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Kriminalpolitik der Ukraine

Inhalt

1. Definitionen von Kriminalpolitik

2. Die ukrainische Kriminalpolitik de jure und de facto

3. Zusammenfassung


1. Definitionen von Kriminalpolitik

Der Begriff „Kriminalpolitik“ ist rund 200 Jahre alt und wurde wahrscheinlich um 1800 das erste Mal benutzt. In der Literatur finden sich vor allem zwei Arten von Definitionen des Begriffs „Kriminalpolitik“. Einerseits gibt es eng abgegrenzte Definitionen, dabei handelt es sich um die ältere traditionelle Vorstellung von Kriminalpolitik, andererseits treten seit den 1980er Jahren weiter gefasste Vorstellungen des Begriffs in den Vordergrund. Bei den engen Definitionen ist mit Kriminalpolitik jene Politik gemeint, die mit den Mitteln des Strafrechts Verbrechen verhütet und bekämpft. Beim weit gefassten Verständnis von „Kriminalpolitik“ werden unter diesem Begriff alle politischen Handlungen und staatlichen Maßnahmen ressortübergreifend zusammengefasst, die direkt oder indirekt repressiv oder präventiv der Bekämpfung und Verhütung von Kriminalität dienen. Vorbeugende Kriminalitätsbekämpfung erhält bei dieser Vorstellung einen ganz besonderen Stellenwert. Dabei verdeckt der Begriff „Kriminalpolitik“ den eigentlichen politischen Gestaltungsbereich, denn dieser ist nicht die Kriminalität, sondern deren Kontrolle.

Die Begriffe „Kriminalpolitik“ und „Kriminalität“ bzw. „Verbrechen“ sind nicht nur eng miteinander verknüpft, sie sind auch definitorisch voneinander abhängig und bedingen einander. Einerseits definiert sich „Kriminalpolitik“ darüber, dass sie „Kriminalität“ bekämpft; andererseits definiert sich „Kriminalität“ erst durch kriminalpolitische Wertentscheidungen. Es ist Kriminalpolitik, die festlegt, was Kriminalität überhaupt ist.

Bei einer weit gefassten Vorstellung von Kriminalpolitik gibt es - so ergibt es sich zwangsläufig aus der Definition - zahlreiche Überscheidungen mit anderen Politikfeldern wie z.B. der Sozialpolitik, der Jugendpolitik, der Schulpolitik, usw.

2. Die ukrainische Kriminalpolitik de jure und de facto

Durch die "Orangene Revolution" ist die Ukraine ein wesentlich freieres Land geworden. Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit sind grundsätzlich gewährleistet. Aber die Reformen des Straf- und Strafprozessrechts in der Ukraine sind nicht abgeschlossen. Die steigende Zahl von Straftaten und eine veränderte Wahrnehmung der Kriminalität beeinflussen jedoch die Reformen. Die Einsicht, dass das System der demokratischen und institutionellen Kontrolle und Ausgleichs noch manche Schwächen aufweist, hat die Debatte über eine Verfassungsreform genährt.

Die Etappe der Entwicklung, auf der die Ukraine sich heute befindet, gingen verschiedene Staaten. Alle handelten mit solcher Erscheinung, wie die organisierte Kriminalität und ihre unbenehmbare Komponente — die Korruption. Für viele Jahre wurde in dieser Sphäre die solide Erfahrung verfertigt. Aber Ukraine hat keinen entschlossenen Schritt in dieser Richtung vorgenommen.

Es gibt heute keine wirksame staatliche Strategie nach der Korrektur der Situation mit organisierter Kriminalität. Der Präsident hat in 2006 die Konzeption der Überwindung der Korruption « Auf dem Weg zur Redlichkeit » verabschiedet, aber es klingt eher poetisch als juristisch. Präsident Juschstschenko hat der Werchowna Rada zur Betrachtung das Projekt des Gesetzes Ukraine „Über die Verantwortung der juristischen Personen für die Vollziehung korrumpierten Rechtsverletzungen“, andere Projekte der Gesetze, entsprechende mit den internationalen unterschriebenen Konventionen in der Sphäre der Gegenwirkung der Korruption und der organisierten Kriminalität gegeben. Es wird die Konzeption der staatlichen Politik in Sphäre der Strafrecht und der Versorgung der Rechtsordnung in der Ukraine entwickelt. Das letzte Dokument ist ziemlich progressive, doch fordert das die professionelle Erörterung und die breite öffentliche Diskussionen.

