Spielsucht (Pathologisches Spielen)

Definition von Spielsucht:

Die Spielsucht wird in Psychologie und Psychiatrie auch bezeichnet als pathologisches (krankhaftes) oder zwanghaftes Spielen. Die Spielsucht zeigt sich unter anderem darin, dass es einem Betroffenen nicht möglich ist, der Versuchung zu widerstehen, sich an Glücksspielen oder Wetten zu beteiligen. Und nicht nur die Handlungen eines von Spielsucht betroffenen Menschen sind durch das Glücksspiel beeinflusst, sondern auch sein Denken dreht sich in der Regel häufig um dieses Thema. Außerdem drückt sich die Spielsucht darin aus, dass es einem Betroffenen in der Regel bewusst ist, dass sein Spielen zu schweren Folgen im privaten oder beruflichen Umfeld führen kann. In der Regel sind Männer häufiger von Spielsucht betroffen als Frauen. Schätzungen zufolge leiden in Deutschland circa 100.000 bis 300.000 Menschen an der Spielsucht.

Unterschied zwischen Spielen und Spielsucht: Das Spiel (altdeutsch: spil für „Tanzbewegung“) ist eine Tätigkeit, die ohne eine bewusste Zweckmäßigkeit zu einem Vergnügen, zur Entspannung, allein aus Freude an der Ausübung ausgeführt wird. Das Spielen ist eine Beschäftigung, die um der in ihr selbst liegenden Zerstreuung, Erheiterung oder Anregung und oft in Gemeinschaft mit anderen vorgenommen wird. Ein Großteil der Entwicklung kognitiver und motorischer Fähigkeiten finden durch Spielen statt. Dieses nicht nur beim Menschen, sondern auch bei vielen Tierarten. Einem Spiel liegen oft ganz bestimmte Abläufe von Handlungen zugrunde, aus denen, besonders in Gemeinschaft Regeln hervorgehen können. Der Kulturanthropologe Johan Huiziga, schrieb in seinem Hauptwerk „Homo lugens“ (1939):“ Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Raum und Zeit nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des Andersseins als das gewöhnliche Leben“. Ursprünglich ist Spielen also eine Beschäftigung, dessen Form vor allem dem Vergnügen, dem Lernen, sowie der Kommunikation dient. Schachspielen ist z.B. seit dem 6. Jahrhundert bekannt. Das älteste Kartenspiel stammt aus dem Jahre 1509. Spielkasinos sind in Deutschland seit dem 14. Jahrhundert vertreten. Das Lottospiel existiert seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland. Normales Spielen besitzt weder Bedenklichkeits- noch Krankheitswert. Pathologisch oder zwanghaft wird das Spielen erst dann, wenn das Individuum unfähig wird, dem Impuls des Glückspiels oder des Wettens zu widerstehen und dieses auch, wenn das gravierende Folgen im persönlichen, familiären oder beruflichen Umfeld nach sich ziehen wird oder bereits nach sich gezogen hat. Umgangssprachlich wird dieses meistens als Spielsucht bezeichnet.

Symptome derSpielsucht: 1. Das Individuum spielt übermäßig oft, episodenhaft häufig und beschäftigt sich auch gedanklich überwiegend mit dem Spielen, erfolgversprechenden Spieltechniken, Möglichkeiten der Geldbeschaffung und Möglichkeiten des Spielens überhaupt. 2. Versuche, dem Drang des Spielens zu widerstehen scheitern. Um den Spieldrang nachzugehen, werden berufliche und familiäre Aufgaben vernachlässigt. Freizeitbeschäftigungen aufgegeben. 3. Es werden immer höhere Beträge eingesetzt, um Spannung und Erregung aufrecht zu erhalten. 4. Das Spielen und die entstandenen Verluste werden vor Familienangehörigen, aber auch Suchtberatern und – Therapeuten verheimlicht. 5. Die wiederholten, oft auch schwerwiegenden finanziellen Konsequenzen führen oft zum Zerbrechen von Beziehungen. 6. Das Spielen selbst dient dazu, Problemen oder negative Stimmungen, sowie Ängsten, Depressionen oder Schuldgefühlen zu entkommen.

Nach dem ICD 10 (Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme -ICD, englisch International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problem-) ist das wichtigste, weltweit anerkannte Diagnoseklassifikationssystem der Medizin. Es wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben. Die aktuelle, international gültige Ausgabe (engl. revision) ist ICD-10, Version 2012), F63.0 für das pathologische Spielen, sind die diagnostischen Kriterien:

1. Wiederholte (2 oder mehr) Episoden von Glücksspiel über ein Zeitraum von mind. 1 Jahr. 2. Episoden des Glücksspiels bringen dem Betroffenen keinen Gewinn, sondern werden trotz subjektivem Leistungsdruck und Störung der Funktionsfähigkeit im täglichen Leben fortgesetzt 3. Die Betroffenen beschreiben einen intensiven Drang zu spielen, der nur schwer kontrollierbar ist. Sie schildern, dass sie nicht in der Lage sind, dass Glückspiel durch Willensanstrengungen zu unterbrechen. 4. Die Betroffenen sind ständig mit den Gedanken oder Vorstellungen vom Glückspiel oder mit dem Umfeld des Glücksspiels beschäftigt.

