Drogenpolitik

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siehe auch Drogenpolitik in China und Drogenpolitik in Japan

Begriff

Drogenpolitik ist die absichtliche Beeinflussung des gesellschaftlichen und staatlichen Umgangs mit psychoaktiven Substanzen. In diesem Sinne gab es Drogenpolitik auch schon avant la lettre. antes da letra.

  • Exemplos aus dem 17. und 18. Jahrhundert aus Europa: Man denke an die Anti-Tabak-Kampagne von James I. (Xacobe I.; A Counterblast to Tobacco, 1604 tabagismo passivo). Gin-Epidemie 1720-50.
  • Farejadores (arapongas spione) de café. Kaffeeschnüffler Gruppe von etwa 400 Invaliden, die ab 1780 auf Veranlassung von Friedrich dem Großen angestellt wurden, um in den preußischen Kommunen durch „Schnüffeln“ festzustellen, wo verbotenerweise Bohnenkaffee geröstet wurde.

apreender Hessen-Kassel: cheiradores de café. cortar a ovelha. Landgraf Friedrich im Jahre 1766 mit schweren Strafen bedroht, wer sich des „Gesundheit und Vermögen schädigenden Trankes“ bediente. 1774 in erweiterter und verschärfter Form wiederholt.

  • Opium prohibition in China: 1729 Emperor Yongzheng of the Qing Dynasty officially prohibited the sale of opium, except for a small amount for medicinal purposes. The ban punished sellers and opium den keepers, but not users of the drug. Opium was banned completely in 1799 and this prohibition continued until 1860.
  • Unter diesem Begriff selbst wird Drogenpolitik allerdings erst seit weniger als einhundert Jahren betrieben.

Wirksamkeit

Wo über Drogenpolitik diskutiert wird, steht die Frage ihrer Wirksamkeit im Vordergrund. Ziel: keine Existenz von Drogen außerhalb der für legale Zwecke hergestellten und verbrauchten. Planwirtschaft. Economia planificada. International Narcotics Control Board INCB. deslocação

  1. “a huge criminal black market” as a drug prohibition outcome.
  2. “policy displacement”, in which resources are withdrawn from areas such as public health in favour of public security
  3. “geographical displacement” pushes drugs production away from places with harsher enforcement.
  4. “substance displacement”, as both users and suppliers move from controlled substances to others that are subjected to flawed or weak control, although they may be more harmful (as in the case of crack-cocaine or crystal meth)
  5. marginalization and social exclusion suffered by drugs users

Typische Atypizität

Es gibt verschiedene Arten der Drogenpolitik. Man sollte meinen: in autoritären Staaten ist sie autoritär-punitiv, in liberalen ist sie sozial und medizinisch. Das ist auch nicht völlig verkehrt. Im autoritären Staat herrscht ein imperativer Gestus, dem rechtssoziologisch gesprochen das Befehl-Gehorsam-Schema des reinen Zweckprogramms entspricht. Thaksin: 6 Monate freie Hand für Polizei und Soldaten, um den Handel mit verbotenen Drogen auszurotten.

Aber es ist auch nicht richtig. Es ist vielmehr eher so, dass eine Art der Drogenpolitik in allen politischen Regimen aufzufinden ist. Die in das Vorfeld der Rechtsgutsverletzung ausgedehnte Strafbarkeit, die harten Strafen und der Modus der Bekämpfung machen die Drogengesetzgebung zu einem Anwendungsfall des Feindstrafrechts.

Auf jeden Fall ist bemerkenswert: Drogenpolitik war und ist nicht nur in solchen Thaksin-Regimen ausgesprochen hart. Auch im demokratischen Rechtsstaat findet man eine geradezu typische Atypizität.

Ursprünge

Historisch kann man fragen, woher das kommt. Und psychologisch und ideologisch auch.


Immer wieder spielen aber auch Fragen der Richtigkeit der Prinzipien, die der Drogenpolitik zugrunde liegen, eine Rolle.




Baustelle zur Drogenpolitik im demokratischen Rechtsstaat

Was macht den demokratischen Rechtsstaat aus? Im demokratischen Rechtsstaat sind - im Gegensatz zum vordemokratischen zur Zeit Immanuel Kants - auch die Inhaber öffentlicher Ämter an Recht und Gesetz gebunden. Vor diesen sind alle gleich. Was ist der demokratische Rechtsstaat?

