zahlreiche Spähpanzer vom Typ Fennek, sechs Verkehrsboote, drei Minenjagdboote, eine Fregatte sowie 1100 Soldaten (davon 27 Reservisten) und zivile Mitarbeiter. Die Bundeswehr stellte weiterhin ca. 6500 Unterkünfte für Polizisten zur Verfügung.
  • Anfang August 2009 sprach sich Jung nach der Freilassung des von somalischen Piraten entführten Frachters Hansa Stavanger erneut dafür aus, die Bundeswehr anstatt die Polizei mit Geiselbefreiungen zu betrauen. Nach der Bundestagswahl plane er laut eigenen Angaben eine Grundgesetzänderung, die Einsätze der Bundeswehr im In- und Ausland regeln soll. Ebenfalls kündigte er an, über die Mitnutzung von militärischen Geräten mit Frankreich verhandeln zu wollen. Die Vorschläge Jungs führten zu intensiver Kritik in Wissenschaft und Medien. So erklärte beispielsweise der ehemalige Wissenschaftlicher Direktor an der Führungsakademie der Bundeswehr Martin Kutz, entsprechende Änderungen „offenbarten ein technokratisches Denk- und Verhaltensmuster, in dem der Einsatz von Gewalt nur noch eine Frage militärischer Zweckmäßigkeit ist. Darin eingebaut ist die Grundtendenz zur Eskalation, zur Entgrenzung von Gewalt, wenn im ersten Anlauf die militärischen Ziele nicht erreicht werden.“ Er betonte: „Es gibt in der deutschen Geschichte keine einzige positive Erfahrung aus dem bewaffneten Einsatz von Militär im Inneren. Immer endete es in politischer Unterdrückung oder im Morden, selbst als Sozialdemokraten zu Beginn der Weimarer Republik die Freikorps zur Niederschlagung der revolutionären Bewegung einsetzten.“ Experten aller anderen Bundestagsfraktionen lehnten Jungs Vorschlag ab und bezeichneten diesen teilweise als Wahlkampfmanöver. Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft forderte in diesem Zusammenhang die Bundesregierung müsse „endlich aufhören, am Grundgesetz herumzufummeln“.[3]
  • Am 4.09.09 stellte sich Franz Josef Jung hinter die NATO-Bombardierung von zwei Tanklastzuegen in der Naehe von Kundus, die von einem deutschen Oberst angefordert worden war und viele Opfer gefordert hatte. Einen Tag, nachdem die EU-Aussenminister in Stockholm starke Kritik an dem Massaker an Zivilisten geaeussert hatten, blieb Jung bei seiner Darstellung, dass ausschliesslich Taliban Leben gekommen seien. Am 07.09.09 hiess es dann in einer online-meldung der FAZ:

“Noch am Sonntag war der Minister bei seiner Darstellung geblieben, es seien wenig mehr als 50 Taliban ums Leben gekommen, aber keine Zivilisten. Nun sagte er, wenn es „zivile Opfer oder zivile Verletzte gegeben hat, dann gilt denen unser Mitgefühl und wir werden uns diesbezüglich dann mit den Betroffenen in Verbindung setzen.“ (4)

Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Es stehen noch Informationen aus zu der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Franz Josef Jung im Zusammenhang mit

  • der hessischen Spendenaffaere
  • den Vorfaellen in Afghanistan.


Einzelnachweise

(1) Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Februar 2006 (Az. 1 BvR 357/05)

(2) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,506134,00.html

(3) vgl. z.B. Jung will Grundgesetz ändern, 9. August 2009, unter sueddeutsche.de vgl. Jung verlangt Grundgesetzänderung wegen Geiseldrama bei Spiegel Online, 9. August 2009 Technokraten der Gewalt - Bundeswehreinsatz im Inneren, 13. August 2009, unter sueddeutsche.de vgl. "Aufhören, am Grundgesetz herumzufummeln", 10. August 2009, unter sueddeutsche.de Heftige Kritik an Jungs Grundgesetzvorstoß, Berliner Zeitung, 10. August 2009, S. 7, online unter berlinonline.de

(4) FAZ online: http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E2EC74185E28D4A9DB88B35EFB3E8B99A~ATpl~Ecommon~Scontent.html (07.09.09)l.

Weblinks

Der vorliegende Artikel basiert im wesentlichen auf dem Wikipedia Eintrag und wartet auf Aktualisierung und kriminologische Fokussierung.