Die Amerikanische Psychiatrische Gesellschaft hat das pathologische Glücksspiel bereits im Jahr 1980 in ihren Diagnoseschlüssel aufgenommen. Im DSM IV ( Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) wird pathologisches Glücksspiel wie folgt definiert: 1. Die Betroffenen sind stark eingenommen vom Glücksspiel. Dieses beinhaltet z.B., dass starke Beschäftigen mit gedanklichem Nacherleben vergangener Spielerfahrungen, mit Verhindern und Planen der nächsten Spielunternehmungen, mit Nachdenken über Wege, Geld zum Spielen zu beschaffen. Hinzu kommt eine starke Bindung an das Glücksspiel, Hobbys wurden aufgegeben, die Schule vernachlässigt. 2. Es kommt zu einer Toleranzentwicklung, d.h. die Betroffenen müssen mit immer höheren Einsätzen spielen, um die gewünschte Erregung zu erreichen. 3. Betroffene entwickeln eine Abstinenzunfähigkeit, d.h., dass wiederholt erfolglose Versuche unternommen werden, das Spielen zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben. 4. Beim Versuch, das Spielen einzuschränken oder aufzugeben, treten Entzugserscheinungen auf. (z.B. Unruhe, Gereiztheit). 5. Gespielt wird, um Problemen zu entkommen oder um eine dysphorische Stimmung (z.B. Gefühl von Hilflosigkeit, Angst) zu erleichtern. 6. Die Spieler, kehren nachdem sie beim Glücksspielen Geld verloren haben, oft am nächsten Tag zurück, um Verluste auszugleichen. Sogenanntes „Chasing“ ( Hinterherjagen). 7. Die Spieler verheimlichen ihr Spielen, bzw. das Ausmaß des Spielens, indem sie z.B. Familienangehörige oder andere Personen belügen. 8. Die Spieler hat illegale Handlungen, wie Fälschung, Betrug, Diebstahl oder Unterschlagung, begangen, um das Spielen zu finanzieren. Dieses wird als Beschaffungsdelinquenz bezeichnet. 9. Die Spieler hat eine wichtige Beziehung, den Arbeitsplatz, Ausbildungsplatz wegen es Spielens gefährdet oder verloren. 10. Die Spielsüchtigen verlassen sich darauf, dass Andere ihnen Geld bereitstellen, um die durch das Spielen verursachte hoffnungslose finanzielle Situation zu überwinden.

Spielerkarriere:

Eine sogenannte Spielerkarriere gliedert sich oft in 3 Abschnitte: 1. Gewinnphase: In dieser Phase kommt es zunächst nur zu einem gelegentlichen Spielen. Hierbei werden ein größerer oder mehrere kleinere Gewinne erzielt. Diese Gewinne gehen mit einer positiven Stimmung/ Erregung/ Glücksgefühl einher. Dieses Gefühl regt den Wunsch an, diese positiven Stimmungen öfters zu erleben. Allein die Aussicht auf einen möglichen macht bereits den Reiz des Spielens aus. Kommt es zu Gewinnen und dem Erleben eines Hochgefühls, führt dieses oft zu einem unrealistischen Optimismus, größere Gewinne erzielen zu können. Dieses führt letztlich zu häufigerem Spiel. Die Veränderung in der Motivation des Spiels (Erleben der positiven Stimmung= Hochgefühl, Gefühl der Großartigkeit, etc.), Erhöhung der Spielintensität, sowohl was die Dauer, die Häufigkeit und den Einsatz betrifft, leitet den Übergang zur nächsten Phase ein. 2. Verlustphase: Durch das häufigere Spielen, kommt es zu häufigeren, höheren Verlusten. Die Spieler nehmen dieses jedoch nur begrenzt war und bagatellisieren die Verluste oder nehmen diese als notwendige Investition für größere Gewinne wahr. Mit Gewinnen wird geprahlt. Gewinne und Verluste scheinen sich auszugleichen. Um dieses scheinbare Gleichgewicht aufrechtzuerhalten wird meistens noch häufiger gespielt. Es kommt zur häufigeren gedanklichen Beschäftigung mit dem Spiel. Die nun entstehenden ersten größeren Verluste glaubt sie/er bald wieder ausgleichen zu können und verheimlicht sie daher vor Angehörigen/ Freunden. Unbemerkt entsteht so ein System von Heimlichkeiten und Lügen, dass zur Vernachlässigung von Familien und Freunden führt, was den Betroffenen zu einem noch häufigeren gedanklicher Beschäftigung mit dem Spiel und daraus resultierende zur Vernachlässigung privater und beruflicher Pflichten führt. Der Druck, den großen rettenden gewinn erzielen zu müssen, nimmt zu. Die Unfähigkeit, dem Drang des Spielens zu widerstehen nimmt ebenso ab. Um die Spieleinsätze finanzieren zu können, kommt es zur Aufnahme von Krediten und Schulden. Die betroffenen sind immer noch von der Annahme getrieben, bald den großen Gewinn zu erzielen. Da dieser Gewinn jedoch ausbleibt, geraten die Spieler in einem immer mehr verzweifelten Zustand (Teufelskreislauf). 3. Verzweiflungsphase: Das Leben des Betroffenen ist jetzt gekennzeichnet durch das Spielen und des Geldbeschaffens für das Spielen. Bisherige Geldquellen versiegen und die erwarteten Gewinne bleiben aus. Das System aus Heimlichkeit und Lügen bricht zusammen. Die finanziellen Probleme können nicht mehr verheimlicht werden. Nun muss ggf. aus auf illegale Geldbeschaffungsmaßnahmen zurückgegriffen werden. Schulden können nicht pünktlich zurückgezahlt werden. Pfändungen, Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung können die Folge sein. Dadurch kann es auch zur Veränderungen in der Persönlichkeitsstruktur kommen. Zu der Fixierung auf das Spiel und dem sowieso schon eingeengten Interesse, kommt es nun noch zu Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Schlafstörungen, etc. Die Betroffenen entfremden sich zusehend von Angehörigen, bis hin zu einem vollständigen gesellschaftlichen Rückzug. Es kommt zum Verlust der gesellschaftlichen Stellung und des Ansehens. Zeit und Geld werden ausschließlich für das Spiel verwendet. Wiederholtes tagelanges Spielen. Diesem folgen in der Regel Gewissensbisse und Panikreaktionen. Am Ende stehen fast immer totale Hoffnungslosigkeit bis hin zu Suizidgedanken- und versuchen.

