Totale Institution: Unterschied zwischen den Versionen

2.334 Bytes hinzugefügt ,  15:38, 31. Dez. 2007
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 28: Zeile 28:


Durch die ständige Überwachung bis ins kleinst Detail sowie die permanenten Maßnahmen, welche bei Verfehlungen angewendet werden, haben das Ziel einer fehlerfreien Anpassung in den Alltag der Institution.  
Durch die ständige Überwachung bis ins kleinst Detail sowie die permanenten Maßnahmen, welche bei Verfehlungen angewendet werden, haben das Ziel einer fehlerfreien Anpassung in den Alltag der Institution.  
Die teilweise alltäglichen Dinge, die das Leben der Menschen ausserhalb von totalen Institutionen erleichtern, erfreuen, werden innerhalb dieser Einrichtungen als Privilegien gehandelt. Das Privilegiensystem kann in drei Abschnitten unterteilt werden. Unter anderem stellt die Hausordnung der Institution ein Regelwerk dar, welches den Tagesablauf der Insassen festlegt. Durch die Aufnahme an die Einrichtung verliert der Insasse sämtliche vorherigen Privilegien. Durch die Anpassung an die Hausordnung durch erwünschtes normgerechtes Verhalten, stellt die Institution die Wiedererlangung der Mittel in Aussicht.
Die teilweise alltäglichen Dinge, die das Leben der Menschen ausserhalb von totalen Institutionen erleichtern, erfreuen, werden innerhalb dieser Einrichtungen als Privilegien gehandelt. Durch die Aufstellung von Privilegien, die bei kooperativen Verhalten des Insassen eingesetzt werden, sollen letztlich auch Personen zur Kooperatin angehalten werden, die sich dem ansonsten entziehen. Ferner wird durch das Bestehen von Privilegien das Selbst des Insassen wiederbelebt.
Das Privilegiensystem kann in drei Abschnitten unterteilt werden. Unter anderem stellt die Hausordnung der Institution ein Regelwerk dar, welches den Tagesablauf der Insassen festlegt. Durch die Aufnahme an die Einrichtung verliert der Insasse sämtliche vorherigen Privilegien. Durch die Anpassung an die Hausordnung durch erwünschtes normgerechtes Verhalten, stellt die Institution die Wiedererlangung der Mittel in Aussicht.


Der Wiedererlangung von diesen Dingen, die als Belohnung dargestellt wird, sind keine Vergünstigungen oder Vergütungen, sondern die Abwesenheit von Entbehrungen. Privilegien stehen meistens in Verbindung mit dem eigentlichen Ziel, der Entlassung aus der Einrichtung. Zu bemerken ist, dass diese Privilegien vor dem Aufenthalt in der Einrichtung als normal angesehn worden sind.
Der Wiedererlangung von diesen Dingen, die als Belohnung dargestellt wird, sind keine Vergünstigungen oder Vergütungen, sondern die Abwesenheit von Entbehrungen. Privilegien stehen meistens in Verbindung mit dem eigentlichen Ziel, der Entlassung aus der Einrichtung. Zu bemerken ist, dass diese Privilegien vor dem Aufenthalt in der Einrichtung als normal angesehn worden sind.
Zeile 58: Zeile 59:
Ferner tritt ein Rollenverlust für die betroffene Person ein. Die Nichtüberschneidung der verschiedenen Rollen im bürgerlichen Leben, die die jeweiligen Rollen nicht gegenseitig beeinträchtigen, ist innerhalb von totalen Institutionen aufgelöst. Durch die ständige Präsenz an einem Ort und gleicher Autorität wird eine unabhängige Rollenplanung verhindert.
Ferner tritt ein Rollenverlust für die betroffene Person ein. Die Nichtüberschneidung der verschiedenen Rollen im bürgerlichen Leben, die die jeweiligen Rollen nicht gegenseitig beeinträchtigen, ist innerhalb von totalen Institutionen aufgelöst. Durch die ständige Präsenz an einem Ort und gleicher Autorität wird eine unabhängige Rollenplanung verhindert.


Durch die sekundäre Anpassung seitens des Insassen wird zum Ausdruck gebracht, dass derjenige noch daran glaubt auf eigenen Füßen zu stehen. Durch die verbotenen Handlungen (wie z.B. das Beschaffen von verbotenen Substanzen innerhalb der Einrichtung) hat er noch einen Spielraum an Autarkie für sich geschaffen.
Durch die sekundäre Anpassung seitens des Insassen wird zum Ausdruck gebracht, dass derjenige noch daran glaubt auf eigenen Füßen zu stehen. Durch die verbotenen Handlungen (wie z.B. das Beschaffen von verbotenen Substanzen innerhalb der Einrichtung, Tätowieren etc.), die nicht primär gegen das Personal intendiert ist, hat er noch einen Spielraum an Autarkie für sich geschaffen. Hinzuzufügen ist, dass dadurch der informelle Markt und wiederum verschiedene Machtpositionen unter den Insassen innerhalb der Einrichtung am Leben gehalten werden.
 
Mit der Zeit die der Insasse in einer totalen Institution verbringt, entwickelt sich eine eigene Sprache, dem so genannten Anstaltsjargon. Die betroffenen Personen benutzen diesen Stil um Erlebnisse die sich in Einrichtungen ereignet haben, abgeschlossen von der übrigen Gesellschaft situtationsgerecht beschreiben zu können. Dadurch das teilweise Angehörige des Personals in der unteren Ebene der Personalhierachie diese Sprache übernehmen, um mit den Insassen in Kontakt zu treten, erwirbt der Insasse einen Überblick über das Hierarchiegefüge in der Einrichtung.  