a) Der Rechtsstaat braucht eine Verfassung: Preleciona Paulo Bonavides: "O princípio da legalidade nasceu do anseio de estabelecer na sociedade humana regras permanentes e válidas, que fossem obras da razão, e pudessem abrigar os indivíduos de uma conduta arbitrária e imprevisível da parte dos governantes. Tinha-se em vista alcançar um estado geral de confiança e certeza na ação dos titulares do poder, evitando-se assim a dúvida, a intranqüilidade, a desconfiança e a suspeição, tão usuais onde o poder é absoluto, onde o governo se acha dotado de uma vontade pessoal soberana ou se reputa legibus solutus e onde, enfim, as regras de convivência não foram previamente elaboradas nem reconhecidas". Der Rechtsstaat ist durch eine unveränderliche Rechtsordnung bestimmt, die aus dem Natur- oder Vernunftrecht abgeleitet und in einer schriftlich fixierten Verfassung als allgemeines Grundgesetz des Staates niedergelegt ist. Dabei ist der Gesetzgeber an die Verfassung gebunden und darf nur Gesetze erlassen, die nicht im Widerspruch zum Grundgesetz des Staates stehen.

b) Der Rechtsstaat beruht auf der Gewaltenteilung:

Die Rechtsordnung wird durch die Teilung der Gewalten garantiert. Exekutive (= Regierung) ist an Gesetz und Recht gebunden und hat die Aufgabe, die von der Legislative (= Parlament) im Rahmen der Verfassung erlassenen Gesetze mit Hilfe ihrer Organe (=Beamte) zur Durchführung zu bringen. Die Judikative (= Gerichte) hat neben der un¬abhängigen zivilen Rechtsprechung die Aufgabe, Exekutive und Legislative in ihrem verfas¬sungsmäßigen Verhalten zu kontrollieren. Es ist deshalb nur zu verständlich, dass eine Zerstörung des Rechtsstaates die Korrumpierung der Rechtsprechung zur Voraussetzung hat.

c) Der Rechtsstaat schützt die Privatsphäre des Einzelnen:

Innerhalb der Staatsgemeinschaft garantiert der Rechtsstaat dem einzelnen eine staatsfreie Sphäre, die an den Rechten des Anderen ihre Grenze findet. Dieser Bereich ist durch die Grundrechte umschrieben und soll vom Staat geschützt werden. Da jedoch Exekutive und Legislative immer in diese Sphäre eingreifen wollen, kommt auch hier der unab¬hängigen Rechtsprechung primäre Bedeutung zu. Der Privatraum gewinnt seine poli¬tische Erfüllung in der Unabhängigkeit der Grundrechte und in der allgemeinen Anerkennung der jurisdiktiven Gewalt. Erst in der verfassungsmäßigen Garantie der Grund¬rechte und Unabhängigkeit der Gerichte kann sich der Rechtsstaat entfalten. Als abschließende Definition des Rechtsstaates kann man formulieren: Rechtsstaat ist der Staat, der Exekutive, Legislative und Judikative an eine Verfassung bindet und die Grundrechte des Einzelnen als staatsfreie Sphäre garantiert. Der Rechtsstaat sieht nicht in sich den Schöpfer des Rechtes, sondern leitet dieses vorstaatlich aus unabänderlichen Rechtsnormen ab, denen er sich verpflichtet. Zweck des Staates ist nicht der Staat, sondern die Wohlfahrt der Bürger in der Gemeinschaft des Staates. Diese Wohlfahrt hat der Staat im Rahmen der Verfassung zu verwirklichen.

Universelle Deklaration der Menschenrechte, Artikel 6 - 11:

  • Article 6. Everyone has the right to recognition everywhere as a person before the law.
  • Article 7. All are equal before the law and are entitled without any discrimination to equal protection of the law. All are entitled to equal protection against any discrimination in violation of this Declaration and against any incitement to such discrimination.
  • Article 8. Everyone has the right to an effective remedy by the competent national tribunals for acts violating the fundamental rights granted him by the constitution or by law.
  • Article 9. No one shall be subjected to arbitrary arrest, detention or exile.
  • Article 10. Everyone is entitled in full equality to a fair and public hearing by an independent and impartial tribunal, in the determination of his rights and obligations and of any criminal charge against him.
  • Article 11. (1) Everyone charged with a penal offence has the right to be presumed innocent until proved guilty according to law in a public trial at which he has had all the guarantees necessary for his defence. (2) No one shall be held guilty of any penal offence on account of any act or omission which did not constitute a penal offence, under national or international law, at the time when it was committed. Nor shall a heavier penalty be imposed than the one that was applicable at the time the penal offence was committed.



Aus: D. Krywalski: Die Zerstörung des Rechts- und Verfassungsstaates im Dritten Reich. 3. überarb. Aufl. Paderborn (Schöningh) 1979, S. 5f. (Rechtsschreibung den neuen Regeln angepasst.)