Behandlungsmöglichkeiten:

Pathologisches Glücksspiel ist eine Erkrankung mit gravierenden Folgen für den Betroffenen selbst, als auch für die Angehörigen. Eine psycho- oder verhaltenstherapeutische Behandlung ist oft erforderlich. Rehabilitationsmaßnahmen bei verschiedenen Trägern können beantragt werden. Die Erteilung/Finanzierung dieser Maßnahmen durch Krankenversicherungen oder die Rentenversicherung erfolgt in der Regel unter den Gesichtspunkten der Therapiebedürftigkeit, Therapiefähigkeit und Therapiemotivation. Betroffene selbst suchen in den seltensten Fällen ärztlichen Rat oder begeben sich in eine Suchtberatung, da sie bis zuletzt an den großen Gewinn glauben. Oft setzt die Behandlung fremdbestimmt ein, wenn der Leidensdruck zu hoch wird (nicht lösbare finanzielle Schwierigkeiten, Konflikte mit der Justiz, Obdachlosigkeit, Scheidung, etc.).

Sonderformen des Glücksspiels 1. Online Glücksspiele: In der Vergangenheit mussten, um den Einstieg in die Spielsucht zu suchen, Hemmschwellen, wie das Betreten von Spielkasinos oder Spielhallen überwunden werden. Heute muss sich niemand vor die Haustür mehr bewegen, sich Gedanken über die Auswahl der Kleidung und das Auftreten machen. Glücksspiele sind heute aufgrund des Internets zu jeder Tageszeit, an jedem Ort, anonym zugänglich. Die möglichen Folgen sind mit denen des regelmäßigen Besuchs in einer Spielhalle, etc. zu vergleichen.

2. Computerspielsucht: Computerspiele sind neben dem Surfen und Chatten eine beliebte Beschäftigung am PC. Spielen am Computer gehört heute ebenso zum heutigen Leben, wie jede andere Art von Spielen. Das Spielen wird erst dann problematisch, wenn es das Leben de Betroffenen Beherrscht. Eine solche Entwicklung setzt gerade bei Computer spielen relativ früh ein, wenn dadurch bereit sehr junge Spieler auf die kommunikative Seite des spielerischen Lernens und Kräftemessens verzichten, ihre Freizeit stattdessen allein vor dem Computer verbringen. Werden allen anderen Interessen zunehmend dem Spiel untergeordnet. Liegt bereits eine Suchtentwicklung vor.


Quellenverzeichnis: 1. Bachmann, Meinolf: Glücksspielfrei: Ein Therapiemanual bei Spielsucht. Berlin. Springer. 2010. 2. Füchtenschnieder, Ilona: Game Over. Ratgeber für Glücksspielsüchtige und ihre Angehörige. 2. Aufl., Lambertus- Verlag, 2007 3. Haupt, Walter: Neurologie und Psychiatrie für Pflegeberufe. 10 Aufl. Stuttgart. Thieme 2009 4. Huiziga, Johan: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. 21 Aufl. Reinbek 2009. 5. Margraf, Jürgen, Müller-Spahn, Franz, J.. Pschyrembel, Psychiatrie, Walter des Gruyter. 2009 6. Meyer, Gerhard: Spielsucht: Ursachen und Therapie. 3 Aufl. Berlin (Springer) 2011