Auffallend ist ein gewisses Loyalitätsgefühl unter gleichgesinnten Personen.  
Auffallend ist ein gewisses Loyalitätsgefühl unter gleichgesinnten Personen.  
Durch den so genannten Fraternisationseffekt wird der harte, trostlose Alltag versucht zu kompensieren. Insassen, die vor ihrer Einweisung keine Verknüpfungspunkte zueinander hatten, stehen sich nun in totalen Institutionen trotz fehlender sozialer Bindung sehr nahe. Gemeinsam wird versucht, dem repressiven Alltag in der Einrichtung zu trotzen. Während dieser Entwicklung zeigt sich, dass ein Mitverständnis untereinander entsteht. Die Loyalität drückt sich darin aus, dass die enstandenden Gefühle sowie entwickelten Abwehrmechanismen während der Zeit in den Institutionen geteilt werden können.
Durch den so genannten Fraternisationseffekt wird der harte, trostlose Alltag versucht zu kompensieren. Insassen, die vor ihrer Einweisung keine Verknüpfungspunkte zueinander hatten, stehen sich nun in totalen Institutionen trotz fehlender sozialer Bindung sehr nahe. Gemeinsam wird versucht, dem repressiven Alltag in der Einrichtung zu trotzen. Während dieser Entwicklung zeigt sich, dass ein Mitverständnis untereinander entsteht. Die Loyalität drückt sich darin aus, dass die enstandenden Gefühle sowie entwickelten Abwehrmechanismen während der Zeit in den Institutionen geteilt werden können. Ferner wird strikt zwischen der Welt innerhalb des Einrichtung und der außerhalb getrennt. Das heißt, die Gründe weswegen es zu einer Einweisung gekommen ist, hat lediglich  eine sekundäre Bedeutung. Hinzu kommt, dass die Gründe die den Insassen vorgeworfen werden, durch Teilhabe der Mitinsassen leichter neutralisiert werden können.
 
Weitere zu beobachtende Symptomatik ist u.a. das Auftreten von Stumpfsinn sowie Depersonalisation.  
Weitere zu beobachtende Symptomatik ist u.a. das Auftreten von Stumpfsinn sowie Depersonalisation.  
Zu beobachten ist der Versuch der Auflehnung gegenüber dem System oder der gegenteiligen Konversion. Durch das tadellose Verhalten in der Form eines perfekten Insassen steht die Hoffnung einer baldigen Entlassung.
Zu beobachten ist der Versuch der Auflehnung gegenüber dem System oder der gegenteiligen Konversion. Durch das tadellose Verhalten in der Form eines perfekten Insassen steht die Hoffnung einer baldigen Entlassung.
Resignationen zeigen sich in der Form der Kolonisierung, indem die Situation als positiv bewertet wird.
Resignationen zeigen sich in der Form der Kolonisierung, indem die Situation als positiv bewertet wird.
Bewusst mangende Unterordnung durch den Insassen kann entweder ein Zeichen von Missbilligung und Unzufriedenheit seiner aktuellen Situation sein oder auch eine Aufrechterhaltung seiner derzeitigen Situation. Dies macht sich beispielsweise bemerkbar, wenn der Insasse Sorge über das Leben nach seiner zukünftigen Entlassung hat. Statt sich auf die Entlassung vorzubereiten, versucht er alles, um die Zeit in der Einrichtung zu verlängern. Durch das Auflehnen gegenüber der Obrigkeit kommt die Person auch nicht in Erklärungsnot gegenüber seinen Mitinsassen, dass er letztlich gar nicht entlassen werden möchte.


== Auswirkungen auf das zuständige Personal ==
== Auswirkungen auf das zuständige Personal ==
Zeile 70: Zeile 77:
Das Personal in einer totalen Institution ist primär dafür verantwortlich, die Ordnung herzustellen sowie aufrecht zu erhalten. Die aufgestellten Normen des Institutionsalltages müssen durch das Personal gesichert, kontrolliert werden. Das Personal vertritt die Institution gegenüber der übrigen Gesellschaft.  
Das Personal in einer totalen Institution ist primär dafür verantwortlich, die Ordnung herzustellen sowie aufrecht zu erhalten. Die aufgestellten Normen des Institutionsalltages müssen durch das Personal gesichert, kontrolliert werden. Das Personal vertritt die Institution gegenüber der übrigen Gesellschaft.  
Die Zielvorstellung ist, eine effektive Apparatur zu sein, die die anerkannten, gebilligten Ziele erreichen möchte. Diese offiziellen Zielbestimmungen sind u.a. auf ein normgerechtes zukünftiges Verhalten der Insassen gerichtet.  
Die Zielvorstellung ist, eine effektive Apparatur zu sein, die die anerkannten, gebilligten Ziele erreichen möchte. Diese offiziellen Zielbestimmungen sind u.a. auf ein normgerechtes zukünftiges Verhalten der Insassen gerichtet.  
Zur Durchsetzng dieser genannten Ziele benutzt das zuständige Personal seine Autorität, die sowohl positiv wie auch negativ ausgerichtet sein kann. Das Verhalten in der Form von Machtausübung ist entscheidend, ob die Verantwortlichen die Insassen unter Kontrolle haben.


Die Einhaltung sowie der Sicherung der Rechte, der sich in der Einrichtung befindlichen Insassen, gehört ebenfalls zum Aufgabengebiet des zuständigen Personals.
Die Einhaltung sowie der Sicherung der Rechte, der sich in der Einrichtung befindlichen Insassen, gehört ebenfalls zum Aufgabengebiet des zuständigen Personals.
Anonymer Benutzer