Verkehrsdelinquenz: Unterschied zwischen den Versionen

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Verkehrsdelikte im formellen Sinn können unterteilt werden in Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Verkehrsstraftaten haben einen Bezug zum öffentlichen Straßenverkehr.  
Verkehrsdelikte im formellen Sinn können unterteilt werden in Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Verkehrsstraftaten haben einen Bezug zum öffentlichen Straßenverkehr.  
Diese sind insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB) aufgeführt:
Diese sind insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB) aufgeführt:


- § 142 StGB Unerlaubtes Entfernen von der Unfallstelle
- § 142 StGB Unerlaubtes Entfernen von der Unfallstelle

Version vom 28. Dezember 2010, 21:45 Uhr

Wird bearbeitet von Achim R.

Begriff:

Die Verkehrsdelinquenz nimmt in der Kriminologie eine Sonderrolle ein, die sich schon in der Terminologie zeigt (Schöch 1993). Der Ausdruck Verkehrsdelinquenz ersetzt meist den vermiedenen Begriff der Verkehrskriminalität. Verkehrssünder treten an die Stelle von Verkehrskriminellen. Dadurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Kriminalisierung von Verkehrsverstößen als besonders problematisch empfunden wird. Die kriminologische Literatur (Göppinger 1980) weist auf die „potentielle Deliktsituation“ jedes Verkehrsteilnehmers hin. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass Verkehrsdelinquenz aus kriminologischer Sicht eine ganz andere Qualität als sonstige Kriminalität aufweist. Betrachtet man die Strafrechtsordnung (einschließlich Nebenstrafrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht) als eine Gesamtheit von schwereren und leichteren Normverstößen oder von seltenen zu häufigen Abweichungen, „so stehen die Verkehrsdelikte an der Stelle der Normen-Skala, wo entsprechend der Verteilung einer sog. J-Kurve die leichtesten oder die häufigsten Verletzungen vorkommen“ (Kaiser/Kerner/Sack/Schellhoss).


Erscheinungsformen:

Verkehrsdelikte im formellen Sinn können unterteilt werden in Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Verkehrsstraftaten haben einen Bezug zum öffentlichen Straßenverkehr. Diese sind insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB) aufgeführt:

- § 142 StGB Unerlaubtes Entfernen von der Unfallstelle

-§ 315 b StGB Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

-§ 315 c StGB Gefährdung des Straßenverkehrs

-§ 316 Trunkenheit im Straßenverkehr

sowie im Straßenverkehrsgesetz (StVG):

-§ 21StVG Fahren ohne Fahrerlaubnis bzw. Fahren trotz Fahrverbot

-§ 22 StVG Kennzeichenmissbrauch

Weitere Strafvorschriften finden sich im Pflichtversicherungsgesetz § 6 sowie in der Abgabeordnung § 370. Einen Großteil der Verkehrsstraftaten machen Delikte im StGB aus, welche nicht speziell im Gesetzestext einen Verkehrsbezug aufweisen. So kommt § 229 StGB Fahrlässige Körperverletzung häufig bei Unfällen mit Personenschaden zur Anwendung, falls nicht alleine der Verursacher verletzt wurde, sowie § 222 StGB Fahrlässige Tötung. Von den 6613 Todesfällen im Straßenverkehr 2003 gab es 1120 verurteilte Tötungsdelikte im Straßenverkehr nach § 222 StGB. Dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) wurden im Jahr 2008 durch Gerichte bundesweit 4.610 Nötigungsdelikte mit Straßenverkehrsbezug gem. § 240 StGB gemeldet. Des Weiteren sind Betrugsfälle keine Seltenheit, da in den letzten Jahren die Anzahl der fingierten, provozierten und manipulierten Verkehrsunfälle stark zunahm, so dass der Verband der Deutschen Automobilversicherungen von einem volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von etwa drei Milliarden Euro für das Jahr 2003 ausging. In Deutschland werden jedes Jahr zahlreiche Suizide und Tötungsdelikte registriert. Einige davon werden im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen verübt. Doch es werden lediglich 15-25 % der Selbsttötungen als solche erkannt, der überwiegende Teil geht als Verkehrsunfall in die Statistik ein.

Die Verstöße gegen einen Straftatbestand in Zusammenhang mit dem Straßenverkehr werden seit dem 1. StrRG (01.09.1969) in der Regel mit Geldstrafen geahndet, Freiheitsstrafen werden nur noch in Ausnahmefällen verhängt. Daneben kommt die Entziehung der Fahrerlaubnis oder Fahrverbot in Betracht.

Die Verkehrsordnungswidrigkeiten werden neben dem StVG in zahlreichen Gesetzen/Verordnungen aufgeführt. Sie können grob unterteilt werden in „bedeutende“ und „unbedeutende“ Ordnungswidrigkeiten. Eine bedeutende Ordnungswidrigkeit setzt ein Verwarnungsgeld ab 40 Euro voraus und schlägt sich i. d. R. mit mindestens einem Punkt im Verkehrszentralregister (VZR) in Flensburg nieder. Ordnungswidrigkeiten werden seit dem 01.01.1969 durch Bußgeldbescheide geahndet. Im Gegensatz zur Strafe ist die Geldbuße frei vom sozialethischen Unwerturteil, dass der Strafe anhaftet (Kaiser/Kerner/Sack/Schellhoss 1993).

Ein wichtiger Aspekt beim Thema öffentlicher Straßenverkehr ist, dass im Verkehrsraum nicht nur Verkehrsverstöße vorkommen, sondern er auch Bewegungs- und Aufenthaltsraum für Straftäter der allgemeinen Kriminalität ist.