Totale Institution: Unterschied zwischen den Versionen

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== Auswirkungen auf die Insassen ==
== Auswirkungen auf die Insassen ==


Bei Personen, die einen Zeitraum in totalen Institutionen verbringen müssen, ist eine erhebliche Veränderung des Selbstbildes zu erkennen. Durch die ständige Fremdbestimmtheit treten u.a. heftige Störungen des Selbstgefühls auf. Die Bedeutung von Zeit nimmt einen anderen Stellenwert ein, als für Menschen außerhalb dieser Einrichtungen.  
Bei Personen, die einen Zeitraum in totalen Institutionen verbringen müssen, ist eine erhebliche Veränderung des Selbstbildes zu erkennen. Durch die ständige Fremdbestimmtheit treten u.a. heftige Störungen des Selbstgefühls auf. Unter anderem nimmt die Bedeutung von Zeit einen anderen Stellenwert ein, als für Menschen außerhalb dieser Einrichtungen.
Jeder Mensch ist durch ein selbstbestimmtes Bild (das Ich) seiner eigenen Persönlichkeit vorgeprägt, dass durch die soziale Umgebung in der er sich vor der totalen Institution aufhielt, gewachsen ist.
Durch den Eintritt in eine Einrichtung totalen Charakters, wird das vorgeprägte Ich nahezu systematisch im Alltag dieser Institution durch das Personal gedemütigt. Dies hat zur Folge, dass die betroffene Person eine gravierende Veränderung in seiner persönlichen moralischen Einstellung erfährt, letztlich an seinem bürgerlichen Selbst zweifelt.
 
Den klaren Begriff einer Zwangslage werden sich die Insassen schon bei der Aufnahmeprozedur bewusst. Neben der Herabsetzung der eigenen Person durch demütigende Ansprache, physischer Nacktheit vor dem Personal sowie der Wegnahme der emotionell besetzen Habe, ist der Verlust des eigenen vollen Namens die wohl gravierendste Maßnahme einer Verstümmelung der eigenen Person. Der Insasse stellt lediglich nur noch ein Aktenzeichen dar, eine Nummer von vielen anderen, nicht mehr von den anderen Insassen zu unterscheiden.
Eine Steigerung der Demütigung seitens des Personals ist die sogenannte erzwungene Ehrerbietung. Hier wird dem Insassen schnell das Hierarchiegefälle verdeutlicht, indem das Personal ihm, dem Inassen als Person vorschreibt wie dieser sich gegenüber dem Personal zu verhalten hat. Zuwiderhandlungen werden direkt sanktioniert. Der Machtmissbrauch in Form der Abhängigkeit zeigt sich besonders deutlich, wenn der Insasse um alltägliche Sachen wie Benutzung des Telefons, Herausgabe einer Zigarette förmlich darum bitten, betteln muss.
 
Neben dieser Herabwürdigung der eigenen Person, ist der Betroffene einer ständigen Furcht des Verlustes seiner persönlichen Sicherheit innerhalb der Einrichtung ausgesetzt. Durch die ständige Furcht davor, Repressalien durch Personal oder den Mitinsassen ausgeliefert zu sein, wird dem Insassen bewusst, dass die Umgebung in der er sich unfreiwillig befindet, keine Gewähr seiner physischen wie auch psychischen Integrität bietet.
 
 
 
Die Insassen reagieren auf die erheblichen Einschneidungen ihrer persönlichen Entfaltung verschiedenartig.
Der Begriff der Diskulturation beschreibt den Zustand dahingehend, dass der betroffene Insasse einem Prozess des Verlernens ausgesetzt ist. Das drückt sich in einem temporären Mangel aus, sich außerhalb der Institution zurecht zu finden.
Der Begriff der Diskulturation beschreibt den Zustand dahingehend, dass der betroffene Insasse einem Prozess des Verlernens ausgesetzt ist. Das drückt sich in einem temporären Mangel aus, sich außerhalb der Institution zurecht zu finden.
Der psychische Druck der betroffenen Person ist geprägt von der belastenden Situation während der Zeit in einer totalen Institution sowie dem teiweise utopischen Ziel der Entlassung. Diese entstehende Spannung nutzt die totale Institution als sogenannten "strategischen Hebel zur Menschenführung".
Der psychische Druck der betroffenen Person ist geprägt von der belastenden Situation während der Zeit in einer totalen Institution sowie dem teiweise utopischen Ziel der Entlassung. Diese entstehende Spannung nutzt die totale Institution als sogenannten "strategischen Hebel zur Menschenführung".


Die Insassen reagieren auf die erheblichen Einschneidungen ihrer persönlichen Entfaltung verschiedenartig.
Ferner tritt ein Rollenverlust für die betroffene Person ein. Die Nichtüberschneidung der verschiedenen Rollen im bürgerlichen Leben, die die jeweiligen Rollen nicht gegenseitig beeinträchtigen, ist innerhalb von totalen Institutionen aufgelöst. Durch die ständige Präsenz an einem Ort und gleicher Autorität wird eine unabhängige Rollenplanung verhindert.
Beispielsweise wird durch die sekundäre Anpassung seitens des Insassen zum Ausdruck gebracht, dass derjenige noch daran glaubt auf eigenen Füßen zu stehen. Durch die verbotenen Handlungen (wie z.B. das Beschaffen von verbotenen Substanzen innerhalb der Einrichtung)hat er noch einen Spielraum an Autarkie für sich geschaffen.
 
Durch die sekundäre Anpassung seitens des Insassen wird zum Ausdruck gebracht, dass derjenige noch daran glaubt auf eigenen Füßen zu stehen. Durch die verbotenen Handlungen (wie z.B. das Beschaffen von verbotenen Substanzen innerhalb der Einrichtung) hat er noch einen Spielraum an Autarkie für sich geschaffen.


Auffallend ist ein gewisses Loyalitätsgefühl unter gleichgesinnten Personen.  
Auffallend ist ein gewisses Loyalitätsgefühl unter gleichgesinnten Personen.  
Anonymer Benutzer