Verbrechen: Unterschied zwischen den Versionen

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Ein '''Verbrechen''' ist eine schwere Straftat. Ein besonders schweres Verbrechen wird auch als Kapitalverbrechen bezeichnet (von lat. caput = Haupt; weil früher mit dem Tode bestraft).
Ein '''Verbrechen''' ist eine schwere Straftat. Weniger schwere Straftaten werden in Deutschland als [[Vergehen]] bezeichnet.


== Etymologie ==
== Etymologie ==
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==Definitionen==
==Definitionen==
=== Deutschland===
=== Deutschland===
Das deutsche Strafrecht unterscheidet zwischen Verbrechen und Vergehen. In § 12 Absatz 1 StGB gibt es eine Legaldefinition des Verbrechens, die lautet:
Das deutsche Strafrecht unterscheidet zwischen Verbrechen und Vergehen. In § 12 Absatz 1 StGB gibt es eine Legaldefinition des Verbrechens, die lautet:
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Gesellschaftswissenschaftlich befasst sich die [[Kriminologie]] mit dem Phänomen des Verbrechens. Mit den Mitteln und Methoden der Verbrechensbekämpfung und -aufklärung beschäftigt sich die [[Kriminalistik]].
Gesellschaftswissenschaftlich befasst sich die [[Kriminologie]] mit dem Phänomen des Verbrechens. Mit den Mitteln und Methoden der Verbrechensbekämpfung und -aufklärung beschäftigt sich die [[Kriminalistik]].


== Historische Einordnung ==
Die Differenzierung zwischen strafbaren Handlungen unterschiedlicher Schwere gab es schon in der Constitutio Criminalis Carolina von 1532, die zwischen causae maiores und causae minores (schwerwiegenden und minderschweren Anklagegründen) unterschied. Diese Trennung war für die Form der Bestrafung ausschlaggebend: Lebens-, Leibes- und Ehrenstrafen oder Geldbuße und kurzzeitiges Gefängnis. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) von 1871 unterschied zwischen drei Stufen der Schwere der Straftat: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Das entsprach dem unter Napoleon entstandenen französischen Code Pénal Impérial (1810), dessen Dreiteilung (crime - délit - contravention) das französische Strafrecht und die eng an das französische angelehnten Systeme (bspw. Belgiens) bis heute bestimmt. Von der Zuordnung der Tat zu einer der drei Kategorien hing wiederum die Strafart ab; für Verbrechen konnte u.U. auf Todesstrafe oder auf Zuchthaus erkannt werden, Vergehen wurden mit Gefängnis und Übertretungen in der Regel nur mit einer Geldstrafe oder kurzer Haft geahndet.


Mit der Strafrechtsreform von 1974/75 wurde die Kategorie der Übertretungen in Deutschland abgeschafft. Seither sind nur noch Verbrechen und Vergehen strafbare Handlungen. Strafen wie Zuchthaus oder Gefängnis wurden ebenfalls abgeschafft und eine einheitliche Freiheitsstrafe geschaffen, wobei nun auch Verbrechen durch Geldstrafen gesühnt werden können. Da die praktische Bedeutung der Unterscheidung gering ist, plädieren manche für eine einheitliche Kategorie der Straftat statt der Dichotomie von Verbrechen und Vergehen.


Im gegenwärtigen Recht hat die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen noch folgende Bedeutung:  
 
*Der Tatversuch ist bei Verbrechen immer strafbar, bei Vergehne hingegen nur, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB)
=== Bedeutung ===
*Die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen ist grundsätzlich strafbar, die zu einem Vergehen jedoch nicht. *Die Bedrohung nach § 241 StGB ist nur bei der Androhung eines Verbrechens, nicht aber eines Vergehens, strafbar.
Die Einstufung als Verbrechen hat Konsequenzen für die Art der Sanktionierung. Traditionell sind für Verbrechen die schwersten Strafen zulässig, für Vergehen nicht. Für besonders gravierende Verbrechen war das meist die Todesstrafe (daher auch die Bezeichnung Kapitalverbrechen; von lat. caput = das Haupt; Kapitalverbrechen = Verbrechen, das den Kopf kostet).
*Auch für den Verlust von Amtsfähigkeit und Wählbarkeit spielt nach § 45 Abs. 1 StGB die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen eine Rolle.
 
*Aus der Einteilung der Straftaten in Verbrechen und Vergehen ergeben sich auch strafprozessrechtliche Konsequenzen, etwa für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte. Des Weiteren hat ein Angeklagter, dem ein Verbrechen vorgeworfen wird, nach § 140 Abs. 1 Nr. 2 der Strafprozessordnung (StPO) immer Anspruch auf die Bestellung eines Pflichtverteidigers, wenn er selbst keinen Rechtsanwalt als Verteidiger benennt.
*Die Peinliche Halsgerichtsordnung (1532) unterschied zwischen causae maiores (= Lebens-, Leibes- oder Ehrenstrafen) und causae minores (Geldbußen, kurze Haft).
*Der Strafbefehl ist nur für Vergehen vorgesehen (§ 407 StPO), und auch eine Einstellung des Verfahrens nach §§ 153, 153a, 154d StPO kommt bei Verbrechen nicht in Frage.
*Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) von 1871 unterschied zwischen drei Stufen der Schwere der Straftat: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Das entsprach dem unter Napoleon entstandenen französischen Code Pénal Impérial (1810), dessen Dreiteilung (crime - délit - contravention) das französische Strafrecht und die eng an das französische angelehnten Systeme (bspw. Belgiens) bis heute bestimmt. Für Verbrechen gab es u.U. die Todes- oder die Zuchthausstrafe, für Vergehen Gefängnis, für Übertretungen in der Regel Geldstrafe oder eine kurze Haftstrafe. Seit in Deutschland die Kategorie der Übertretungen ebenso wie die Institution des Zuchthauses abgeschafft wurde - und seit auch Verbrechen mit Geldstrafe gesühnt werden können - ist die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen zurückgegangen. Was bleibt, sind folgende Unterschiede: bei Verbrechen ist der Versuch immer strafbar (bei Vergehen hingegen nur, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt; vgl. § 23 Abs. 1 StGB); bei Verbrechen ist die versuchte Anstiftung grundsätzlich strafbar - die versuchte Anstiftung zu einem Vergehen hingegen nicht; strafbar ist auch die Androhung eines Verbrechens, nicht aber die eines Vergehens (§ 241 StGB); auch für den Verlust von Amtsfähigkeit und Wählbarkeit spielt nach § 45 Abs. 1 StGB die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen eine Rolle. Strafprozessual gilt: ein Angeklagter, dem ein Verbrechen vorgeworfen wird, hat nach § 140 Abs. 1 Nr. 2 der Strafprozessordnung (StPO) immer Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, wenn er selbst keinen Verteidiger benennt; die Möglichkeiten, das Strafverfahren durch einen Strafbefehl (§ 407 StPO) oder wegen Geringfügigkeit etc. (§§ 153, 153a, 154d StPO) einzustellen, bestehen nur bei Vergehen, nicht bei Verbrechen.


=== Rechtssysteme ohne Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen ===
=== Rechtssysteme ohne Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen ===
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