Der Rechtsstaat schreibt um der Demokratie willen eine Fülle von Verfahrensweisen und Kontrollmöglichkeiten vor, die den öffentlichen Instanzen Maß und Form geben. Er bindet die Politik an Gesetz und Recht, unterstellt alle staatliche Machtäußerung gerichtlicher Kontrolle und sichert dadurch die Freiheit der Bürger. Er zwingt diese nicht zur Unterordnung, sondern baut auf ihre freiwillige Mitarbeit. Das mag für Regierung und Verwaltung oft unbequem sein, aber die komplizierten Verfahren des modernen Rechtsstaats sollten nicht als etwas bloß Formales abgelehnt und diskreditiert werden, auch wenn — wie schon Tocqueville schrieb — "die Menschen, die in demokratischen Zeiten leben, ... den Nutzen der Formen nicht leicht einsehen; sie begegnen ihnen mit einer instinktiven Geringschätzung ... Die Formen erregen ihre Verachtung, oft sogar ihren Hass. Da sie in der Regel nur auf leichten und sofortigen Genuss aus sind, stürzen sie sich leidenschaftlich auf jeden Gegenstand ihrer Wünsche; die geringste Verzögerung bringt sie auf. Diese Haltung, die sie auf das politische Leben übertragen, nimmt sie gegen die Formen ein, die sie täglich in irgendeinem ihrer Pläne aufhalten oder hemmen. Genau dies aber, was die Menschen der Demokratie für den Nachteil der Formen halten, macht sie so nützlich für die Freiheit, denn ihr Hauptverdienst ist, dass sie als Schranke zwischen den Starken und den Schwachen, zwischen den Regierenden und den Regierten treten, um die einen aufzuhalten und den anderen Zeit zur Besinnung zu geben. Die Formen sind um so notwendiger, je tätiger und mächtiger der Souverän ist und je gleichgültiger und schwächer die einzelnen werden. So bedürfen demokratische Völker von Natur aus der Formen im stärkeren Maße als die anderen Völker."

Doch wäre es ein Irrtum, wollte man den demokratischen Rechtsstaat nur von seinen formalen Regeln und Prinzipien her definieren. Denn die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bleibt in der Tat bloß ein formales Prinzip, solange der Gesetzgeber seinerseits unbeschränkt schalten und walten kann. Wäre es doch denkbar, dass durch ein formal richtig zustande gekommenes Gesetz Grundrechte und rechtsstaatliche Grundprinzipien aufgehoben und beseitigt würden, wie das zum Beispiel im Ermächtigungsgesetz 1933 geschah. Damit wären alle rechtsstaatlichen Sicherungen im Grunde erledigt. Deswegen muss dem möglichen Missbrauch der Gesetzgebungsbefugnisse des Parlaments durch den Vorrang der Verfassung vor dem Gesetz gewehrt werden. Auch die Legislative ist an die Grundwerte der verfassungsmäßigen Ordnung gebunden. Über ihre Einhaltung wacht in einem rechtsstaatlichen Gemeinwesen die Verfassungsgerichtsbarkeit. Sie stellt deshalb den innersten Kern jedes Rechtsstaates dar. Ihre Existenz bezeugt, dass der Spielraum der politischen Entscheidung sich in das Recht des Gemeinwesens einfügen lassen muss. Aber auch die Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung unter der Kontrolle eines Verfassungsgerichtes bliebe solange formal, wie der verfassungsändernde Gesetzgeber — in aller Regel die Zweidrittelmehrheit des Parlaments — aufgrund seiner Zuständigkeit zur Verfassungsänderung auch die rechtsstaatlichen Prinzipien und Verfahrensweisen und mit ihnen die Grundrechte der Bürger zu beseitigen in der Lage wäre.

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Volkssouveränität und Rechtsstaat

Wer jedoch im Rechtsstaat mehr sieht als den Inbegriff formaler Verfahren, ihn auch als inhaltliche Größe, als Staat der Gerechtigkeit und Freiheit auffasst, der wird auch den verfassungsändernden Gesetzgeber und damit den Volkssouverän selbst an die Grundwerte jeder freiheitlichen Verfassungsordnung binden müssen, die sich insoweit seiner Verfügungsgewalt entziehen. Auch eine noch so große Mehrheit muss ihre Schranke finden. Dem dynamischen Prinzip, dass der Wille des Volkes gelten soll, dem demokratischen Grundsatz des Mehrheitsentscheids, wird im Rechtsstaatsgedanken gleichsam ein statisches Prinzip beigestellt, durch das erst Freiheit des einzelnen und Schutz der Minderheit ermöglicht und damit Demokratie erfüllt wird. Im Rechtsstaat dokumentiert sich, dass Demokratie auf die gemeinsamen Überzeugungen und die innere Zustimmung aller Bürgerinnen und Bürger zur Achtung und Wahrung der Grundrechte gegründet ist. Nur so kann sie auf die Dauer gesichert bleiben.

Der Rechtsstaat des Grundgesetzes Art. 20 (2) und (3)

Der Rechtsstaat des Grundgesetzes in eine Staatsordnung, in der • die Legislative an die Verfassung, • Exekutive und Judikative an die von der Legislative auf Grund der Verfassung verabschiedeten Gesetze und geltendes Recht gebunden sind • und in der die Einhaltung dieser Bindung durch unabhängige Gerichte überprüft und durchgesetzt werden kann.

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