Zero Tolerance: Unterschied zwischen den Versionen

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Laue (1999, S. 278) und Volkmann (1999, S. 226) merken an, dass das Konzept der Broken Windows auf die Behandlung von Symptomen setze und dadurch eine Ver-änderung des Zustandes der Gemeinschaft erwarte. Das Neue hierin bestehe nicht so sehr darin, gegen Unordnung vorzugehen. Bemerkenswert sei vielmehr einerseits die Konsequenz, mit der dies gerade auch bei kleineren Regelverletzungen gesche-he und andererseits der Gesamtzusammenhang, in den dieses Durchgreifen einge-bunden werde: Wer gegen das Schwarzfahren vorgeht, verhindert damit zuletzt auch Raubüberfälle.  
Laue (1999, S. 278) und Volkmann (1999, S. 226) merken an, dass das Konzept der Broken Windows auf die Behandlung von Symptomen setze und dadurch eine Ver-änderung des Zustandes der Gemeinschaft erwarte. Das Neue hierin bestehe nicht so sehr darin, gegen Unordnung vorzugehen. Bemerkenswert sei vielmehr einerseits die Konsequenz, mit der dies gerade auch bei kleineren Regelverletzungen gesche-he und andererseits der Gesamtzusammenhang, in den dieses Durchgreifen einge-bunden werde: Wer gegen das Schwarzfahren vorgeht, verhindert damit zuletzt auch Raubüberfälle.  


„Zu der in der öffentlichen Diskussion immer wieder auftauchenden Forderung, der Staat dürfe kein noch so unbedeutendes rechtswidriges Verhalten sehenden Auges dulden und man müsse den Anfängen wehren, äußert sich auch Kühne  wie folgt Diese Ansicht sei in doppelter Hinsicht schief. Zunächst reiche es aus, sich diesbe-züglich auf das gute, alte Legalitätsprinzip zu berufen. Der Zero Tolerance bedürfe es hierbei nicht. Zum anderen verkenne eine solche Argumentation, dass die Verfah-renswirklichkeit seit jeher vom Opportunitätsprinzip regiert werde. Würden die Staatsanwaltschaften nicht rund 60% aller Verfahren einstellen, wäre die Justiz im Strafrechtsbereich schon längst zusammengebrochen. Als Ressourcen sparendes Instrument habe das Einstellungsverhalten der Staatsanwaltschaften die das Legali-tätsprinzip beschwörenden Rechtspolitiker offenbar noch nie beunruhigt. Immerhin werde ein weiterer Aspekt der Zero Tolerance deutlich: Das Opportunitätsprinzip werde in Frage gestellt; man müsse es mit Einführung dieser Strategie abschaffen. Folglich müsse man auch die rechtsethischen und verfassungsrechtlichen Gründe, auf denen das Opportunitätsprinzip beruhe, ignorieren. Schließlich sei dieses Prinzip getragen von dem tiefen Wissen um die Unfähigkeit des Menschen zur Perfektion und zum anderen vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Letzterer erlaube im Straf-recht nur solche Verfolgungen, bei denen der Verfolgungs- und Vollstreckungsauf-wand nicht im groben Missverhältnis zum Anlass stünden. Demgegenüber betone Zero Tolerance das Faktum der Normverletzung und skandalisiere es. Nicht mehr Täter und Opfer, sondern der Anschlag auf die bürgerliche Ordnung, auf die Unver-brüchlichkeit des Rechts, gerate dabei ins Zentrum der rechtpolitischen Betrachtung. Schließlich müsse man bei allen derartigen Debatten auch immer im Auge haben, dass in New York selbst nach dem Rückgang der Kriminalitätszahlen Zustände be-stünden, die bei uns als überaus besorgniserregend angesehen würden. Selbst nach Halbierung der Rate der Tötungsdelikte in New York sei diese immer noch 15-fach höher als der entsprechende deutsche Wert. “  
„Zu der in der öffentlichen Diskussion immer wieder auftauchenden Forderung, der Staat dürfe kein noch so unbedeutendes rechtswidriges Verhalten sehenden Auges dulden und man müsse den Anfängen wehren, äußert sich auch Kühne  wie folgt Diese Ansicht sei in doppelter Hinsicht schief. Zunächst reiche es aus, sich diesbe-züglich auf das gute, alte Legalitätsprinzip zu berufen. Der Zero Tolerance bedürfe es hierbei nicht. Zum anderen verkenne eine solche Argumentation, dass die Verfah-renswirklichkeit seit jeher vom Opportunitätsprinzip regiert werde. Würden die Staatsanwaltschaften nicht rund 60% aller Verfahren einstellen, wäre die Justiz im Strafrechtsbereich schon längst zusammengebrochen. Als Ressourcen sparendes Instrument habe das Einstellungsverhalten der Staatsanwaltschaften die das Legali-tätsprinzip beschwörenden Rechtspolitiker offenbar noch nie beunruhigt. Immerhin werde ein weiterer Aspekt der Zero Tolerance deutlich: Das Opportunitätsprinzip werde in Frage gestellt; man müsse es mit Einführung dieser Strategie abschaffen. Folglich müsse man auch die rechtsethischen und verfassungsrechtlichen Gründe, auf denen das Opportunitätsprinzip beruhe, ignorieren. Schließlich sei dieses Prinzip getragen von dem tiefen Wissen um die Unfähigkeit des Menschen zur Perfektion und zum anderen vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Letzterer erlaube im Straf-recht nur solche Verfolgungen, bei denen der Verfolgungs- und Vollstreckungsauf-wand nicht im groben Missverhältnis zum Anlass stünden. Demgegenüber betone Zero Tolerance das Faktum der Normverletzung und skandalisiere es. Nicht mehr Täter und Opfer, sondern der Anschlag auf die bürgerliche Ordnung, auf die Unver-brüchlichkeit des Rechts, gerate dabei ins Zentrum der rechtpolitischen Betrachtung. Schließlich müsse man bei allen derartigen Debatten auch immer im Auge haben, dass in New York selbst nach dem Rückgang der Kriminalitätszahlen Zustände be-stünden, die bei uns als überaus besorgniserregend angesehen würden. Selbst nach Halbierung der Rate der Tötungsdelikte in New York sei diese immer noch 15-fach höher als der entsprechende deutsche Wert. “


=Abschlussbetrachtung=
=Abschlussbetrachtung=
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