Der Schutz der Menschenrechte sowie das Rechtsstaats- und Demokatieprinzip sind in der Verfassung verankert. Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtsabkommen des Europarates und der Vereinten Nationen. Die Regierung führt eine Reihe von Maßnahmen zum verstärkten Kampf gegen organisierte Kriminalität und Korruption, wozu auch ein bis 2010 laufendes Aktionsprogramm zählt. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang vor allem Maßnahmen, die dazu dienen, korruptes Verhalten von Regierungsbeamten zu entlarven, Maßnahmen gegen kriminelle Versuche der Veruntreuung von Haushaltsmitteln und Regelungen für einen verstärkten Schutz von Gerichtsbeamten und Beamten der Vollzugsorgane. Aber alle diese Maßnahmen bleiben leider nur auf dem Papier.

Hinsichtlich der Ratifizierung des VN-Übereinkommens über transnationale Kriminalität und der Zusatzprotokolle betreffend den Menschenhandel und die Migranteneinschleusung hat die Ukraine ihre Gesetze entsprechend angepasst, aber die Ratifizierungsurkunde noch nicht bei den VN hinterlegt.

Eine der größten Schwierigkeiten der Ukraine ist die Korruption, die sich negativ auf Wirtschaft und Politik auswirkt. Unter den insgesamt 102 Staaten des Corruption Perception Index von Transparency International belegt die Ukraine den 85. Platz. Die Ukraine ist ein prägnanter Fall, bei dem wichtige Teile des Staates durch private Interessengruppen kolonisiert werden, staatliche Ressourcen immer wieder auf der Grundlage klientelistischer Netzwerke verteilt werden und Korruption eines der Wesensmerkmale der Staats- und Verwaltungsstruktur bildet.

Besonderes Augenmerk verlangt weiterhin die Lage in Haftanstalten, in Polizeigewahrsam, in psychiatrischen Anstalten und Kinderheimen. Die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen, insbesondere Untersuchungshaftanstalten, sind häufig schlecht. Korruption und Vorteilsnahme sind in Justiz und Verwaltung wie auch bei den Strafverfolgungsorganen weiterhin ein großes Problem. Rolle und Selbstverständnis der Staatsanwaltschaft sind noch zu stark von sowjetischer Tradition geprägt. Die personelle und materielle Ausstattung der Gerichte ist ungenügend, die Richterschaft oft mangelhaft ausgebildet, die Dauer der Gerichtsverfahren zum Teil übermäßig lang. Die Etablierung einer unabhängigen Ukraine und die Wirtschaftkrise zu Beginn der 90er Jahre führten zum Kollaps der sozialen Sicherungssysteme und damit zu einer Zunahme sozialer Probleme. Die zunehmende Segregation der Gesellschaft in arm und reich, der Rückgang der Lebenserwartung um durchschnittlich zwei Jahre und ein wachsender Prozentsatz der unterhalb der Armutsgrenze lebenden Bevölkerung sind Folgen der Transformation. Im Gegensatz zu den Anfangsjahren der ukrainischen Unabhängigkeit zeigten die Entscheidungsträger Lernfähigkeit bei der Ausarbeitung von Reformkonzepten. Innovationen und vor allem das Durchsetzungsvermögen im Kampf gegen die informellen Strukturen fehlten dagegen weitgehend. Die Regierung besitzt nur begrenzte politische und gesellschaftliche Autorität zur Einleitung und Durchsetzung von Reformen, zumal sie selbst Bestandteil der Interessengruppen ist oder diesen nahe steht.

Nach der Orange Revolution hat das ukrainische Volk große Hoffnungen auf neue Regierung gesetzt, leider, hat sich in der Ukraine gründlich nichts geändert. War kein gerichtliche Prozess, das bezeugen könnte, dass sich die Organe der Rechtsordnung an der einflussreicheren verbrecherischen Organisation „vergriffen“ haben.

Zusammenfassung

Nach 16 Jahren Unabhängigkeit leiden die Menschen in der Ukraine unter Armut, gefördert durch Arbeitslosigkeit, Abwanderung, Perspektivlosigkeit und Korruption. 46 Prozent der Bevölkerung verdienen heute weniger als 5 Euro am Tag. Die staatlichen Renten in der Ukraine sind so gering, dass sie kaum zum Leben reichen. Soziale Einrichtungen, die diese mildern würden, gibt es kaum. Die Ökonomie der Ukraine sei eine »Insider-Wirtschaft«, kritisierte schon vor einiger Zeit die Weltbank. Ein raffiniertes, von außen kaum durchschaubares Geflecht zwischen den mächtigsten Politikern und Wirtschaftsfürsten erlaubte den Clans Zugang zu Staatsvermögen und den ersten Zuschlag bei lukrativen Privatisierungen. Mit diesem System ist die Ukraine laut Transparency International zum korruptesten Land Europas geworden. Und solange wird keine wirksame Sozialpolitik eingeführt werden, bis dieser Zeit kann man kaum über effektive Kriminalpolitik sprechen.